Was uns Hoffnung macht

In einer Zeit multipler Krisen macht sich Mutlosigkeit breit. Klimakrise und Inflation, Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten lassen viele an einer guten Zukunft zweifeln. "Was gibt Ihnen Hoffnung?", hat News Spitzenpolitiker, Wissenschaftler, Vertreter der Religionsgemeinschaften und Repräsentanten wichtiger Institutionen gefragt. Lesen Sie, was führenden Persönlichkeiten in Österreich Mut gibt.

von Zukunft - Was uns Hoffnung macht © Bild: Ricardo Herrgott, Matt Observe, Stefan Fürtbauer / Michael Gruber / EXPA / picturedesk.com, Michael Mazohl

Das Wissen um die Kraft dieses Landes

Alexander Van der Bellen, Bundespräsident

Hoffnung gibt mir das Wissen um die Kraft dieses Landes und der Menschen, die hier leben. Österreich hat in den letzten Jahrzehnten so viele Krisen gemeistert, wir werden auch die kommenden Jahre gut überstehen. Dafür brauchen wir unter anderem Zusammenhalt. Und genau das stimmt mich auch zuversichtlich: Bei den vielen Gesprächen mit den Menschen in unserem Land merke ich immer wieder: Wenn es darauf ankommt, halten wir zusammen, helfen wir einander, sind wir füreinander da. Konzentrieren wir uns doch auf diese vielen positiven Kräfte mitten unter uns statt auf die oft lauten, negativ-destruktiven Stimmen. Das wird uns allen Zuversicht geben.

Füreinander da sein macht Hoffnung

Doris Schmidauer, Unternehmensberaterin und Frau des Bundespräsidenten

Füreinander da sein macht Hoffnung. Gerade in schwierigen Zeiten können wir uns selbst immer fragen: Was kann ich tun? Wo kann ich helfen? Wenn ich etwas beitragen kann, etwas durch meine Hilfe zum Besseren wenden kann, macht mir das Hoffnung und es gibt mir Kraft. Hoffnung gibt mir auch der Zusammenhalt, den ich in unserer Gesellschaft immer wieder spüre. Von den vielen, vielen ehrenamtlich engagierten Menschen in unserem Land bis hin zur spontanen Nachbarschaftshilfe bei Unwetterkatastrophen wie im letzten Sommer. Sich darüber zu freuen und darauf aufbauen, darauf könnten wir uns mehr besinnen.

Alles ist möglich, wenn man will

Andreas Babler, SPÖ-Vorsitzender

Ich bin grundsätzlich ein hoffnungsvoller Mensch. Das hat mich meine Biografie gelehrt. So oft habe ich gehört: "Das geht nicht. Das können wir nicht umsetzen" - und immer wieder habe ich erlebt, dass alles möglich ist, wenn man für etwas brennt und es wirklich realisieren will. Das haben wir bei mir in der Stadt Traiskirchen, wo ich Bürgermeister sein darf, gezeigt und das können wir auch in Österreich schaffen. Natürlich machen mir die vielen Krisen Sorgen. Aber wo Schatten ist, ist auch Licht. Ich bin gerade durch ganz Österreich unterwegs und ich muss sagen: Dieses Land ist voller großartiger Menschen, voller engagierter Leute mit dem Herz am richtigen Fleck. Ich denke zum Beispiel an die Pflegerinnen und Pfleger, die jeden Tag im Krankenhaus oder im Pflegeheim stehen und Unfassbares leisten, obwohl unser Gesundheitssystem gerade aus dem letzten Loch pfeift. Ich bin mir deshalb sicher, dass wir gemeinsam das Ruder herumreißen können und Österreich wieder erfolgreich machen werden.

Zukunft wird aus Mut gemacht

Werner Kogler, Vizekanzler

Die Herausforderungen sind groß und ernst: Kriege in Nahost und Europa, Energie und die daraus folgende Energie-, Teuerungs- und Wirtschaftskrise sowie der drohende Klimanotstand.

Angesichts der einprasselnden Schreckensmeldungen von Terror, Massakern, Zerstörung und Katastrophen fällt es vielen schwer, die Zuversicht und die Hoffnung zu haben, dass sich die Welt zum Besseren entwickeln wird.

