WM 2014: Team-Check Bosnien

Der einzige Debütant will überraschen - das Zeug dazu hat er auf jeden Fall

In wenigen Tagen beginnt die Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien. Um sich auf das Sportereignis des Jahres gebührend einzustimmen, stellt NEWS.AT jeden Tag einen WM-Teilnehmer im Porträt vor. Alle Erfolge, Stars und die Aussichten bei der Endrunde im Check. Heute: Bosnien und Herzegowina.

von
Gruppe F - WM 2014: Team-Check Bosnien

Gruppe A: Brasilien - Kroatien - Mexiko - Kamerun

Gruppe B: Spanien - Niederlande - Chile - Australien

Gruppe C: Kolumbien - Griechenland - Elfenbeinküste - Japan

Gruppe D: Uruguay - Costa Rica - England - Italien

Gruppe E: Schweiz - Ecuador - Frankreich - Honduras

Gruppe F: Argentinien - Bosnien und Herzegowina - Iran - Nigeria

Gruppe G: Deutschland - Portugal - Ghana - USA

Gruppe H: Belgien - Algerien - Russland - Südkorea

BOSNIEN UND HERZEGOWINA

Steckbrief

Verband: Nogometni/Fudbalski Savez Bosne i Hercegovine
WM-Teilnahmen: 0
Erfolge: -
Teamchef: Safet Susic

Die Qualifikation

Angesichts der vergleichsweise leichten Auslosung mit Griechenland und der Slowakei als besser gereihte Gruppengegner schien die erstmalige Qualifikation für ein Großereignis für Bosnien und Herzegowina schon vor dem ersten Auftreten schaffbar. Und die Mannschaft von Teamchef Safet Susic zeigte gleich zu Beginn mit einem 8:1-Kantersieg gegen Liechtenstein, dass sie diese Chance wahrnehmen möchte. Es folgten neun weitere Partien, von denen die "Drachen" nur eine einzige nicht mit dem gewünschten Ergebnis beenden konnten. Zu Hause gegen die Slowakei setzte es ein 0:1 und prompt musste um die Direkt-Qualifikation bis zum Schluss gezittert werden. Mit einem knappen 1:0-Sieg gegen Litauen im letzten Spiel schritten die Bosnier dann aber durch die zuvor schon weit aufgestoßene Tür nach Brasilien und ließen Griechenland, das bei gleicher Punktezahl 18 Tore weniger (!) erzielt hat, hinter sich. Somit darf auch die WM 2014 einen Neuling beim Konzert der Großen begrüßen - Dobrodosli Bosna i Hercegovina!

Der Superstar

Mit zehn Treffern im Laufe der abgeschlossenen Qualifikation erwies sich ein Mann fast gleich gefährlich wie die gesammelte griechische Offensive. Nicht nur deshalb ist Edin Dzeko der Star im Kader des WM-Debütanten. Wer bei Englands Champion Manchester City seine Brötchen verdient, wer in Deutschland Torschützenkönig und Meister geworden ist und wer sich mit 28 Jahren schon Rekordtorschütze seiner Heimat nennen darf, ist einfach eine wirklich große Nummer. Umso verwunderlicher, dass der 1,92-Meter-Hüne bei den "Citizens" in der abgelaufenen Saison gar nicht immer erste Wahl war. Im Liga-Finish setzte Trainer Manuel Pellegrini dann aber doch regelmäßig auf den ehemaligen Wolfsburger, der dieses Vertrauen mit sechs Scorerpunkten in den letzten vier Partien zurückzahlte. Trotz der Euphorie nach der ersten geschafften WM-Qualifikation und der gewonnenen Meisterschaft vergaß UNICEF-Botschafter Dzeko aber nicht, was wirklich zählt. Via Twitter machte er auf die Sorgen in seiner Heimat aufmerksam. Denn wo vor wenigen Monaten noch die Menschen auf den Straßen feierten, gilt es nach der Flut-Katastrophe nun Schlamm und Landminen zu beseitigen...

