Die Macht der Emotionen

Experten sagen: Jeder kann seine Emotionen steuern

Freude, Kummer, Wut und Ekel: Sie alle sind die Hauptdarsteller des neuen Animationsfilms "Alles steht Kopf" (ab 1. Oktober im Kino) aus dem Hause Pixar, der hinter die komplexen Kulissen des menschlichen Bewusstseins blickt. Und auch wenn sie nur aus den Computern der Animationszeichner stammen, stehen sie für eine uralte Sehnsucht der Menschheit: in den Kopf des Menschen hineinschauen zu können, zu erfahren, was ihn antreibt. PLUS: GEWINNSPIEL!

von Gefühle © Bild: istockphoto.com/mentona

Welche Macht haben Emotionen tatsächlich über uns? Wie können wir sie beeinflussen? Und ab wann werden sie zur Belastung? Die Emotionsforschung steckt noch in den Kinderschuhen: Zu komplex ist das Gehirn aufgebaut, zu wenige Methoden existieren, um die diffizilen neurologischen Vorgänge wirklich exakt zu messen, sagt Thomas Klausberger.

Fest steht bisher, dass jeder Mensch, egal aus welchem Kulturkreis, mit Basisemotionen, die im Erbgut integriert sind, geboren wird. Angst, Freude, Wut, Ekel und Kummer werden im Lauf des Lebens unterschiedlich geprägt, dadurch, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen, welche Erlebnisse wir haben. Und Emotionen sind Prozesse, die unbewusst ablaufen. Erst, wenn sie eine gewisse Intensität erreichen, werden sie als Gefühl wahrgenommen und erzeugen einen positiven oder negativen Erregungszustand.

Emotionen sind das Immunsystem unseres Geistes. Ihre wichtigste Funktion: der Schutz vor lebensbedrohenden Gefahren. In Urzeiten bewahrte die Angst den Menschen davor, von einem Säbelzahntiger gefressen zu werden. Damals wie heute hilft der Ekel, Lebensmittel, die nicht verträglich sind, zu meiden und so den Körper gesund zu erhalten.

Freude

Pixars "Alles steht Kopf"
© Pixar

Glückliche Momente können durch Bilder, Gerüche und Geräusche reproduziert werden. Sie dienen als Ausgleich zu negativen Emotionen.
´Vom Haaransatz bis zur Zehenspitze - dass Freude die einzige menschliche Emotion ist, die im ganzen Körper spürbar ist, belegt eine finnische Studie. Freude kann belastende Emotionen ausgleichen. "Situationen, die uns glücklich gemacht haben, werden im Gehirn abgespeichert. Wenn es einem nicht gut geht, kann man sich daran erinnern. Denken Sie an die Gerüche und Geräusche, die Sie mit Glücksmomenten verbinden. Stellen Sie sich ein Foto aus dem Urlaub auf und schauen Sie es sich an, wenn es im Job nicht so gut läuft", sagt Psychotherapeut Kevin Hall.

Psychiaterin Jutta Leth meint: "Wenn wir Freude mit anderen teilen, wirkt sie stärker. Aber es muss auch klar sein: Das Leben besteht nicht nur aus Freude. Sehen Sie Krisen als Herausforderung. Wenn Sie sie gut bestehen, gehen Sie gestärkt daraus hervor. Denn in Krisen lernt man am meisten."

Kummer

Pixars "Alles steht Kopf"
© Pixar

Traurigkeit ist Teil unseres Lebens. Durch Lächeln, aufrechte Haltung und "Kummerzeiten" lässt sie sich positiv beeinflussen.
"Kummer entsteht, wenn Erwartungen nicht erfüllt werden. Er ist Teil unseres Lebens, und eine gewisse Zeit lang muss man ihn auch aushalten. Wenn er jedoch zu einer massiven Belastung wird, muss man sich Hilfe bei Ärzten und Therapeuten suchen", sagt Jutta Leth.

Traurigkeit, die wir vor allem im Brustbereich spüren, kann über den Körper positiv beeinflusst werden. Den Kopf hochhalten und die Brust herausstrecken führt dazu, dass man sich besser fühlt. Kevin Hall: "Man kann Gefühle durch den Körper beeinflussen. Lächeln Sie auch, wenn Ihnen nicht danach ist. Dadurch wird Serotonin ausgeschüttet -und wir fühlen uns besser. Oft hilft es, wenn man sich eine Stunde am Tag verordnet, in der man sich dem Kummer hingibt. Den Rest des Tages sollte man versuchen, dieses Gefühl auszuschalten, sich abzulenken. Ob das gelingt, hängt stark von der Intensität des Kummers ab."

