Virtual Reality für Konsole:
Das taugt Playstation VR

Sonys Headset startet ab sofort im Handel: Das Gerät und die Erlebnisse im Überblick

2016 ist für Virtual Reality das Jahr des Comebacks: Nach Oculus Rift und HTC Vive geht ab sofort auch Sony mit Playstation VR ins Rennen um neue Erlebniswelten. Alles, was man in diesem Fall dafür braucht, ist eine Playstation 4 samt Kamera. Aber ist das alles nur Hype oder zahlt es wirklich schon aus? News.at konnte Sony Headset vorab testen und sich einen Eindruck verschaffen.

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Technik-Check - Virtual Reality für Konsole:
Das taugt Playstation VR

Zum Greifen nahe zieht ein Schwarm kleiner Fische vorbei. Man hat keine Kontrolle über den Käfig, in dem man langsam in die Tiefen des Meeres hinabgleitet. Das Licht wird schwächer, der Puls steigt. Ein paar Mantarochen segeln am Riff entlang, bevor man ein U-Boot-Wrack am Meeresgrund erkennen kann. Der Käfig bleibt stehen. Beklemmende Stille. Wie aus dem Nichts taucht ein riesiger Hai auf und beginnt, den Käfig zu umkreisen. Ehe man sich nach ihm umsieht, verbeißt er sich im Gitter und zeigt sein furchterregendes Maul. Panik! Der Käfig beginnt sich wieder nach oben zu bewegen, der Hai greift noch einmal an und reißt ein Stück vom Schutzgitter heraus. Die Nerven liegen blank. Plötzlich brechen Felsen aus dem umliegenden Riff, der Hai wird vertrieben. Und die Demo endet. Herzlich willkommen in der Virtual Reality.

© Sony Interactive Entertainment Die Begegnung mit dem Weißen Hai ist auch virtuell sehr einprägsam

Virtual...wie bitte?

Der Ausschnitt aus dem Spiel "The Ocean Descent" für Playstation VR ist ein spannendes Beispiel dafür, wozu Virtual Reality derzeit schon imstande ist. Man setzt sich eine Brille mit integriertem Bildschirm auf, blendet das reale Umfeld aus und kann zum Beispiel in Meereswelten abtauchen, hinterm Steuer eines Rennwagens Platz nehmen oder auf der Kommandobrücke eines Raumschiffs. Im Wohnzimmer zeichnet eine Kamera die Bewegungen des Benutzers auf und sorgt für die Illusion, dass man sich unmittelbar in der jeweiligen Umgebung befindet und frei darin umsehen und bewegen kann.

Voraussetzungen und Kosten

Die Veröffentlichung von Playstation VR am 13. Oktober könnte deshalb eine neue Ära für Virtual Reality im Heimbereich einläuten, denn das System spricht erstmals ein Millionenpublikum an. Mit Oculus Rift und HTC Vive gibt es zwar bereits zwei Virtual-Reality-Systeme für den PC. Sie sind Playstation VR technisch überlegen, kosten aber fast doppelt so viel und man braucht dafür einen teuren Spiele-PC. Dementsprechend bedienen sie nur eine kleine Nische zahlungskräftiger Enthusiasten. Playstation VR benötigt als Zuspielgerät lediglich eine Playstation-4-Konsole, die weltweit schon in mehr als 40 Millionen Haushalten steht, sowie eine Kamera. Die Nachfrage bestätigt diesen Vorteil: Die Erstlieferung von Playstation VR gilt im deutschsprachigen Raum schon lange als ausverkauft. Wochenlange Wartezeiten bis Jahresende und enttäuschte Gesichter unterm Christbaum sind für das Gadget des Jahres nicht auszuschließen.

© Sony Interactive Entertainment Brille alleine reicht nicht: Playstation 4 und Kamera müssen es mindestens noch sein

Wer Playstation VR derzeit bekommen sollte, der muss mit Kosten von 399,- Euro für das Basispaket rechnen. Darin enthalten sind Brille, Rechnereinheit, Kopfhörer, acht Spieledemos und alle benötigten Kabel. Zwingend erforderlich ist darüber hinaus wie gesagt eine Playstation 4 sowie eine Playstation-4-Kamera für knapp 60 Euro. Alle Spiele können prinzipiell mit einem herkömmlichen Playstation-4-Controller gespielt werden, optional funktioniert das bei ausgewählten Titeln auch mit der Bewegungssteuerung Move. Die zwei Move-Controller kosten jeweils knapp 40 Euro.

