Demokratie – die Herrschaft des Volkes?

„Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus". So steht es in der Verfassung. Aber was heißt das eigentlich? Und wie gut funktioniert das?

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Demokratie: Viele Hände, die mitbestimmen © Bild: iStockphoto

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Was ist eine Demokratie?

Grob lässt sich bei Demokratie zwischen einer engen und einer weiten Definition unterscheiden. Ein enges Verständnis fasst Demokratie als politisches System oder als Staatsform. Als demokratisch gilt ein Staat dann, wenn er gewisse demokratische Prinzipien erfüllt, zum Beispiel die Gewährleistung von freien Wahlen, die Freiheit der Presse und Meinungsäußerung, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und vieles mehr.

Davon unterschieden wird die Demokratie als „Lebensweise“ oder als politisches Prinzip. Demokratie ist hier nicht auf den Staat oder die Politik beschränkt, sondern soll in sämtlichen Lebensbereichen und für alle Mitglieder einer Gesellschaft gelten. Demokratisch soll es demnach auch im Sportverein, in der Wirtschaft, in der Familie, am Arbeitsplatz oder in der Schule zugehen.

Die Prinzipien einer Demokratie

Das Wort Demokratie stammt aus dem Griechischen und setzt sich zusammen aus dḗmos (Volk) und krátos (Herrschaft). Demokratie bedeutet demnach „Volksherrschaft“. Auf die altgriechischen Stadtstaaten, etwa. 500 v. Chr., gehen auch die Ursprünge der Demokratie zurück.

Heute werden (meist mit Verweis auf die Französische Revolution von 1789) Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit bzw. Solidarität als Prinzipien der Demokratie genannt. Umstritten ist vor allem das jeweilige Verhältnis der Prinzipien zueinander. So wird v.a. in Europa und den USA das Prinzip der Freiheit deutlich höher gewichtet als jenes der Gleichheit. In (ehemaligen) sozialistischen Staaten war (zumindest auf dem Papier) das Prinzip der Gleichheit dominant.

Sogenannte Radikale Demokrat:innen fordern, die Prinzipien Freiheit, Gleichheit und Solidarität zu radikalisieren, das heißt, sie auf möglichst viele Bereiche der Gesellschaft auszudehnen. Wichtig ist hierbei die Forderung, die demokratischen Prinzipien auf alle Mitglieder eines Gemeinwesens auszudehnen – und nicht nur auf jene mit einer Staatsbürger:innenschaft.

Instrumente der Demokratie

Freiheit, Gleichheit und Solidarität können in einer Gesellschaft in vielerlei Weise verwirklicht werden. Das bekannteste Instrument ist die Wahl von Vertreter:innen des Volkes, die in einem Parlament das Volk repräsentieren sollen. Hierbei spricht man von einer Repräsentativen Demokratie. Ergänzend gibt es weitere Instrumente. Volksbegehren, Volksabstimmungen und Referenden zählen zu den Instrumenten einer Direkten Demokratie. Ein Instrument Partizipativer Demokratie sind Bürger:innenbeteiligungverfahren. Diese können auf lokaler Ebene stattfinden, wenn es zum Beispiel um die Gestaltung des Ortsplatzes geht, oder auf nationaler Ebene, wie beim österreichischen Klimarat.

In einer weiten Definition von Demokratie zählen auch betriebliche Mitbestimmung, zum Beispiel durch die Wahl eines Betriebsrats, die Wahl des Vorstands im Tennisverein oder die Entscheidung über die Verteilung der Aufgaben im Haushalt zu einer demokratischen Lebensweise.

Schwächen einer Demokratie

Bei demokratischen Instrumenten handelt es sich also um Versuche, die Prinzipien Freiheit, Gleichheit und Solidarität zu verwirklichen – dies gelingt mal mehr, mal weniger. Zu den zentralen Schwächen der Repräsentativen Demokratie zählt, dass die Interessen von Reichen und Vermögenden im Regelfall stärker vertreten sind. Abgeordnete des Österreichischen Parlaments sind überdurchschnittlich oft Angehörige der oberen Mittelschicht bzw. der Oberschicht.

