Liu Xiaobo - Friedensnobelpreisträger 2010: 'Die gefährlichste Person für Chinas Regime'

'Komplizierter, aber ehrlicher und direkter Charakter' Mann mit Schwächen: Befürwortete den Irak-Krieg

Es ist seine tragende Rolle im Tian’anmen-Massaker im Jahr 1989, die Liu Xiaobo, einen chinesischen Schriftsteller und Literaturprofessor, mit einem Schlag zu einer Berühmtheit macht. Und zu einem chinesischen Staatsfeind. Mehrere Inhaftierungen und eine jahrelange „Umerziehung“ in einem Arbeitslager sollten Xiaobo den rebellischen Zahn ziehen. Stattdessen wurde er zum weltweit bekannten Gesicht der chinesischen Widerstandsbewegung.

Es ist die „Charta 08“, die Liu Xiaobo Ende des Jahres 2008 eine elfjährige Haftstrafe einbringt. Ein kollektiver Appell für mehr Demokratie und Menschenrechte im Reich der Mitte. Ein Angriff auf den alleinigen Herrschaftsanspruch der Kommunistischen Partei Chinas. Und bei diesem Thema reagiert man dort sehr allergisch, wie der renommierte Menschenrechtsexperte Manfred Nowak im NEWS.at-Interview erklärt. Am 8. Dezember 2008 holte die Polizei Liu Xiaobo, um ihn wegen „Untergrabung der Staatsgewalt“ festzunehmen. Um einen gefährlichen Störenfried wegzusperren. Doch auch dieser Plan schlug fehl.

"Gefährlichste Person für China"
Gerade durch diese umstrittene Gefängnisstrafe besitzt China nämlich einen weiteren wunden Punkt in der internationalen Staatengemeinschaft, wie sein Biograf und langjähriger Freund Bei Ling im NEWS.at-Interview erläutert, denn „China fühlt sich dadurch im Dialog mit Obama, Merkel oder Sarkozy sicherlich schuldig“. Dieser Schwachpunkt wird nun weiter verstärkt durch die Vergabe des Friedensnobelpreises an Liu Xiaobo. An Liu Xiaobo, einen Mann, den Bei Ling als „komplizierten, aber auch ehrlichen und direkten Charakter“ beschreibt. Der für das chinesische Regime „wohl die gefährlichste Person überhaupt ist, weil er eine starke Organisation hinter sich hat: den PEN-Club“. Die internationale Schriftstellervereinigung.

Doch Liu Xiaobo hat wie jeder andere Mensch auch seine Schattenseiten. Untreu ist er seiner ersten Frau gewesen, von einem perfekten Gatten konnte keine Rede sein. Zudem monieren seine Kritiker, dass er mit der Kommunistischen Partei kollaboriert habe. Ein Vorwurf, gegen den er sich nicht wehren kann, denn Kontakt zu ihm ist derzeit keiner vorhanden. Doch selbst Bei Ling meint, dass „er lernen muss, Menschen zuzuhören, die anderer Meinung sind“. Und dann wäre da noch die Meinungsverschiedenheit zum Irak-Krieg, die Liu Xiaobo mit Bei Ling hatte. Befürwortete doch der heurige Friedensnobelpreisträger tatsächlich George W. Bushs Militäroffensive.

"Chinas Verhalten nicht mehr tragbar"
Diese Schwächen mindern aber keineswegs die Bedeutung Liu Xiaobos. Doch wie gefährlich ist er tatsächlich für Chinas Führung? Es ist vor allem der symbolische Wert, der ihn laut Nowak für die Widerstandsbewegung so immens wichtig macht. Und der das Regime vielleicht einmal erkennen lässt, dass „dieses repressive Verhalten gegenüber Dissidenten für eine ökonomische Weltmacht nicht mehr tragbar ist“. Seit Kurzem gestaltet sich die Situation für China noch schwieriger. Denn wie Bei Ling hoffnungsvoll erklärt: „Jeder Friedensnobelpreisträger hat sein eigenes Land verändert, egal ob frei oder eingesperrt“.