Aber die Zukunft müssen wir nicht bloß nur erleiden, vielmehr können und sollen wir sie leidenschaftlich gestalten. Mit Vernunft, Zuversicht und Mut. Ja, Zukunft wird auch aus Mut gemacht. Wie viel uns gemeinsam auch unter schwierigsten Bedingungen gelingen kann, zeigt aber ein Rückblick in die letzten Jahre.

Denn: Es gab sie auch 2023, die guten Nachrichten. Für das vergangene Jahr prognostiziert das namhafteste Klimaforschungsinstitut einen weiteren Rückgang der Treibhausgasemissionen. Durch gemeinsame Anstrengungen von vielen, vielen Menschen in Österreich und einer verantwortungsvollen Wirtschafts- und Umweltpolitik wird das Erreichen der Klimaziele möglich - und das mit vielen Tausenden neuen, hochwertigen und krisensicheren Green Jobs. Wirtschaft und Umwelt unter einen Hut bringen - das geht! Das heißt nicht, dass wir uns entspannt zurücklehnen können. Aber es zeigt uns: Wenn wir den Zusammenhalt wahren und uns mit vernünftigen, mutigen Lösungen den großen Krisen entgegenstellen - dann kann uns Großes gelingen. Also: keine Zeit verlieren, Chancen nutzen und gemeinsam eine Zukunft bauen, die lebenswert ist für unsere Kinder und Enkelkinder - das macht Hoffnung.

Hoffnung macht mir der Mensch

Irmgard Griss, frühere Präsidentin des OGH

Was mir Hoffnung macht? Der Mensch. Das mag seltsam klingen, sind es doch wir Menschen, die die Natur ausbeuten und zerstören, die Kriege führen und unermessliches Leid verursachen. Doch genauso wie das Böse im Menschen steckt, gilt das auch für das Gute. Der Mensch ist nicht nur des Menschen Feind, er ist auch des Menschen Freund. Ob wir das eine oder das andere sein wollen, ist unsere Entscheidung. Wir alle können die gute Seite des Menschen wirksam werden lassen. Und das geschieht ja auch jeden Tag und immer wieder. So wie ein kleines Licht einen großen Raum erleuchten kann, macht die gute Tat die Welt ein wenig besser. Das ist es, was mir Hoffnung macht.

Die enorme Kraft von Kreativität

Sabine Herlitschka, Infineon-Chefin

Hoffnungsvoll macht mich die enorme Transformationskraft von Kreativität und deren "Übersetzung" in konkret anwendbare Technologien. Gepaart mit der Dringlichkeit, Antworten auf globale Herausforderungen wie die Klimakrise zu finden, entsteht echte Kraft. Wie die Pandemie die Digitalisierung angeschoben hat, erzeugt die Energiekrise Rückenwind für die grüne Transformation. Ein "Green Deal" gelingt nur, wenn er Nachhaltigkeit mit Wettbewerbsfähigkeit verknüpft. Österreich hat sich eine beeindruckende Position in der europäischen Halbleiterindustrie erarbeitet und stärkt sie weiter, wie die jüngst geschaffenen Rahmenbedingungen der Bundesregierung zeigen. Das sichert Wohlstand und attraktive Arbeitsplätze für uns als Gesellschaft. Der chinesische Begriff für Krise besteht aus zwei Schriftzeichen: Risiko und Chance. Ersteres muss man managen, Zweiteres nutzen. Jetzt gilt es, uns nicht im Klein-Klein zu verirren, sondern tatkräftig zu tun - gemeinsam und an einem Strang, in dieselbe Richtung.

Der Mut der Ukrainer und Ukrainerinnen

Martin Selmayr, Vertreter der EU-Kommission in Österreich

Hoffnung machen sollte uns 2024 an erster Stelle der Mut der Ukrainerinnen und Ukrainer, die unerschütterlich ihre Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg fortsetzen. Wir sollten die Ukraine dabei deutlich stärker unterstützen.

Hoffnung machen sollte uns auch die allen Unkenrufen zum Trotz ungebrochene Stärke der internationalen Zusammenarbeit und des Multilateralismus. Bei der Weltklimakonferenz in Dubai hat sich die Staatengemeinschaft vor allem auf Drängen der Europäischen Union auf die Abkehr von fossilen Energieträgern bis 2050 verständigt - und darauf, bis 2030 die erneuerbaren Energien zu verdreifachen und die Energieeffizienz zu verdoppeln.

