Medienkolumne
ORF-Daumenschrauben
Julia Schnizlein über Rundfunkgebühren
Wer die ORF-„Sommergespräche“, den „Tatort“, die „ZiB“ oder die „Vorstadtweiber“ sehen will, kann das gratis tun – vorausgesetzt, er tut es via Laptop. In wessen Wohnzimmer noch der gute alte Fernsehapparat steht, der muss dafür weiter Gis-Gebühren zahlen. Absurd, aber rechtsgültig. Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass das Internet für den Gesetzgeber keinen Rundfunkverbreitungsweg darstellt. Als das Gesetz vor über zehn Jahren geschrieben wurde, entsprach das wohl der Realität. Mittlerweile verzeichnet die ORF-TVthek aber fast 20 Millionen Zugriffe monatlich, und kaum ein Mensch unter 25 hört FM4 noch via Radio. Wieder einmal hinkt die Gesetzgebung der rasanten technologischen Entwicklung hinterher. Logische Konsequenz wäre, das Gesetz so schnell wie möglich anzupassen. Für Regierungspolitiker aber heißt es: zuwarten, das Problem in Arbeitsgruppen erörtern lassen und hören, was die Konkurrenz und insbesondere die Verleger dazu zu sagen haben. Sprich: den Druck auf den ORF erhöhen und ihn damit, ein Jahr vor der Generaldirektorenwahl und bevor sich das Personalkarussell auf dem Küniglberg wieder dreht, in den Würgegriff nehmen. Nicht durch Zufall hat das Anfang Juli beschlossene „kleine Medienpaket“ kaum Erleichterungen für den ORF gebracht. Das hebt sich die Politik bis ins nächste Jahr auf, wenn es darum geht, Gefälligkeiten gegen ORF-Posten einzutauschen.