In vielen Fällen hat die Repräsentative Demokratie zunehmend ein Legitimationsproblem, das heißt (zu) große Teile der Bevölkerung sind von Wahlen ausgeschlossen oder nehmen nicht daran teil. So ist die Teilnahme an Wahlen meist Staatsbürger:innen vorbehalten, was in Wien zum Beispiel dazu führt, dass rund ein Drittel der Bevölkerung nicht an den Gemeinderatswahlen teilnehmen darf. Außerdem beteiligen sich Angehörige mit niedrigem Einkommen deutlich weniger an Wahlen wie die Oberschicht.

Wie kann eine Demokratie gestärkt werden?

Zur Stärkung einer Demokratie gibt es viele Ansätze. Einer davon besteht in dem Versuch, das demokratische Bewusstsein der Bevölkerung zu stärken. Vor allem in der Schule sollen Schüler:innen stärker als bisher mit den demokratischen Prinzipien vertraut gemacht werden und von Kindesbeinen an über Vor- und Nachteile von Demokratie unterrichtet werden. Darüber hinaus bieten verschiedene Organisationen Lern- und Infomaterial an, zum Beispiel das Demokratiezentrum Wien, die Demokratiewebstatt, Mehr Demokratie oder das Austrian Democracy Lab.

Als König:innenweg zu mehr Demokratie gelten Instrumente der Partizipativen Demokratie. Die Annahme dahinter lautet, wenn Menschen sich nur einmal demokratisch beteiligen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie dies in Zukunft wieder tun. In Vorarlberg können Bürger:innen zum Beispiel seit 2013 selbst einen Bürgerrat zu einen von ihnen gewählten Thema einberufen. Untersuchungen zeigen, dass sich jene Vorarlberger:innen, die sich an Bürgerräten beteiligten, auch später öfter demokratisch einbringen. Ebenso zeigen Studien, dass jene Lohnabhängigen, die regelmäßig an Betriebsratswahlen teilnehmen, bei Nationalratswahlen regelmäßiger ihr Kreuzchen setzen.

Unter Radikalen Demokrat:innen ist oft die Forderung nach dem „Primat der Politik über die Wirtschaft“ zu hören. Sie (und viele andere) kritisieren, dass sich politisches Handeln in unseren demokratischen Gesellschaften nicht an den Prinzipien der Demokratie, sondern an den Prinzipien der Wirtschaft orientiert. Nicht der Ausbau der Demokratie, sondern das Wachstum der Wirtschaft stehe im Vordergrund. Um die Demokratie zu stärken, müsste sich eine Gesellschaft also weniger an Wirtschaftswachstum und Profitinteressen orientieren. Insgesamt gelten gleichere Gesellschaften, also solche mit geringerer sozialer Ungleichheit, auch als demokratischere Gesellschaften.

Demokratie in Österreich

Im Artikel 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) heißt es: „Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus". Bis dieser Artikel festgeschrieben wurde, war es ein weiter Weg. Einen ersten Schritt Richtung Demokratie machte Österreich während der bürgerlichen Revolution von 1848. Damals wurden erstmals Forderungen laut, die Herrschenden sollten ihre Macht teilen und alle männlichen Bürger sollten sich an Wahlen beteiligen dürfen.

Die Republik Österreich wurde 1918 als demokratischer Staat gegründet. Doch bereits 1933 wurde das Parlament durch Engelbert Dollfuß und seine Christlichsoziale Partei erneut aufgelöst, die Verfassung außer Kraft gesetzt und die Republik durch einen faschistischen Ständestaat ersetzt. Nach dem Ende Nazidiktatur 1945 wurde die Zweite Republik gegründet, welche auf der Verfassung von 1918 aufbauen und demokratische Rechte sukzessive Ausbauen sollte.

Demokratie international

Laut dem Democracy Index des britischen Economist galten 2021 insgesamt 21 Länder als „vollständige Demokratien“. Dieser Wert hat sich seit 2006 halbiert. Spitzenreiter sind die skandinavischen Länder und Neuseeland. Bewertet werden hierbei der Wahlprozess, Pluralismus, demokratische Freiheiten, politische Beteiligung und die Funktionsfähigkeit der Regierung. Unter diesen 21 Ländern belegt Österreich den 20. Platz. Vor allem in Sachen „politische Kultur“ und „Funktionsfähigkeit der Regierung“ bekam Österreich negative Bewertungen. Auf dem letzten Platz landete Afghanistan. Insgesamt leben laut der Analyse 45,7 Prozent der Erdbevölkerung in einer Demokratie.