Lügen, die wir nicht mehr
über Sex erzählen sollten

Überholte Ansichten, die längst aufgeklärt gehören.

von Teenager © Bild: istockphoto.com/© 2014 Tommaso Tagliaferri

Es ist schon erstaunlich, dass wir in der heutigen Zeit, in der Sex allgegenwärtig ist, aufklärungstechnisch noch immer überrascht werden können. Conchita Wurst und Caitlyn Jenner halfen uns dabei, überholte Geschlechterrollen neu zu definieren. Und eine mutige Amerikanerin, die während ihrer Periode ohne Tampon an einem Marathon teilnahm, setzte eine wahre "Menstruationsrevolution" in Gang. Doch es gibt noch mehr überholte Vorstellungen von Sexualität. Hier kommen 13 Lügen, die wir nicht mehr erzählen sollten.

1: Jungfräulichkeit existiert

In der Dokumentation "Wie man seine Jungfräulichkeit verliert" (2013) von There Shechter wird eine simple Frage gestellt: Was ist überhaupt eine Jungfrau? Die Antwort darauf ist komplizierter, als Sie glauben. Die gebräuchliche Vorstellung von Jungfräulichkeit basiert auf einer heteronormativen, Männer zentrierten Definition von Sex. Und zwar der Penis-in-Vagina-Penetration. Doch was ist mit Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern? Ebenfalls nicht inkludiert sind Oral- und Analsex, Fälle bei denen "er nicht ganz drinnen war", Vergewaltigung und emotionale Intimität.

2. Jungfräulichkeit erkennt man am Jungfernhäutchen

Jungfräulichkeit wird nicht nur falsch definiert, sie ist auch medizinisch nicht feststellbar. Das gilt auch für das Jungfernhäutchen. In der Jugend wird es immer dünner und kann ganz leicht reißen - egal ob man Trampolin springt, Pferde reitet oder ganz normal Sport macht. Manche Frauen werden sogar ganz ohne Hymen geboren.

Die Vorstellung von einem blutigen Leintuch hält sich hartnäckig über die Jahre, obwohl mehr als die Hälfte der Frauen bei der ersten Penetration überhaupt nicht blutet. Die Hartnäckigkeit dieses Mythos, den dieses grundsätzlich irrelevante anatomische Merkmal umgibt, hat sogar einen Markt für künstliche Jungfernhäutchen und für rekonstruktive Operationen, die die Jungfräulichkeit wiederherstellen sollen, geschaffen.

3. Alle Frauen wurden mit Vaginas geboren

Es gibt einen Unterschied zwischen dem biologischen Geschlecht und der Identifizierung mit demselben. Es sollte klar sein: Trans-Frauen sind Frauen. Punkt.

4. Das erste Mal tut furchtbar weh

Der meiste Schmerz, von dem jungen Mädchen erzählt wird, wird durch eine extreme Muskelanspannung verursacht, die auf Nervosität zurückzuführen ist. Blut kommt ins Spiel, wenn die Vagina nicht ausreichend feucht ist bzw. weil man noch unerfahren im Liebe machen ist - nicht durch das Reißen des Jungfernhäutchens. Die Schmerzen beim Sex sind so eine selbsterfüllende Prophezeiung: Wenn wir aufhören würden, unseren Mädchen Angst davor einzujagen, würden sich wohl alle wohler mit der Sache fühlen.

5. Wer einem etwas kauft, dem schuldet man was

Es ist vollkommen egal, ob es sich um einen Drink oder eine Diamanten-Kette handelt: Man "schuldet" nie jemandem Sex. Niemals, erinnert Ross.

6. Zu viel Sex leiert aus

Die Wahrheit ist, dass Vaginas, genau wie Penisse, in der Größe variieren. Aber sie sind wie Gummibänder. Ein Baby zu haben, wird eine Vagina nicht "ruinieren" - viele Frauen sagen, es fühlt sich nach der Geburt einfach anders an. Wir sollten unseren Mädchen lernen, dass diese Unterschiede ganz normal und natürlich sind.

7. Frauen mögen keinen unverbindlichen Sex

Der Journalist Daniel Bergner schrieb in seinem Buch, dass die Sehnsüchte der Frauen "meistens nicht von dem Wunsch nach emotionaler Intimität und Sicherheit getrieben sind". Soll heißen: Frauen können sehr wohl Sex haben, ohne emotional involviert zu sein. Sehnsüchte sind oft sozial konditioniert worden: Vermeintliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern schwinden zum Beispiel in fortschrittlichen Generationen nachweislich mit der Zeit.

8. Frigide Frauen ergeben untreue Männer

Der Mythos der frigiden Frau beruht auf veralteten Vorstellungen von Frauen, die an Sex zu desinteressiert sind, um ihre Männer zu befriedigen. Anstatt Geschlechter-Stereotypen für Seitensprünge verantwortlich zu machen, sollte man beginnen persönliche Verantwortung zu übernehmen. Und andersrum sollten Männer nicht wie Tiere behandelt werden, die sich nicht selbst kontrollieren können.

9. Während der Periode kann man keinen Sex haben

London Marathon - Protestaktion
© Kiran Gandhi

Wenn es einen davor graust, ist das eine Sache, aber es ist physikalisch möglich und sicher. Sex während der Periode kann sogar Krämpfe lindern und manche Frauen berichten, sie verkürze sich, wenn sie in der Zeit sexuell aktiv sind. Aber Achtung: Es ist möglich, während der Periode schwanger zu werden oder sich mit Geschlechtskrankheiten anzustecken!

10. Sex muss manchmal weh tun

Sex sollte eigentlich nicht schmerzen, doch vielen Frauen ergeht es dabei so. Wenn ihre Muskeln nicht bereit sind, locker zu lassen, kann es weh tun. Manche Frauen benötigen ein zwanzigminütiges Vorspiel um so zu relaxen, dass eine Penetration möglich ist. Bei anderen sind es medizinische Gründe, die viele gar nicht kennen. Doch dafür gibt es Hilfe: Wenn Sex schmerzt, sollte man einen Spezialisten aufsuchen.

11. Mittendrin kann man nicht mehr "Stop" sagen

Man kann seine Meinung jederzeit ändern, auch mittendrin im Liebesspiel. Der Partner muss das akzeptieren.

12. Frauen sehen sich keine Pornos an

Forschungen haben ergeben, dass weibliche Gehirne ebenso stark reagieren, wie männliche, wenn sie Filme mit pornografischen Inhalten sehen. Viele Frauen verspüren eine Abneigung für Pornos, das bedeutet aber nicht, dass sie sie nicht genießen würden. Vielleicht müsste nur der Markt für "Frauen freundliche" Filme größer sein, denn - wie es Debby Herbenick von Kinsey Institut anmerkt - das Problem mit den meisten Pornos ist, dass sie von Männern für Männer gemacht werden.

13. Sexuelle Belästigung ist normal

Eine verstörende neue Studie ergab, dass sexuelle Belästigung für viele jungen Frauen zum Alltag gehört und als normal angesehen wird. Mädchen sollten so nicht denken, sie sollten wissen, dass sexuelle Nötigung unakzeptabel ist und der Spruch "So sind Buben eben" beiden Geschlechtern Schaden zufügt. Körperliche Autonomie ist einfach nicht diskutierbar.

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