Hoffnung machen sollte uns schließlich die Stärke der Demokratie. 2024 ist ein Superwahljahr: Von den USA bis nach Indien, von Pakistan bis nach Österreich sind die Bürgerinnen und Bürger aufgefordert, zur Wahlurne zu gehen. Auch das Europäische Parlament wird vom 6. bis 9. Juni neu gewählt. Wer unser europäisches Lebensmodell schätzt, der sollte vom Stimmrecht Gebrauch machen. Denn Hoffnung alleine reicht nicht. Für Freiheit und Demokratie muss man aktiv eintreten, jeden Tag, mit Wort und Tat.

Das Trennende hintanstellen

Beate Meinl-Reisinger, Neos-Vorsitzende

Mut und Hoffnung machen mir vor allem die Menschen in Österreich. Jene Menschen, die allen Krisen zum Trotz Unglaubliches leisten und dieses Land durch ihre Arbeit, ihren Innovationsgeist und - nicht zuletzt - durch ihre Steuern am Laufen halten. Jetzt liegt es aber an uns Politikerinnen und Politikern, diesen Menschen wieder Hoffnung und Mut zu machen. Denn leider regiert bei vielen die Sorge vor Populismus und Autoritarismus. Doch gerade das, was wir zuletzt in Polen und beim EU-Migrationspakt gesehen haben, gibt mir Hoffnung. Wenn sich die politische Mitte zusammenrauft, das Trennende hintanstellt und das Gemeinsame sucht, ist viel möglich. Genau das müssen wir auch in Österreich schaffen. Angesichts der wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Herausforderungen erwarten die Menschen zu Recht, dass wir die nötigen Reformen angehen. Wir sollten uns daher viel öfter die Frage stellen, was gemeinsam geht. Wo haben wir Schnittmengen? Wo können wir uns auf etwas einigen? Demokratie lebt von Debatte, aber sie lebt am Ende auch vom Kompromiss und von der Bereitschaft, einen solchen gemeinsam zu erzielen. Gehen wir mit gutem Beispiel voran.

Die Wissenschaft hält Lösungen bereit

Markus Hengstschläger, Genetiker

In meiner Tätigkeit als Vorstand des Instituts für Medizinische Genetik an der Medizinischen Universität Wien habe ich sowohl in der Lehre als auch in der Forschung viel mit jungen Menschen zu tun. Es ist dabei sehr oft beeindruckend, zu sehen, wie sehr diese jungen Menschen an Wissenschaft interessiert sind und auch mit welcher Begeisterung sie in der Forschung arbeiten. Motiviert werden sie dabei unter anderem von ihrem Vertrauen in die Wissenschaft. Genauso wie diese jungen Menschen vertraue auch ich darauf, dass die Wissenschaft Lösungen für viele Herausforderungen der Zukunft bereithält und auch noch entwickeln wird gerade auch in Bezug auf die Entdeckung ganz neuer therapeutischer Ansätze für viele Erkrankungen des Menschen. Das Vertrauen dieser jungen Menschen in die Wissenschaft und ihr Enthusiasmus für die Forschung -das macht mir Hoffnung.

Unsere Arbeit wirkt. Das macht Hoffnung

Leonore Gewessler, Umweltministerin

Ja, beim Klimaschutz gibt es Grund für Zuversicht. Das letzte Jahr ist mit einer äußerst erfolgreichen Klimakonferenz zu Ende gegangen. Erstmals hat sich die Welt gemeinsam zum Ausstieg aus fossilen Energien bekannt. Nach fast dreißig Jahren der Verhandlung ein echter Meilenstein.

In Österreich haben wir im letzten Jahr einen neuen Rekord bei der grünen Stromproduktion gesehen. Rund 87 Prozent der in unserem Land produzierten Elektrizität kommen mittlerweile aus klimafreundlicher Energie. Das Ziel, den Stromsektor bis 2030 klimaneutral zu gestalten, ist mehr als nur in Reichweite.

Auch die klimaschädlichen Emissionen sind laut aktuellen Berechnungen einmal mehr deutlich gesunken.

All diese guten Nachrichten verbindet eine Botschaft: Wir wissen, wie wir unser Klima und unseren Planeten beschützen können. Unsere Arbeit wirkt. Das macht Hoffnung und Mut für das kommende Jahr. Überlassen wir die Welt nicht denen, die immer etwas Schlechtes finden. Sondern nehmen wir es selbst in die Hand und arbeiten daran, dass sie Stück für Stück besser wird.

