Erklärungsversuch
Warum gibt es noch Armbanduhren?
Wolfgang Kralicek über das Schmuckstück des Mannes
Eigentlich müssten Armbanduhren längst vom Markt verschwunden sein wie VHS-Rekorder, Fangriemen oder Autotelefone. Wer wissen will, wie spät es ist, schaut einfach auf sein Handy, und das muss man nicht einmal aufziehen. Interessanterweise kann von einer Krise der Uhrenindustrie dennoch keine Rede sein. Viele Menschen, vor allem Männer, wollen auf die Armbanduhr nicht verzichten, manche geben dafür sogar richtig viel Geld aus. Sie kaufen Taucheruhren, mit denen sie den Marianengraben erforschen könnten, planschen dann aber höchstens im Attersee. Ginge es nach der Größe ihrer Pilotenuhren, müssten sie im Flugzeug nicht in der Economyklasse, sondern im Cockpit sitzen. Und obwohl Wettkampf für sie nur bedeutet, es halbwegs pünktlich ins nächste Meeting zu schaffen, könnten ihre Chronographen auf Tausendstelsekunden genau stoppen. Die Armbanduhr gilt als das Schmuckstück des Mannes, von ihrer Funktion hat sie sich längst emanzipiert. Genau das war übrigens der Denkfehler bei der Apple Watch: Das sollte eine Uhr sein, die auch für Smartphonebenutzer wieder Sinn macht. Der Reiz von Armbanduhren aber ist ja gerade, dass sie so sinnlos sind. Nur deshalb kann man dafür auch Summen verlangen, die man rational nicht begründen kann.