Der Kader

PositionNameVerein
TorAsmir Avdukic FK Borac Banja Luka
-Asmir Begovic Stoke City
-Jasmin Fejzic VfR Aalen
AbwehrMuhamed Besic Ferencvaros Budapest
-Ermin Bicakcic Eintracht Braunschweig
-Sead Kolasinac Schalke 04
-Mensur Mujdza SC Freiburg
-Emir Spahic Bayer Leverkusen
-Toni Sunjic Sorja Luhansk
-Ognjen Vranjes Alanija Wladikawkas
MittelfeldIzet Hajrovic Galatasaray
-Tino-Sven Susic Hajduk Split
-Anel Hadzic SK Sturm
-Senijad Ibricic Kayseri Erciyesspor
-Senad Lulic Lazio
-Haris Medunjanin Gaziantepspor
-Zvjezdan Misimovic Guizhou Renhe
-Miralem Pjanic AS Roma
-Sejad Salihovic TSG Hoffenheim
-Avdija VrsajevicHajduk Split
AngriffEdin DzekoManchester City
-Edin ViscaIstanbul BB
-Vedad Ibisevic VfB Stuttgart


Vergessene Legenden

Die vom Krieg getrübte Miene - legendär. Das ambivalente Verhältnis zu Präsident Hannes Kartnig - legendär. Der Straßenbahn-Haltegriff auf der Trainerkabine in der Gruabn - legendär. Ivica Osim ist eine Ikone bei Sturm Graz und völlig zurecht zum "Trainer des Jahrhunderts" gewählt worden. Als langjähriger erfolgreicher Spieler und Trainer von FK Zeljeznicar Sarajevo genießt der heute 73-Jährige auch in seiner Heimat hohes Ansehen. Und nicht nur dort. Seine tolerante Einstellung in einem tief gespaltenen Land verhalf dem ehemaligen Teamchef Jugoslawiens über alle Grenzen zu großen Ehren. In erster Linie bleibt Osim aber ein Fußball-Fachmann sondergleichen. Kaum verwunderlich also, dass der ehemalige Mittelfeldspieler als Schiedsrichter eingesetzt wurde, als der bosnische Verband 2011 wegen Statuten-Widrigkeit von FIFA und UEFA kurzzeitig suspendiert wurde. Osim gelang es, einen Kompromiss zwischen den im Verband vertretenen ethnischen Gruppen zu finden und die Weiterführung der damaligen EM-Qualifikation zu sichern. Die erste WM-Teilnahme ist somit auch zu einem kleinen Teil den mediatorischen Fähigkeiten eines der größten Trainer der Bundesliga-Geschichte zu verdanken.

Die Chancen

So stark wie Osims Jugoslawien, das 1992 mit Spielern wie Davor Suker, Predrag Mijatovic, Dejan Savicevic, Robert Prosinecki und Zvonimir Boban als Favorit galt und erst aufgrund des Ausbruchs des Balkankriegs von der EM ausgeschlossen wurde, ist Bosnien 2014 nicht. Dennoch kann sich der Kader von Teamchef Safet Susic sehen lassen. Neben Topstar Edin Dzeko verdienen zahlreiche Kicker wie Keeper Asmir Begovic, Stürmer Vedad Ibisevic oder die Mittelfeld-Antreiber Miralem Pjanic und Sejad Salihovic ihr Geld in einer Top-Liga. Im Einzelnen mangelt es nur wenigen an internationaler Erfahrung, als Team betritt Bosnien in Brasilien allerdings Neuland. Unterschätzen sollte den Debütanten allerdings kein Gegner, denn das könnte bei all der spielerischen Qualität ein unangenehmes Ende nehmen. Für den Gegner wohlgemerkt.

NEWS.AT-Tipp

Bosnien kämpft mit Nigeria um den zweiten Platz hinter Argentinien und entscheidet dieses Duell letztlich für sich. Auch wenn danach Schluss ist, kann der Achtelfinaleinzug als großer Erfolg für die junge Nation gewertet werden.

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