Komfortabler Einstieg

Die Installation von Playstation VR ist gut dokumentiert und geht dementsprechend leicht von der Hand. Der Kabelsalat nach erfolgtem Aufbau ist allerdings beachtlich und legt nahe, das Equipment komplett wegzupacken, wenn man mal länger nicht damit spielen sollte. Dennoch erfreulich: Die mitgelieferten Kabel sind lange genug, um auch in geräumigeren Zimmern keine Probleme zu bereiten und dem Spieler gleichzeitig genug Bewegungsfreiraum zu bieten. Es empfiehlt sich übrigens, die Kamera möglichst nahe zum Benutzer zu stellen. Im Test wurde sie anfangs nahe zur Playstation 4 beim TV-Rack positioniert, wodurch es zu Problemen mit der Spielererkennung kam. Erst als die Kamera näher herangezogen wurde, funktionierte sie einwandfrei.

© Sony Interactive Entertainment Der komplette Umfang des Basispakets von Playstation VR

Das Headset selbst überrascht vor allem durch den Tragekomfort: Im Gegensatz zur Konkurrenz ist die schaumgepolsterte Bildschirmbrille so konzipiert, dass das Hauptgewicht nicht auf Nacken oder Nasenrücken, sondern auf dem Vorderkopf bzw. der Stirn ruht. Das macht das Tragen der Brille unauffällig angenehm. Auch das Auf- und Absetzen geht sehr einfach von der Hand: Mit dem Druck eines Knopfes lässt sich der Befestigungsring um den Kopf lösen und platzieren, mit einem Drehrad wieder fixieren. Am Kabel zur Brille befindet sich eine Fernbedienung mit Power- und Mute-Button sowie eine Klinkenbuchse, um bei Bedarf Kopfhörer anstecken zu können.

Je nach Kopfform ist es nicht ausuzschließen, dass man anfangs mit den Gummiabdeckungen rund um das Display zu kämpfen hat. Es kann vorkommen, dass die Brille anläuft (wenn man mit der Nase versehentlich ins Visier atmet) oder dass Licht an den Seiten durchscheint (wenn das Umgebungslicht sehr hell ist). Beides lässt sich aber durch Zurechtrücken der Brille leicht in den Griff bekommen.

Solide Mittelklasse

Auch zum Scharfstellen des Bildes ist es erforderlich, dass man die Bildschirmbrille zurechtrückt. Die gebotene Bildqualität ist freilich nicht mit herkömmlichen Spielen am großen Bildschirm vergleichbar: Das liegt zum einen an der geringen Displayauflösung pro Auge (960 x 1.080 Pixel). Zum anderen müssen Spiele für die Brille mit einer Bildwiederholrate von 90 Hz laufen. Beides kostet viel Rechenleistung, was sich in deutlichen Abstrichen bei der Grafikqualität bemerkbar macht. Hinzu kommt ein eingeschränktes Blickfeld, das den Eindruck erweckt, als hätte man eine Taucherbrille auf.

© Sony Interactive Entertainment Das Headset ist überraschend bequem zu tragen und einfach in der Handhabung

Das Gefühl mitten in der Spielwelt zu stecken relativiert diese Defizite allerdings. Erstaunlich auch, dass die Kamera keinerlei Probleme hat, das Headset präzise zu erfassen. Der enge Erfassungswinkel erfordert lediglich eine nahe Positionierung zum Spieler. Ganz anders verhält es sich mit den optionalen Move-Controllern, die nach dem Test nicht uneingeschränkt zu empfehlen sind. Hier muss softwareseitig nachgebessert werden, die Erkennung ist im Gegensatz zur Brille noch recht fehleranfällig.

Im Vergleich zu den Systemen Oculus Rift und HTC Vive ist Playstation VR technisch sicherlich unterlegen. Der Abstand fällt in der Praxis aber viel geringer aus als es die preisliche Differenz eigentlich vermuten lässt. Kurzum: Playstation VR entpuppt sich als eindeutiger Preis-Leistungs-Sieger dieser neuen Generation.

