Stilfragen
Cara, du süßes Nagetier
Ela Angerer über Cara Delevingne: keine klassische Schönheit, aber schön markant
Im Restaurant, im Schwimmbad oder auf der jüngsten Hochzeit: Ständig treffe ich Frauen, die ich seit Jahren kenne und die früher ganz normal aussahen – die jetzt aber unter balkendicken Augenbrauen in die Welt hinausschauen. Das sieht aus wie ein Make-up-Unfall, ist aber in Wahrheit ein Megatrend. Ja, die dichte Augenbraue ist das Gebot der Stunde. Mein Freund, der Starfriseur, sagt: „Bei wem es auf der Stirn nicht natürlich wuchert wie bei Topmodel Cara Delevingne, der sollte lieber in seiner Gewichtsklasse oder, in diesem Fall besser, Haaresbreite bleiben.“ Die burschikose Cara hat es mit ihren Extrembrauen zum Model des Jahres 2014 gebracht. Überhaupt gab es um die Britin einen derartigen Hype, dass die sich sogar zu cool dafür war, mit Leonardo DiCaprio auszugehen. Das ist alles ziemlich großartig, denn mit ihrem frechen Mund und dem dicht umwachsenen Blick erinnert sie eher an ein süßes Nagetier, mich zumindest. Doch zurück zu unseren eigenen Brauen: Es sieht schnell sehr unnatürlich aus, mittels Puder, Stift oder Permanent- Tattoo zu viel haarige Breite zu behaupten. Viel besser, man agiert vorausschauend: Auf jede Modewelle folgt ihre Gegenbewegung. Das ist seit den Stileskapaden von Marie Antoinette schon immer so gewesen. Ich wette, dass sich demnächst ein bedeutender Make-up- Artist auf den Look der 1930er- und 1940er-Jahre besinnt, beim Schminken eines Models fast alle natürlich gewachsenen Härchen entfernt und stattdessen eine hauchdünne Linie mit dem Stift zieht. Der Effekt wäre ein erstaunt-distanzierter Blick – das sorgte schon bei Marlene Dietrich für die unterkühlte Erotik einer unsterblichen Diva. Erste Anzeichen für die beginnende Gegenbewegung gab es übrigens schon. Wimbledon-Siegerin Serena Williams konnte ihren Pokal nur wenige Stunden genießen, dann brach über die sozialen Netzwerke ein Beauty-Shitstorm über sie herein. Der Grund: ihre sehr buschigen Augenbrauen.