Kann dieser Mann eine Wahl gewinnen?

Noch mehr als um die Wiederwahl geht es für Andreas Babler beim Parteitag darum, dass ihm die Genossinnen und Genossen etwas zutrauen.

von Renate Kromp © Bild: Ian Ehm/News

Womöglich war der Chaos-Parteitag in Linz gar nicht der wichtigste für Andreas Babler. Damals wurde er unter schwierigsten Umständen zum SPÖ-Vorsitzenden gewählt, erst Tage später wurde dieses Faktum auch bekannt. Spott und Häme für die Partei gab es reichlich, aber auch für den Versuch Bablers, sich selbst angesichts dieser peinliche Posse falsch zugeordneter Stimmen eine Schonfrist einzuräumen. Man werde wegen der besonderen Umstände wohl ein, zwei Prozentpunkte in den nächsten Umfragen verlieren, meinte er. Und dachte vielleicht auch: Selbst wenn die SPÖ danach auch nur ein bisschen zulegt, ist das sein Verdienst.

Jetzt hat die SPÖ seit dem Frühsommer ein bisschen zugelegt und niemand will den Parteichef dafür loben. Denn die Roten liegen mit rund 24 Prozent ungefähr dort, wo sie auch schon in den letzten Amtswochen der früheren Chefin Pamela Rendi-Wagner waren. Unzufriedenheit macht sich breit.

Diesen Samstag stellt sich Babler neuerdings den Genossinnen und Genossen. Dieser Parteitag wird inhaltlich sogar schwieriger als der erste. Bablers erste Wiederwahl steht an. Und dabei geht es gar nicht darum, mit wie viel Prozent der Stimmen er bestätigt wird. Mit einem Streichkonzert ist nicht zu rechnen. Das käme einem Zug der Lemminge gleich. Selbst jene Delegierten, die mit dem Neuen nicht zufrieden sind, wissen wohl, dass es nichts bringt, ihn ein Jahr vor der Wahl offen zu schwächen. Zudem hat Rendi-Wagner mit rund 75 Prozent Zustimmung die Latte beim letzten regulären Parteitag in überschaubare Höhe gelegt.

»Viele haben im geistigen Wartesaal Platz genommen«

Was Babler schaffen muss, ist ungleich schwerer, als ein respektables Wahlergebnis (ohne Gegenkandidaten) zu erzielen. Er muss erreichen, dass ihm seine Partei (weiter) und die Wählerinnen und Wähler etwas zutrauen. Er hat im internen Wahlkampf viele begeistert, es gab Parteieintritte wegen ihm. Doch viele von denen, die ihn unterstützt hatten, um Hans Peter Doskozil zu verhindern, haben mittlerweile im geistigen Wartesaal Platz genommen. Motto: Schau ma, was kommt.

Das Zutrauen, das sich Babler in der Partei und bei den Wählerinnen und Wählern erkämpfen muss, gilt der Frage: Kann dieser Mann eine Wahl gewinnen? Dazu gehört ein Programm und auch um dieses wird es beim Parteitag gehen. Die SPÖ muss die Probleme ansprechen, die die Menschen beschäftigen. Sie setzt auf Gerechtigkeit und Bekämpfung der Armut. Allerdings scheiden sich bei der Idee, das leistbare Leben in der Verfassung zu verankern, parteiintern schon wieder die Geister. Noch dazu wird es nicht reichen, wenn die SPÖ weiter versucht, um das Thema Migration und Integration herumzulavieren, das nach dem Terroranschlag in Israel, dem Krieg im Gaza und dem Problem des "importierten" Antisemitismus eine neue Dynamik erfährt.

Bleibt die SPÖ Antworten schuldig, wird sie nicht nur Stimmen an die FPÖ verlieren, auch im linken Spektrum ist bei der nächsten Nationalratswahl verstärkt Konkurrenz, jedenfalls durch die KPÖ und vielleicht auch durch die Bierpartei, zu erwarten. Die Ausgangslage für die SPÖ ist schwieriger geworden. Wenn man nicht weiß, wofür sie steht, ist sie daran selbst schuld.

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