Veränderung. Wandel. Worte, die bei Chinas Oppositionellen vermutlich einen verträumten Blick auslösen. Wobei man fairerweise sagen muss, dass sich im letzten Jahrzehnt einiges zum Guten gewendet hat. „Solange man eine bestimmte rote Linie nicht überschreitet, ist heute viel mehr Kritik am System möglich“, betont Manfred Nowak. Dementsprechend konnten sich auch die Regierungsgegner besser formieren, „der intellektuelle Widerstand ist immer größer geworden und hat eine eigene Stimme gefunden“, erklärt Bei Ling nicht ohne Stolz, auch wenn er als Exilant nicht direkt daran beteiligt war.

Wandel durch einen großen Crash?
Diesen positiven Trend gilt es nun fortzusetzen, und der Friedensnobelpreis kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Auch wenn China auf die Entscheidung des Nobel-Komitees „ausgesprochen beleidigt reagiert hat“, ist sich Nowak sicher, „dass sich das langfristig positiv auswirken wird“. Bei Ling teilt diese Meinung, nennt aber ein weiteres Szenario, welches eine Veränderung ermöglichen könnte: „Ein großer ökonomischer oder ökologischer Crash. Denn wenn die Lage schlecht ist, dann ist ein Wandel wirklich möglich“.

Doch zurück zu Liu Xiaobo. Was der renommierte norwegische Preis für ihn bedeutet, dazu gibt es geteilte Meinungen. Manfred Nowak schließt zwar eine baldige Entlassung aus, doch hält er diese zumindest langfristig für möglich. Bei Ling sieht die Lage da schon etwas pessimistischer: „Der Friedensnobelpreis ist extrem wichtig für die Widerstandsbewegung in China, doch für Liu Xiaobo selbst, für seine Chancen auf Freiheit, hat das negative Auswirkungen, weil er damit noch wichtiger geworden ist“.

Der Preis für den Friedensnobelpreis wäre in diesem Fall ein hoher.

Kim Son Hoang

Kommentare

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Wandel nach dem großen Crash In der nächsten Ölkrise wird wohl die Wirtschaft in USA + EU derart zusammen brechen, daß es zur Wandlung nach dem großen Crash kommen kann.

Nur völlige Ignroanten der Siuation können daran Glauben, daß China instabil sei. Die Chinesen mögen ihre Regierung, das müssen sogar Journalisten westlicher Medien wiederwillg zugegen.

Diskutieren Sie mal in China über Politik. Begeisterung über die Verbesserungen der letzten Jahrzehnte.

Diskutieren Sie mal in Ö oder D über Politik, tiefe Verachtung über die Politiker, keine vernüftige Diskussion möglich.

In China gibt es die Volksdikatur.
Hier gibt es die Dikatur der Ignoranten und Arbeitsverweigerer. Es kann ja nichts passieren, es gilt ja das Rotationsprinzip, daß unfähige Parteien abgewählt werden und dann die andere unfähige Partei regiert.

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Re: Wandel nach dem großen Crash wir leben selbst in einer der größten diktaturen der welt, oder will das jemand bestreiten?

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Wahlkamfarce Deutschland 2009 Das wurde mir voll bewußt als ich im Bundestagswahlkampf 2009 die dramatische Ölprognose der IEA in den Wahlkampf tragen wollte. Ich entwickelte sofort ein 10 Punkte Wahlprogramm passend zur Ölprognosen, doch ich stand vor einer Mauer des Schweigens.
http://politik.pege.org/2009-d-nach/wahlkampf.htm

China hingegen bereitet das Land perfekt auf die nächste Ölkrise vor
* 10% der Bevölkerung hat Elektroroller
* Elektroautos werden auf Hochdruck entwickelt
* Dichtes Netz an Hochgeschwindigkeitszügen wird schnell ausgebaut.