Erlebniswelten mit Demo-Charakter

Aber selbst die beste technische Grundlage nützt wenig, wenn es keine spannenden Inhalte dazu gibt. Sony verspricht bis Jahresende an die 50 Titel anzubieten, von denen zum Start schon knapp die Hälfte verfügbar ist. Die Bandbreite reicht von Minispiel-Sammlung ("VR Worlds") über virtuelle Geisterbahn ("Until Dawn: Rush of Blood") und Weltraum-Shooter ("EVE: Valkyrie") bis hin zu futuristischem Roboter-Wettkampf ("Rigs - Mechanized Combat League"). Auch ein Rennspiel-Derivat ("Drive Club VR") ist mit an Bord. Kostenpunkt: Zwischen 19,99 Euro bis 69,99 Euro je Titel.

© Sony Interactive Entertainment Spannend, aber extrem kurz: Die Gangster-Action in "VR Worlds"

Ungeachtet des Preises erwecken die meisten Erfahrungen mit Virtual Reality aber noch den Eindruck einer Demo-Version und schaffen es kaum, über erste Wow-Effekte hinaus zu begeistern. Hier zeigt sich, dass man mit dieser Technologie auch und gerade bei den Inhalten noch am Anfang steht und Entwickler genauso erst damit experimentieren müssen, was funktioniert und was nicht. Mit Sony als großem Spiele-Publisher kann man allerdings davon ausgehen, dass der regelmäßige Spiele-Nachschub nicht so schnell zum Versiegen kommen dürfte.

© Warner Bros. Entertainment "Batman: Arkham VR": Zum Greifen nah, aber auch viel zu kurz

Besonders schade ist dieser Demo-Charakter etwa beim Spiel "Batman: Arkham VR". Das Gefühl, in die Rolle des Superhelden zu schlüpfen und detektivische Arbeit in Gotham City zu leisten, ist unglaublich mitreißend und sorgt oft für Gänsehaut. Es zeigt zudem, wieviel Potenzial Virtual Reality für Point'n'Click-Abenteuer bietet. Allein die Spielzeit ist so kurz ausgefallen, dass selbst ein Preis von 19,99 Euro nur schwer nachzuvollziehen ist.

Spielspaß? Feuer frei!

Drei Titel können zum Start besonders hervorstechen: Die Minispiel-Sammlung "VR Worlds" dürfte besonders für VR-Neulinge interessant sein, weil mit fünf sehr unterschiedlichen Spielen gezeigt wird, welche Möglichkeiten Virtual Reality bieten kann. Erfahreneren Spielern seien zwei spannende Mehrspieler-Erlebnisse nahegelegt. Dies ist zum einen der Weltraum-Shooter "EVE: Valkyrie", der bereits auf Oculus Rift Premiere feierte.

© Sony Interactive Entertainment Nicht jedermanns Geschmack: Das beste Spiel zum Start ist "Battlezone"

Das mit Abstand coolste Spiel für Playstation VR zum Start ist aber "Battlezone". Dabei handelt es sich um die Neuauflage einer Panzersimulation, die in den Achtzigerjahren von Atari in den Spielhallen gestanden ist. Die visuelle Präsentation abstrahiert das Geschehen mit grellen Farben und erinnert sehr stark an Disneys Science-Fiction-Spektakel "Tron". Vor allem aber die Kombination aus präziser Kontrolle über den Panzer und dem Gefühl sich mitten in den Schlachten zu befinden, verleiht "Battlezone" ein Spielerlebnis, das außerhalb der Virtual Reality nicht annähernd so spannend wäre. Und sie damit ein bisschen rechtfertigt. Es ist aber sicherlich auch ein recht spezieller Titel, der bestimmt nicht jedermanns Geschmack sein dürfte.

Fazit

Sony hat mit Playstation VR zweifelsohne einen soliden Start hingelegt. Das Headset ist überraschend komfortabel zu tragen und entpuppt sich mit geringen technischen Abstrichen als Preis-Leistungs-Sieger der aktuellen Virtual-Reality-Generation. Sollte man deshalb unbedingt vom Start weg dabei sein? Nicht unbedingt.

Abgesehen davon, dass die Wahrscheinlichkeit gering sein dürfte, am Anfang überhaupt ein Exemplar zu bekommen, wenn man nicht vorbestellt hat, kauft man sich derzeit noch eher kurzfristige Wow-Effekte als langanhaltend intensive Spielerlebnisse. Wer unbedingt jetzt schon beginnen möchte, macht aber bestimmt keinen Fehler. Unterm Strich ist die Hardware gelungen und das Manko der überschaubaren und kurzsichtigen Software-Bibliothek nur eine Frage der Zeit.

Playstation VR wurde vom Hersteller für einen befristeteten Testzeitraum zur Verfügung gestellt.

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