Brandstetter spricht Ex-ÖVP-Chef Mitterlehner Teamfähigkeit ab

"Herrschaftsfreier Dialog war nicht seine Stärke"

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Der Niederösterreicher Brandstetter war unter Mitterlehners Vorgänger Michael Spindelegger, dem er nicht nur wegen der gemeinsamen Mitgliedschaft im Cartellverband freundschaftlich verbunden war, Justizminister geworden. Die Demontage des im ÖAAB beheimateten Parteichefs, dem der oberösterreichische Wirtschaftsbündler Mitterlehner folgte, wertet der nunmehrige Verfassungsrichter als "alles andere als fein".

Mit Mitterlehner habe er kein Vertrauensverhältnis aufbauen können, "weil die Kommunikationsfähigkeit und Teamfähigkeit nicht da war, aus meiner Sicht". Es habe viel zu wenig wirklich offene interne Diskussionen gegeben, wovon jeder betroffen gewesen sei. "Ich weiß nicht, ob irgendjemand aus dem Regierungsteam eine spezielle Nahebeziehung zu Mitterlehner hatte." Brandstetters Fazit: "Der 'herrschaftsfreie Dialog' im Sinne der '68er war nicht seine Stärke."

Besser lief es für Brandstetter dann wieder unter Sebastian Kurz, der ihn bis zur Wahl im Herbst 2017 als Vizekanzler in der auf ihr Ende zusteuernden rot-schwarzen Koalition walten ließ. "Sebastian Kurz sagte mir, er wolle, dass noch möglichst viel umgesetzt wird. Ich habe daraufhin von ihm auch ein entsprechendes Pouvoir verlangt, und das bekam ich, sonst hätte ich das nicht gemacht. Er sagte mir auch, du wirst sehen, ich werde nichts blockieren, ich will keine Blockaden mehr. Genau das war ja der Kardinalfehler, diese ewigen Blockaden. Das hat er erkannt und - das sieht man jetzt ja auch schon - für die neue Regierung die Konsequenzen daraus gezogen."

(S E R V I C E - Der Band "Brandstätter versus Brandstetter. Diskurs", in dem sich der Ex-Justizminister dem Dialog mit "Kurier"-Herausgeber und Chefredakteur Helmut Brandstätter stellt, ist im Verlag Kremayr & Scheriau erschienen. 22 Euro, ISBN: 978-3-218-01128-0)

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