Irakischer Asylwerber wegen
Mordversuchs vor Gericht

Streit in Asylheim. Kontrahent erlitt Messerstiche. Beschuldigter sagt Notwehr.

von Ein Asylheim im deutschen Hoyerswerda. © Bild: APA/EPA/Arno Burgi

Der Angeklagte hat laut Staatsanwalt Tomas Schützenhofer an jenem Sonntagabend versucht, seinem Zimmerkollegen, einem 19-jährigen Afghanen, mit einem Jausen-Messer von hinten die Kehle durchzuschneiden. "Dem Opfer gelang es, den Angriff zu unterbinden. Der Mann erlitt zwei geringfügige Verletzungen an der Schulter." Der Beschuldigte sei dann spärlich bekleidet geflohen.

Rund zwei Stunden nach dem Vorfall tauchte der Iraker in einem Haus auf und bat eine Bewohnerin, die Polizei zu alarmieren. Die Feindseligkeiten mit dem Zimmerkollegen hätten sich vor der Tat über Monate hindurch aufgeschaukelt, erklärte der Staatsanwalt. "Der Angeklagte hat die Tat einem anderen Asylbewerber angekündigt." Doch der Iraker bestritt eine Tötungsabsicht und kehrte den Spieß um: Sein Zimmerkollege habe ihn zuvor sehr oft mit einem Messer bedroht und beschimpft - ihn beispielsweise "Hurensohn" genannt.

Vom Kuchen genascht

Am Abend des 21. Juli habe ihn der Afghane beschuldigt, dass er von seinem Kuchen gegessen habe, sagte der Iraker zur vorsitzenden Richterin Gabriele Glatz. Seine Schilderungen wurden von einem Dolmetscher übersetzt. "Dann ist er aufgestanden, mit einem Messer in der Hand, und fing zu schimpfen an. Er wollte mir in den Bauch stechen. Ich hatte Angst, er wollte mich umbringen. Ich habe abgewehrt und ihn dabei getroffen. Ich hatte ein Messer genommen, das in einer Pfanne lag, um mich zu verteidigen - in Notwehr. Dann bin ich weggelaufen." Der Beschuldigte wies nach der Tat einige Kratzspurenspuren auf. Dass er im April 2013 einem anderen Asylbewerber mit einer Besteckgabel Stiche versetzen wollte, bestritt der Angeklagte ebenfalls.

Seine Verteidigerin Tanja Dvorak erklärte, dass die eingeschränkte Verständigungsmöglichkeit während der Ermittlungen "ein schwerer Nachteil" für ihren Mandanten gewesen sei. Er habe mit dem Dolmetscher aufgrund sprachlicher Differenzen nicht richtig kommunizieren können. "Und jetzt wirft man ihm vor, seine Geschichte sei unschlüssig." Im Asylantenheim sei der Iraker aufgrund seiner Herkunft zum Feindbild erklärt, beschimpft und bedroht worden. Sein Bruder sei in der Heimat ermordet worden, "ihm selbst wurde Gewalt angetan". Seit 2012 befindet sich der 29-Jährige in Österreich. "Er findet keinen Anschluss, wird von den Zufluchtssuchenden ausgestoßen", schilderte die Verfahrenshelferin.

Die Verhandlung wird nach der Einvernahme von sechs Zeugen nicht wie laut Prozessplan auf morgen, Donnerstag, sondern auf einen anderen, bisher noch unbestimmten Termin vertagt.