Menschen, die der Welt dienen

Michael Chalupka, Bischof der Evangelischen Kirche

Ich bin Christ. Es ist mir geschenkt, dass ich die Hoffnung nicht aus mir selbst gewinnen muss oder aus der Welt, wie sie sich gerade darstellt. Wie der evangelische Theologe und Märtyrer zu Zeiten des Nationalsozialismus Dietrich Bonhoeffer geschrieben hat: "Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen."

Auch wenn die Hoffnung sich daraus speist, dass nicht wir es sind, die die Welt und die Menschheit retten, heißt das nicht, die Hände in den Schoß zu legen und Gott einfach machen zu lassen. Es braucht Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen und die der Welt mit dem dienen, was ihnen geschenkt ist.

Die jungen Menschen, die sich gegen die Klimakatastrophe stemmen, geben mir Hoffnung. Die Frauen und Männer in Israel und Palästina, die sich wider alle Logik des Krieges für ein Zusammenleben und letztlich für Versöhnung einsetzen, geben mir Hoffnung. Alle die, die Tag für Tag im Einsatz sind in der Pflege, in der Betreuung, für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft, sie geben mir Hoffnung. Denn ich weiß: Wenn das, was ist, sich ändern lässt, ist das, was ist, nicht alles.

Sinnvolle Ideen und Problemlösungen

Renée Schroeder, Biochemikerin

Hoffnung ist sicher etwas Positives! Aber Hoffnung allein ist zu wenig und wird uns nicht weiterbringen! Wir brauchen sinnvolle Ideen und Problemlösungen, die uns überzeugen und Kraft geben, es immer wieder zu versuchen. Bis es klappt. Optimismus und Hoffnung gehören zusammen! Gleich vorweg, ob jemand optimistisch ist, hängt teilweise von seinen Genen ab. Es gibt eine Variante des Oxytocin-Rezeptors, die bewirkt, dass der Mensch empathisch anderen gegenüber ist und optimistisch! Ich habe das Glück, solch ein Mutante zu sein!

Wie wird der Mensch in 100 bis 200 Jahren sein? Wir können uns selbst gestalten! Hier eine sehr optimistische Tatsache: Es gibt einen globalen Konsens: Wir Menschen haben verstanden, dass wir an unserer Zukunft arbeiten können, um sie zu gestalten. Deswegen brauchen wir positive Bilder, die uns motivieren, an der Zukunft zu arbeiten. Es ist uns Menschen noch nie so gut gegangen in der Menschheitsgeschichte. Doch leider haben unsere Bedürfnisse so stark zugenommen, dass wir immer mehr wollen, auf unwesentliche Dinge fixiert sind und unzufrieden geworden sind.

Ich schlage vor, dass wir von "mehrmehr-mehr" auf "besser-besser-besser" wechseln. Nicht die Quantität, sondern eine sinnvolle Qualität für wichtige Dinge.

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde

Die Zeiten, in denen wir leben, haben wir uns nicht ausgesucht. Aber wir entscheiden, wie wir mit den Herausforderungen umgehen. Hoffnung ist gerade jetzt, angesichts von Krieg und terroristischer Bedrohung, von hoher Inflation und gesellschaftlichen Spannungen, ein kategorischer Imperativ. "Wenn nicht jetzt, wann dann?", heißt es dazu in den "Sprüchen der Väter" im Talmud. Immer noch befinden sich 136 Menschen in der Gewalt der barbarischen Hamas. Am Sonntag werden 100 Tage seit dem 7. Oktober 2023 vergangen sein. Meine größte Hoffnung ist, dass diese aus Israel entführten Menschen befreit werden. Ich gebe auch die Hoffnung nicht auf, dass noch mehr Mitglieder der internationalen Gemeinschaft den Druck auf die Terroristen erhöhen. Die Befreiung der Geiseln und das Ende der Terrorherrschaft im Gazastreifen werden auch die unschuldigen Palästinenser befreien. Und ich hoffe auf noch mehr Engagement gegen Antisemitismus in Österreich. Trotz der steigenden Zahl an Übergriffen und Drohungen ist mir die Solidarität, die die jüdische Gemeinde aus weiten Teilen der Bevölkerung erfährt, ein Hoffnungsschimmer.