Wut

Pixars "Alles steht Kopf"
© Pixar

Das beste Mittel gegen blinde Wut: den Raum zu verlassen und sich zu bewegen. Manchmal helfen sogar Zitronen und Chilischoten
Wut ist eine Emotion, die wir zwar alle im oberen Bereich des Körpers wahrnehmen, die aber bei Männern und Frauen unterschiedlich verteilt ist. So leiden Männer häufiger unter Wutausbrüchen als Frauen, sie dauern bei ihnen auch länger. Grund sind unsere Gene: Frauen müssen Kinder erziehen und dabei schneller zur Ruhe kommen. Männer hingegen brauchten Wut in früheren Zeiten, um im Kampf gegen Feinde bestehen zu können.

Tritt Wut auf, rät Coach Kevin Hall: "Durch Bewegung wird der Körper beruhigt. Verlassen Sie für mindestens 20 Minuten den Raum, gehen Sie kurz nach draußen, schwingen Sie Ihre Arme. Dadurch wird Adrenalin abgebaut." Bei Cholerikern hilft es, Reize zu setzen, die den Körper von ihrer rasenden Wut ablenken. Jutta Leth: "Ein eiskaltes Glas Wasser, in Zitronen oder in Chilis zu beißen setzt einen Gegenimpuls."

Ekel

Pixars "Alles steht Kopf"
© Pixar

Gedankenbilder, die mit guten Gerüchen verknüpft werden, und Parfüms können zumindest kurzfristig Abhilfe schaffen
Generell gilt: Wovor einen ekelt, das sollte man in jedem Fall auch meiden und sich zu nichts zwingen lassen -auch nicht von starkem Gruppendruck. Wird der Ekel vor Dingen und Tieren phobisch, wie zum Beispiel bei der Arachnophobie (Spinnenangst), kann nur noch eine professionelle Therapie helfen.

Bei Ekel (vor allem im oberen Kopfbereich und im Magen spürbar) vor Körpergerüchen anderer Menschen kann man jedoch selber etwas tun: "Mundgeruch und Schweiß sind für die meisten Menschen unangenehm. Wenn aber ein Kollege in der Arbeit schlecht riecht, kann man nicht vermeiden, ihm nahe zu kommen. In so einer Situation hilft es, sich auf das eigene Parfüm zu konzentrieren oder sich ein Bild, das man mit guten Gerüchen verbindet, intensiv ins Gedächtnis zu rufen. Das lenkt dann vom Reiz des unangenehmen Geruchs ab und lässt den Ekel vergessen", sagt Kevin Hall.

Angst

Pixars "Alles steht Kopf"
© Pixar

Ablenkung und ein vertrautes Umfeld nehmen uns unsere Sorgen. Wenn Angststörungen belastend werden, ist aber Hilfe nötig
Angst schnürt einem im wahrsten Sinn des Wortes die Brust ein, macht sie sich doch am stärksten im Brustkorb bemerkbar. In einer Angstsituation rät Psychiaterin Leth, sich durch Gespräche mit anderen Menschen abzulenken. Vertraute Umgebungen, Geräusche und Gerüche können beruhigen und signalisieren dem Gehirn, dass alles in Ordnung ist und wir in Sicherheit sind.

Vermeidet man angsteinflößende Situationen, wie mit der U-Bahn oder dem Lift zu fahren, auf Dauer, kann sich Angst verstärken und auf andere Lebensbereiche ausdehnen. Jutta Leth empfiehlt: "Deshalb sollte man 'am Rande der Angst' üben. Das bedeutet, dass man sich mit genau jener Situation, die einem Angst macht, konfrontiert - solange man es erträgt. Wenn die Angst krankhaft wird, muss man sich professionelle Hilfe holen. Von Alkohol zur Beruhigung ist wegen der Suchtgefahr abzuraten."

Jeder kann seine Emotionen steuern

Doch ist es tatsächlich möglich, die bunte Palette meist tief verwurzelter Gefühle so stark zu beeinflussen, dass dermaßen intensive Reaktionen wie Wut oder Angst in positive Empfindungen verwandelt werden können? Psychotherapeut Kevin Hall aus Wien: "Ja, jeder kann das lernen. Im ersten Schritt ist es notwendig, jene Bedürfnisse, die eine Emotion ausdrückt, zu erkennen und zu verstehen. Man muss sich fragen: Warum habe ich diese Emotion? Was will sie mir sagen?" Dabei geht es meist um Grundlegendes wie Sicherheit, Stabilität, Zuwendung, Anerkennung, Freiheit, Kontrolle. Kevin Hall rät, im zweiten Schritt zu überlegen, ob die Intensität der jeweiligen Emotion angemessen und es zielführend ist, so zu handeln, wie das Bauchgefühl rät: "Wut ist gerade bei Männern ein häufiges Thema. Viele kommen zu mir, weil sie das Gefühl haben, ihre Wut nicht unter Kontrolle zu bekommen."

