Was man aus Salzburg lernen kann

Kann man aus einer Stadtwahl auf die Nationalratswahl schließen? Ja, wenn es um Themen und die Bedürfnisse der Wählerinnen und Wähler geht

von Renate Kromp © Bild: Ian Ehm/News

Der Sieg hat viele Väter, sagt man. In Salzburg sagt der Sieger der Bürgermeister-Stichwahl am letzten Sonntag, Bernhard Auinger, so: „Den beanspruche ich jetzt schon für mein Team.“ Und: „Ich war der Spitzenkandidat.“ Soll heißen: SPÖ-Chef Andreas Babler, der zum Feiern angereist war, muss sich bei der Verteilung der Lorbeeren hinten anstellen. Hätte statt des SPÖ-Manns aber Kay-Michael Dankl von der KPÖ das Rennen gemacht, hätte Babler in der bundespolitischen Debatte aber sicher als Adoptivvater der Niederlage herhalten dürfen.

Positive Schlüsse für sein Wirken an der Spitze der Bundes-SPÖ kann Babler dennoch ziehen. Zum Beispiel: Sozialdemokratische Inhalte sind im Dreikampf mit FPÖ und ÖVP nicht von vornherein zum Untergang verdammt. Kommt halt darauf an, wie man sie serviert: „Nicht den Fehler machen, noch weiter nach links zu rücken“, empfiehlt Auinger der unter Babler schon deutlich nach links gerückten SPÖ. Und – aber das richtet sich eigentlich an alle Wahlwerber: „Fairness wird belohnt. Wir haben uns nicht die Köpfe eingehaut.“ Umgelegt auf die nächsten Wahlkämpfe heißt das: Die Wählerinnen und Wähler schätzen gepflegte Sachdebatten mehr als den üblichen Untergriff.

»Schluss drängt sich auf: Protestwähler denken nicht im Links-rechts-Schema«

Erkenntnisse gibt es auch für jene Parteien, die es nicht in die Stichwahl geschafft haben. Der große Zugewinn der KPÖ – sie legte bei der Gemeinderatswahl 19,4 Prozent zu und hält nun bei 23,1 Prozent der Stimmen – zeigt beispielsweise, dass es kein politisches Naturgesetz ist, dass Protestwähler bei der FPÖ landen. Dankl hat ein brennendes Problem der Salzburger erkannt und benannt – das Thema Wohnen –, blieb sachlich, sympathisch, zugewandt und sahnte ab. Die FPÖ legte zwar Stimmen zu, blieb aber auf niedrigem Niveau. 10,8 Prozent sind verglichen mit dem Ergebnis der Landtagswahl im Vorjahr fast schon eine Schlappe. Damals kamen die Blauen auf 25,7 Prozent. Es ist eben schwieriger, Proteststimmen zu fischen, wenn man selbst in der Landesregierung sitzt. Ein weiterer Schluss drängt sich auf: Protestwähler denken nicht im Links-rechts-Schema. Sie lassen sich auch von einem neuen Gesicht ansprechen, unverbraucht und nicht von Skandalen beschädigt.

Wer diese Rolle bei den Wahlen auf Bundesebene übernehmen kann? Weder Grüne noch Neos kommen einem da spontan in den Sinn. Die einen, weil sie auf fünf Jahre Koalitionsregierung im Dauerkrisenmodus zurückblicken. Da mag Werner Kogler noch so entschlossen die Ärmel seiner Lederjacke aufkrempeln, gleichzeitig Revoluzzer und Vizekanzler kann keiner sein. Neos wiederum sind so auf die erhoffte Regierungsbeteiligung getrimmt, dass auch da keine rechte Proteststimmung aufkommen will. Auch als neue, frische Kraft kann sich die pinke Partei im zwölften Jahr ihres Bestehens nur mehr schwer verkaufen.

Bleibt unterm Strich: Kandidaten abseits des Etablierten haben heuer gute Chancen, den Sprung in den Nationalrat zu schaffen. Aber, und das ist die weniger erfreuliche Einsicht, die Andreas Babler aus der Salzburger Wahl gewinnen kann: Er hat zwar in seiner eigenen Partei als hemdsärmelig-glaubwürdiger Außenseiter das Rennen gemacht, doch dieser Nimbus ist ihm schon abhandengekommen.

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