Vertrauen wir der Jugend

Margit Kraker, Präsidentin Rechnungshof

Es ist ein gutes Land. Wo habt ihr dessengleichen schon gesehen?", fragt Franz Grillparzer. 2024 ist es nicht leicht, so optimistisch zu sein. Wir wissen, was zu tun ist: die Arbeitswelt modernisieren, mit Löhnen ein unabhängiges Leben ermöglichen, Pflege und Pensionen absichern, Menschen sozial unterstützen, der Klimakrise durch verantwortliches Handeln begegnen, für Sicherheit und Integration sorgen. Und vieles mehr. Das Wichtigste ist aber: Vertrauen wir der Jugend und geben wir ihr die Möglichkeiten in die Hand, ihr Leben nach ihren Plänen zu gestalten. Man wünscht sich, dass von den Verantwortlichen mehr Energie für die Aktivierung der Fähigkeiten in unserer Gesellschaft verwendet wird als für Spielereien auf politischen Nebenschauplätzen. Denn das bringt uns nicht weiter. Umgekehrt gibt es Hoffnung, wenn wir alles tun, um die Jugend zu solidarischen, selbstbewussten Menschen zu machen. Der Egoismus möge der Vergangenheit angehören, der Zukunft gehört eine aufgeschlossene, flexible Grundhaltung, die wir für die vielen Herausforderungen brauchen. Wenn wir es schaffen, neue Wege gemeinsam zu gehen, bleibt es ein gutes Land.

Das große "Trotzdem"

Martin Schenk, Sozialexperte der Diakonie

"Ich hab den Blues", eine Redewendung, um den Weltschmerz auszudrücken, der einen in diesen Zeiten umfangen kann. In der Musik des Blues erklingt eine traurige Note, aber nicht nur. Es geht bei Hoffnung immer um ein großes "Trotzdem". Das spricht etwas Gemeinschaftsstiftendes an, das in dunklen Momenten entsteht, den Entschluss, sich zu behaupten. Ein Statement sowohl gegen den Weltverbesserungskitsch als auch gegen das Aufgeben. Hoffnung ist etwas anderes als Optimismus. Die Hoffnung nimmt die Dinge so tragisch, wie sie sind. Da haben falsche Vertröstungen und das Nichternstnehmen von Leid keinen Platz. Der Blues spricht etwas Dynamisches an, die Kraft, sich zu behaupten. Er verwehrt sich dagegen, als Panzer auf zwei Beinen durch die Welt zu gehen, die Angst zu verleugnen und auf autoritäre Führer zu werfen. Er verschaut sich nicht in die jungen Blender, die idealisiert zu einer inneren Instanz werden, sogar das Gewissen ersetzen. Armut, Gewalt, Kränkungen. Der Blues sieht den Schmerz. Die Hoffnung versucht, ihn zu verwandeln. Gemeinsam.

Vertrauen in unsere eigenen Fähigkeiten

Wolfgang Sobotka, Nationalratspräsident

In der aktuellen Zeit, die von sehr großen Herausforderungen geprägt ist, schöpfen wir Hoffnung aus dem Vertrauen in unsere eigenen Fähigkeiten und Stärken. Diese erlauben uns, selbst in den schwierigsten Momenten neue Perspektiven aufzuzeigen und die Tür zu neuen Wegen zu öffnen, die in scheinbar ausweglosen Situationen verborgen liegen. So erkennen wir die ermutigende Sinnhaftigkeit unserer Arbeit. Hoffnung entsteht insbesondere dann, wenn sich der erwünschte Erfolg einstellt. Er bestärkt uns in unserem Handeln und zeigt, dass sich Ausdauer und Einsatz lohnen.

Besonders ermutigt mich der Gedanke, in unserem großartigen Land mit einer so vielversprechenden Zukunft leben zu dürfen. Eine Zukunft, die durch den starken sozialen Zusammenhalt geprägt ist und in der es sich lohnt, sich für seine Mitmenschen einzusetzen. Aber auch Veränderung kann Hoffnung schenken. Sie zeigt, dass künftige Herausforderungen stets lösbar sind, und motiviert uns, aktiv an der Zukunft Österreichs mitzuwirken.

