Erklärungsversuch
Warum ist der Wein
immer so gut?
Wolfgang Kralicek über die stets überschäumenden Jahresprognosen der heimischen Winzer
Die heimischen Winzer haben, wie jedes Jahr im Spätsommer, ihre Prognose für die bevorstehende Weinernte bekannt gegeben. Die schlechte Nachricht: Wegen des Frosteinbruchs im Frühjahr, der in manchen Regionen großen Schaden angerichtet hat, wird die Ernte mengenmäßig eher gering ausfallen. Die gute Nachricht: Qualitativ wird der neue Wein erstklassig sein. Kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor? Richtig: Die jährlichen Prognosen der Winzer unterscheiden sich nur in Nuancen voneinander, im Kern ist die Botschaft immer dieselbe - wenig Quantität, viel Qualität. Warum das so ist, erklärt sich von selbst: Die Winzer wollen Werbung für ihr Produkt machen und die Konsumenten dezent darauf vorbereiten, dass der Preis für die Ab-Hof-Bouteille um den einen oder anderen Cent ansteigen wird. Aber was machen die Winzer, wenn es einmal umgekehrt ist? Werden sie dann sagen, dass zwar viel Wein zu erwarten sei, man qualitativ aber leider Abstriche machen müsse? Nein, so viel Ehrlichkeit darf man nicht verlangen, und es ist ja auch gar nicht nötig. Wie gut ein Weinjahrgang ist, entscheiden nämlich eh nicht die Winzer, sondern die Weinkritiker und letztlich die Weintrinker. Die Frage ist nur, warum die Winzerprognosen den Zeitungen trotzdem jedes Jahr eine Meldung wert sind.