Hilfe bei Gefühlsausbrüchen im Büro

Auch im beruflichen Miteinander können Gefühle als Treibstoff der Mitarbeitermotivation dienen. Die wichtigste Emotion im Job: Freude. So belegen Untersuchungen, dass Menschen Kollegen viel bereitwilliger unterstützen, wenn sie für sie positive Gefühle empfinden. Doch die sind nicht nur kurzfristig herstellbar, sie lassen sich lange im Gehirn speichern, können in Krisensituationen abgerufen werden. Ein Foto aus dem letzten Urlaub am Meer als Bildschirmschoner, ein Souvenir auf dem Schreibtisch oder ein Kleidungsstück, mit dem man schöne Erinnerungen verbindet -die meisten Menschen setzen diese Dinge unbewusst ein, um Gefühle wie Wut oder Kummer mit freudigen Erinnerungen auszugleichen. Kevin Hall empfiehlt, mittels Mentaltrainings schwierige Momente zu überwinden, etwa indem man beim Einschlafen an ein bestimmtes Bild aus dem Urlaub oder eine schöne Szene in der Freizeit denkt oder in Angstsituationen durch Atmen versucht, auf den Boden zu kommen.

Wo im Körper die Emotionen sitzen

Emotionen entstehen allerdings nicht nur im Kopf, sie sind ebenso eng mit direkten Reaktionen des Körpers verknüpft, ein sensomotorischer Zusammenhang, der "Embodiment" genannt wird. Dies ist unabhängig vom sozialen oder kulturellen Hintergrund. So zeigt eine finnische Studie mit ihren Körperlandkarten der Gefühlsregungen, dass Emotionen von allen Menschen in den gleichen Körperregionen wahrgenommen werden und biologisch determiniert sind. Am stärksten betroffen ist der obere Brustbereich, da hier Veränderungen der Atemfrequenz und des Herzschlags am stärksten zu spüren sind, während Traurigkeit Arme und Beine betrifft. Nur eine einzige Emotion wird von allen Menschen in sämtlichen Regionen des Körpers, am stärksten in Kopf und Brust, wahrgenommen: jene der Freude.

Wenn Gefühle krank machen

Wenn negative Emotionen überhandnehmen, können sie für die Betroffenen jedoch auch zur Belastung werden. Angst, Wut und Ekel sind dann nicht mehr gesunde Schutzfunktionen, sondern pathologische Reaktionen, die einer Behandlung bedürfen und krank machen. Bereits zehn Prozent aller Österreicher leiden an einer Depression, mehr als 20 Prozent unter krankhafter Angst, und die Zahlen steigen weiter. So warnt die Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass Depressionen und Angsterkrankungen im Jahr 2030 zu den häufigsten lebensverkürzenden Leiden zählen werden, knapp hinter Aids, Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Eine der extremsten Formen ist die generalisierte Angststörung. Betroffene leiden unter stetig wiederkehrenden Symptomen wie Herzrasen, Schwindel und Zittern, unter Muskelverspannungen und Schlafstörungen. Hinzu kommt die permanente Angst, dass ihnen oder einem Familienmitglied ein Unglück geschehen könnte. Vor realen Bedrohungsszenarien fürchten sie sich darüber hinaus in übertriebenem Maße. Doch auch "normale" Ängste vor der Zukunft beschäftigen die Menschen: So fürchten sich laut der Generali-Zukunftsstudie 54 Prozent aller Österreicher vor schweren Krankheiten und Kürzungen bei Sozialleistungen und staatlicher Pension, gefolgt von Naturkatastrophen.

In solchen Situationen werden mit den Sorgen von immer mehr Menschen lukrative Geschäfte gemacht. Der Kalifornier Robert Vicino zum Beispiel wurde mit den Ängsten anderer Multimillionär. Seine Firma Vivos baut unterirdische Luxusbunker für Superreiche. Vicino garantiert darin maximal ein ganzes Jahr Schutz vor Kriegen, Atomkatastrophen, Vulkanausbrüchen und Kometeneinschlägen -und sogar der Invasion Außerirdischer. Derzeit plant er, im deutschen Dorf Rothenstein in einem ehemaligen Munitionslager einen unterirdischen Luxusbunker im Wert von einer Milliarde Euro zu errichten. Finanzstarke Zukunftsphobiker können in der Unterweltarche, so die Pläne des Amerikaners, dann auch Kinovorstellungen, Swimmingpools und Fitnessstudios genießen. Wie viel eine Wohneinheit kosten soll, möchte Robert Vicino allerdings nicht preisgeben.

In Bhutan hat man ein Recht auf Glück

Dass Gefühle ein entscheidendes Element des menschlichen Daseins sind, hat man zumindest in Bhutan schon vor Langem erkannt. In dem asiatischen Zwergstaat zwischen Indien und China haben die 700.000 Einwohner laut Verfassung nämlich ein ganz besonderes Recht, das in der Welt einzigartig ist: nämlich das auf Glückseligkeit. Und die soll ja bekanntlich maßgeblich zur wichtigsten menschlichen Emotion, der Freude, beitragen.

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