"Das Schlimmste"

40 Jahre danach spricht der Skistar über den Skandal von Sapporo

Karl Schranz spricht auch 40 Jahre nach seinem Ausschluss von den Olympischen Winterspielen in Sapporo (31.1.1972) wegen eines Verstoßes gegen die Zulassungsbestimmungen von einer "unwahrscheinlichen Ungerechtigkeit". Das sei in dieser Zeit das Schlimmste gewesen, das man einem Sportler antun konnte, sagte die Ski-Legende vom Arlberg, die um die letzte Chance auf Olympia-Gold gebracht worden war.

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Karl Schranz - "Das Schlimmste"

Der 73-jährige Schranz spricht rückblickend auch über die damaligen Vorwürfe, das Einkommen der Rennläufer und seinen triumphalen Empfang in Wien.

Was fällt Ihnen ein, wenn Sie an Sapporo 1972 denken?
Schranz: "Natürlich der ungerechtfertigte Ausschluss von den
Olympischen Spielen. Das war in dieser Zeit das Schlimmste, das man
einem Sportler antun konnte. Man hätte alle ausschließen müssen, aber
sie haben gesagt, wir nehmen den Populärsten."

Was empfinden Sie heute bei dem Gedanken daran?
"Es war eine unwahrscheinliche Ungerechtigkeit. Aber dieser Ausschluss hat beigetragen, dass heute alle Sportler offiziell Geld verdienen dürfen. Das war wenigstens etwas Positives daran."

Was genau wurde Ihnen vorgeworfen?
"Dass wir Werbung machen. Mit unseren Namen haben die Ski- und Bindungsfirmen Werbung gemacht. Das IOC hat vieles zusammengetragen, verschiedene Sachen, die in Zeitungen gestanden sind. Es hat eine Liste gegeben mit vier, fünf Österreichern, fünf, sechs Franzosen, vier oder fünf Schweizern. Am Schluss bin ich als Einziger ausgeschlossen worden."

Wie haben Sie den Ausschluss damals verkraftet?
"Das war kein Problem. Die Entscheidung ist festgestanden, da konnte man nichts mehr ändern. Ich habe mich mit Freunden besprochen, meinem Bruder Helmut, der als Damen-Trainer dort war, mit dem Seniorchef der Firma Kneissl und auch mit einigen Journalisten."

Konnte man als Skirennläufer schon damals gutes Geld verdienen?
"Gutes Geld hat man nicht verdient. Es war kein Vergleich zu späteren Jahren, aber ich bin keinem neidig. Wir haben besser verdient als ein Maurer, aber keine Unsummen. Wenn Beträge genannt wurden, haben sich die Zeitungen gegenseitig nach oben lizitiert. Aber das hat nie der Realität entsprochen."

Bei Ihrer Rückkehr wurden Sie wie ein Held, wie ein Olympiasieger, gefeiert. Wie sehen Sie das rückblickend?
"Ein Olympiasieger hatte keine ähnliche Feier. Ich bin stolz, dass mich so viele Österreicherinnen und Österreicher empfangen haben. Mit meinem Ausschluss hat man auch mein eigenes Land beleidigt. Einen Franzosen oder Deutschen hätte man sich nie auszuschließen getraut."

Sehen Sie sich als Vorreiter der Liberalisierung des Amateur-Paragraphen?
"Ich war der Anlassfall. Die FIS hat bald danach die B-Lizenz für Halbamateure eingeführt. Und beim IOC hat mir der neue Präsident Lord Killanin (im September 1972, Anm.) gesagt, der Paragraph ist gefallen."