Große Begeisterung und ehrliche Freude

Roswitha Stadlober, ÖSV-Präsidentin

Die große Begeisterung und ehrliche Freude, die ich rund um die Wettkämpfe unserer Athlet: innen erlebe, egal ob bei Ski-Austria-Events daheim in Österreich oder im Ausland, zeigt mir immer wieder aufs Neue die verbindende Kraft des Sports. Entlang der Pisten, Schanzen und Loipen sowie auf den Tribünen leben Alt und Jung und Menschen aus unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten und verschiedensten Nationalitäten neben- und vor allem miteinander ihre Leidenschaft für den Sport aus. Dieser Spirit macht mir Hoffnung, insbesondere wenn ich Kindern und Nachwuchssportler:innen beim Ausüben ihres Sports zusehe und ihre Freude im Training und im Erbringen von Leistung erleben darf. Wenn sich das gelebte Fair Play, das Verbindende des Sports, die Freude und Begeisterung sowie das Miteinander in den Alltag unserer Gesellschaft übertragen, dann können wir gemeinsam zuversichtlich in die Zukunft blicken, denn gemeinschaftlich lassen sich bekanntlich die größten Hürden überwinden.

Wie aus Ohnmacht Stärke wird

Elke Kahr, Bürgermeisterin von Graz

Wir alle können dort, wo wir leben, etwas zum Positiven verändern. Zwischendurch kann man auch verlieren, das ist schon richtig, und ich weiß, wie es sich anfühlt. Angesichts von Niederlagen und sich auftürmenden Problemen die Hoffnung zu bewahren, ist nicht immer einfach. Aber was ist die Alternative? Aufzugeben ist keine.

Viele unserer Probleme mögen erdrückend wirken und uns ein Gefühl von Ohnmacht geben, doch wir können unseren Blick immer auf das Nächstgelegene richten, auf die Menschen, unsere Umwelt, auf Zusammenhalt. Dann verschwindet das Gefühl von Ohnmacht, dann sehen wir, wie viel wir tun können, und durch das Tun verschwinden auch die Ängste. Nichts ist alternativlos und es gibt immer einen Ausweg. Aus der vermeintlichen Ohnmacht wird auf diese Weise eine Stärke.

Das Fundament eines ausgewogenen Lebens

Ümit Vural, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft

Nomen est omen: Mein Vorname, Ümit, bedeutet auf Deutsch "Hoffnung".

Namen beeinflussen Identität und soziale Wahrnehmung. Die Bedeutung meines Namens geht über die Übersetzung hinaus und prägt mich stark. Hoffnung ist für mich das Fundament eines ausgewogenen Lebens. Sie ist ein beständiger Antrieb, auch in schweren Zeiten positiv zu denken. Die Fähigkeit zur Veränderung und Solidarität sind Quellen der Hoffnung. Die Bereitschaft, aus Erfahrungen zu lernen, und kleine Taten der Menschlichkeit stärken die Zuversicht. Im Islam wird Hoffnung durch das Wort "Amal" ausgedrückt. Muslim:innen finden Hoffnung in der Barmherzigkeit Gottes und glauben, dass positive Veränderungen selbst in herausfordernden Zeiten möglich sind. Die islamische Lehre betont Geduld, Optimismus und die Erwartung Gottes Gnade. Hoffnung im Islam führt zu guten Taten, Vertrauen und spirituellem Bewusstsein.

Ich bleibe meinem Namen treu: Der Schlüssel für ein erfülltes Leben ist das Vertrauen in die Kraft der Hoffnung!

Viele würden gerne mit uns tauschen

Alexander Schallenberg, Außenminister

Das vergangene Jahr 2023 wird als ein schwieriges in die Geschichte eingehen. Das kommende verspricht, um nichts weniger herausfordernd zu werden. Täglich erreichen uns Nachrichten von Kriegen, Krisen und Konflikten. Vor allem in Europa ist die Stimmung getrübt, der Blick auf die Zukunft allzu oft pessimistisch. Aus meiner Sicht besteht dazu jedoch kein Anlass: Ja, Realismus ist gefragt -aber gewiss keine Schwarzmalerei. Österreich und Europa durften in den vergangenen Jahrzehnten eine außergewöhnliche Phase des Friedens und des Fortschritts erleben, unser Lebensmodell ist im internationalen Vergleich ein durchschlagender Erfolg. Auf meinen Reisen mache ich immer wieder die Erfahrung: Ein Großteil der Länder weltweit würde gerne mit uns tauschen. Demokratie, freie Marktwirtschaft und der uneingeschränkte Wettbewerb der Ideen haben uns stark und wohlhabend werden lassen. Diese Grundsätze sind eine Stärke, keine Schwäche unseres Systems. Sie werden uns auch gut durch das Jahr 2024 bringen. Das macht mir Hoffnung.

