Einlassungen aus dem toten Eck

Heinz Sichrovsky über Erkenntnisse zum Beethoven-Fries

von Kultur - Einlassungen aus dem toten Eck © Bild: NEWS/Herrgott Ricardo

Das tote Eck ist für unsereinen der vielleicht widrigste Aufenthaltsort überhaupt: Das Blatt ist in Fertigung, doch in den 48 Stunden zwischen Drucklegung und Erscheinen vollenden sich Entwicklungen, die man absehen, aber nicht seriös prognostizieren kann. So wie im Fall des Klimt'schen Beethoven-Frieses in der Wiener Secession: Verwandte der Ehefrau des von den Nazis enteigneten Vorbesitzers, der den Fries 1973 an die Republik verkaufte, forderten die Restitution. Am Freitag (6.) trat der entscheidungsbefugte Beirat zusammen.

Es ging nicht um die Angemessenheit des Preises, sondern ausschließlich um die juristische Frage, ob der Verkauf an den Staat durch ein Ausfuhrverbot erzwungen wurde. Unabhängig vom Resultat offenbarte die Causa kontraproduktive Entwicklungen: In Restitutionsfällen sind finanzielle Vergleiche gesetzlich unzulässig, das Exponat wird zurückgegeben oder einbehalten – im gegenständlichen Fall ein schwer veräußerbares Riesenformat, das sich nur unter dem Risiko seiner Zerstörung von der Wand entfernen lässt. Für die Secession wiederum ist der Fries identitätsstiftend, beiden Seiten wäre auf dem Kompromissweg auch üble Nachrede erspart geblieben. Kunstwerke von Museumswänden zu nehmen, kann jedenfalls nicht die Ultima Ratio einer sich selbst so bezeichnenden Kulturpolitik sein.

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