27. April 1945: Heute jährt sich Gründungs-Tag der zweiten Republik zum 60. Mal!

Erste freie Nationalratswahl folgte am 25. November "Aufgezwungene Anschluss" für "null und nichtig" erklärt

Nur zweieinhalb Wochen nach der Befreiung Wiens wurde am 27. April 1945 die Republik Österreich neu gegründet. Schauplatz der Republiksgründung war das Wiener Rathaus: Dort versammelte sich Ende April 1945 die provisorische Staatsregierung unter Karl Renner zu ihrer konstituierenden Sitzung. Zwei Tage zuvor, am 27. April, hatten die an der Regierung beteiligten Parteien - SPÖ, ÖVP und KPÖ - die Unabhängigkeitserklärung beschlossen.

Die von den drei Parteivorständen verabschiedete Proklamation erklärte die Republik Österreich für "wiederhergestellt" und "den im Jahre 1938 dem österreichischen Volke aufgezwungenen Anschluss" für "null und nichtig".

Eine zentrale Rolle bei der Republiksgründung spielte Karl Renner, der schon bei der Gründung der Ersten Republik 1918 der damaligen Regierung vorgestanden hatte und auch 1945 zum Staatskanzler der provisorischen Regierung ernannt wurde. Insgesamt gehörten der bis 20. Dezember 1945 amtierenden Provisorische Regierung je neun Vertreter von SPÖ und ÖVP sowie sieben kommunistische und drei parteilose Staatssekretäre und Unterstaatssekretäre an.

"Verzagt nicht! Fasset wieder Mut!"
Die Regierungserklärung gipfelte in dem leidenschaftlichen Aufruf an die Österreicher, die provisorische Regierung zu unterstützen: "Verzagt nicht! Fasset wieder Mut! Schließt Euch zusammen zur Wiederaufrichtung Eures freien Gemeinwesens und zum Wiederaufbau Eurer Wirtschaft! Vertagt allen Streit der Weltanschauungen, bis das große Werk gelungen ist! Und folgt in diesem Geiste willig Eurer Regierung!"

Anerkannt wurde die Regierung zunächst nur von den Sowjets. Die westlichen Alliierten standen der Renner-Regierung lange Zeit äußerst skeptisch gegenüber. Schließlich lagen mit Franz Honner an der Spitze des Innenressorts und Ernst Fischer als Staatssekretär des Unterrichtsressorts zwei Schlüsselministerien in den Händen der KPÖ. Erst am 20. Oktober 1945 wurde die Regierung von allen vier Besatzungsmächten anerkannt.

Auch innerhalb Österreichs gab es noch einige Zeit Vorbehalte gegen die neue Regierung. Die westlichen Bundesländer legten sich erst am 20. August auf die Zusammenarbeit mit dem Kabinett Renner fest.

Bundesverfassung wieder in Kraft gesetzt
Bereits am 1. Mai hatte die Provisorische Regierung die Bundesverfassung von 1920 in der Fassung von 1929 wieder in Kraft gesetzt. Acht Tage danach wurde das NS-Verbotsgesetz erlassen und die Auflösung aller NS-Organisationen verfügt. Bei der Nationalratswahl am 25. November - der ersten freien Parlamentswahl seit 1930 - waren frühere Mitglieder von NSDAP, SS und SA nicht wahlberechtigt.

Die ÖVP ging aus der November-Wahl als mit Abstand stärkste Partei hervor. Die Kommunisten erhielten nur vier von insgesamt 165 Mandaten, 76 entfielen auf die SPÖ und 85 auf die ÖVP, die folglich mit Leopold Figl auch den Bundeskanzler stellte. Staatsoberhaupt wurde Karl Renner. Das Prinzip "schwarzer Kanzler, roter Bundespräsident" blieb bis 1970 aufrecht, auch wenn die Staatsoberhäupter ab 1951 direkt vom Volk und nicht mehr von der Bundesversammlung gewählt wurden.

Die erste frei gewählte Nachkriegs-Regierung - erneut eine Konzentrationsregierung aus ÖVP, SPÖ und KPÖ - hatte ihren Amtsantritt am 20. Dezember 1945. Wenig später hielt Figl seine legendäre Weihnachtsansprache: "Ich kann Euch zu Weihnachten nichts geben. ... Wir haben nichts. Ich kann Euch nur bitten: Glaubt an dieses Österreich."

(apa/red)