Die Grundkonstanten des Lebens wanken nicht

Christoph Schönborn, Erzbischof von Wien

In 79 Lebensjahren habe ich viele dramatische Zeiten erlebt, düstere Wolken am Horizont. Auch gegenwärtig erleben wir Dramatik und haben Sorgen - und es wird nicht das letzte Mal gewesen sein. Was hat mir in Krisenzeiten Hoffnung gegeben? In einem 3.000 Jahre alten Psalm sagt Gott: "Mag wanken die Erde mit all ihren Bewohnern, ich selber habe ihre Säulen fest gegründet." Mir hilft dieser Gedanke: Es gibt die wunderbaren Grundkonstanten des Lebens, die nicht wanken. Menschen werden auch in Zukunft geboren werden. Jedes Neugeborene ist ein neues Wunder. Wer es in Händen hält, erfährt etwas vom Wunder des Lebens. Vom Wunder einer guten Welt, die Gott geschaffen hat. Eine andere sichere Grundkonstante ist der Tod - wenn man über Schmerz und Trauer hinaus hoffen kann, dass er nicht das letzte Wort ist, sondern Vollendung des Lebens und Durchgang zum ewigen Leben danach. Hinter allen Wunden der Welt auch die Wunder der Welt sehen -das schenkt mir unverwüstliche Zuversicht.

Hoffnung macht die engagierte Jugend

Helga Kromp-Kolb, Klimaforscherin

Hoffnung macht, dass es eine besorgte und engagierte Jugend gibt, die bewirkt hat, dass Menschen allen Alters und aus allen Lebenswelten sich organisieren und gemeinsam ideenreich für eine gute Zukunft kämpfen. Hoffnung macht, dass immer mehr Menschen sinngebende Veränderung wollen und dadurch auch Bewegung in die Parteienlandschaft kommt. Hoffnung macht nicht zuletzt der Aufschwung, den die erneuerbaren Energien durch die Energieturbulenzen der letzten Jahre erfahren haben - diese Entwicklung ist wohl nicht mehr zu bremsen.

Wir sind ein Land, das auf Miteinander setzt

Karl Nehammer, Bundeskanzler

Österreich steht viel besser da und ist viel stärker, als wir es uns selbst oft zutrauen. Es gibt Zuversicht, wenn man nicht Teil der Hysterie und Aufregung ist, die immer größer wird. Sondern wenn man darauf blickt, was wirklich da ist. Ich war und bin viel im Land unterwegs und habe Menschen aus allen Lebensbereichen getroffen und kann mit voller Überzeugung sagen: Wir können stolz sein auf unser Österreich. Unsere Exzellenz ist Weltspitze, immerhin forschen Nobelpreisträger in Österreich. Unsere Ehrenamtlichen sind einzigartig auf der Welt und leisten Unglaubliches! Unsere Landwirte produzieren auf dem höchsten Niveau Lebensmittel vor Ort hier in Österreich. Unsere Unternehmen exportieren in die ganze Welt. All das ginge nicht ohne fleißige und tatkräftige Menschen in unserem Land, die jeden Tag aufstehen und arbeiten gehen. Und dann gibt es auch die, die ihr Leben in den Dienst stellen, um anderen zu helfen, wie das die Pflegerinnen und Pfleger jeden Tag tun. All das zeigt: Wir sind ein Land, das auf das Miteinander setzt. Und wir leben in einem der friedlichsten und sichersten Länder der Welt. Wenn man über den Tellerrand blickt: Wer kann das schon alles von seinem Land behaupten? Damit das so bleibt, müssen wir uns in Österreich weiter auf die Werte besinnen, die unser Land in den vergangenen Jahrzehnten groß gemacht haben. Ich glaube an ein Österreich, in dem es möglich ist, sich aus eigener Kraft Wohlstand aufzubauen und gleichzeitig solidarisch miteinander zu sein. Ebenso müssen wir unsere österreichische Identität schützen und unsere freie Gesellschaft gegen all jene verteidigen, die es nicht gut mit uns meinen.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 1+2/2024.