2012 wird man von Peking nach Shanghai in 5 Stunden kommen. Die ÖBB nach einer ähnlich langen Strecke Wien Rom befragt gibt 15 Stunden Fahrzeit an.

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Re: Wandel nach dem großen Crash Das glaub ich Ihnen gerne, dass sich der Großteil der Menschen in China über ihre Regierung begeistert äußert. Denken Sie bitte mal nach. Wenn Sie damit rechnen müssten ins Gefängnis zu wandern oder unter Hausarrest gestellt zu werden, würden Sie es sich auch 3 x überlegen, ob Sie sich regierungskritisch äußern. Das hat mit "mögen" sicher nichts zu tun. Abgesehen davon wird das Meiste, das irgendwie regierungskritisch sein könnte ohnehin zensuriert ( TV, Internet, usw.), die Menschen haben also wenig Möglichkeiten sich andere Meinungen zu bilden.

Was die Wirtschaftslage und Voraussicht betrifft, stimme ich Ihnen allerdings zu. lg.

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Die totalen Scheuklappen Wo sitzt den Ai Weiwei, nachdem er in der internationalen Presse die chinesische Regierung als unmenschlich beschimprt hat?

Ai Weiwei hat im übrigen noch immer nicht mein Email beantwortet, ob er eine bessere Regierung kennt.

Sie plappern nur Propaganda nach, haben aber überhaupt keine Ahnung von China heute.

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Re: Wandel nach dem großen Crash Hausarrest.Würde Ihnen das gefallen, wenn\'s bei uns so wäre? Dann wären Sie auch bald unter Hausarrest, wenn Sie in öffentlichen Medien die Regierung als Arbeitsverweigerer beschimpfen. Das soll gut sein?

Ich glaube das Problem liegt darin, dass die westlichen Demokratien ( vor allem aus wirtschaftlichen Gründen )ihre geistige Stärke verlieren und sich vor einer Gesellschaft wie China verneigen, die keinen Respekt vor diesen grundlegenden demokratischen Werten zeigt.China ist ein kommunistischer Staat, der es seinem Volk nach sechzig Jahre immer noch nicht erlaubt zu wählen. Der keine einzige unabhängige Zeitung zulässt und in dem es keine einzige Gerichtsverhandlung gibt, in der die Justiz nicht von der Politik manipuliert wird.

Was bitte soll daran gut sein?

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Keine Beschimpfung sondern Tatsachenfeststellung Ich beschimpfe die Regierung nicht als Arbeitsverweigerer, ich stelle nur Tatsachen fest.

Fühlen Sie sich toll und großartig, weil Sie eine solche Regierung gewählt haben? Sind Sie stolz auf so eine Regierung?

Denken Sie mal darüber nach, warum die Demokratie der Islam von heute sein könnte.
http://politik.pege.org/2010/demokratie-islam.htm

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Re: Wandel nach dem großen Crash nein bin ich nicht, aber mir ist es immer noch lieber, überhaupt eine Regierung wählen zu "dürfen", als willkürlich irgendjemanden vorgesetzt zu bekommen ( und dann nicht einmal sagen zu dürfen, dass mir das nicht passt )lg.

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Re: Wandel nach dem großen Crash Und bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich habe grundsätzlich nichts gegen China. Aber wenn der wirtschaftliche Erfolg eines Landes unter anderem davon abhängt, dass die grundlegenden Menschenrechte mit Füssen getreten werden (Unterschreitung der Mindestlöhne, Zwangsevakuierungen ohne finanzielle Entschädigung, Kinderarbeit die zwar offiziell nicht erlaubt, aber dennoch toleriert wird,uvm), dann kann das nicht richtig sein.
Es sei jedermann unbenommen für eine Idee zu kämpfen, aber wenn man andere zwingt, sich selbst dadurch untreu zu werden, dann stinkt das gewaltig! Und genau das ist es, was mit Ai Weiwei, Liu Xiaobo und vielen anderen gemacht wird.

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