"Ich würd auch alles segnen"

Toni Faber und Niko Alm im NEWS-Streitgespräch

Gott gibt es nicht, sagt Niko Alm, Sprecher der Laizismus-Initiative. Aber: "Selbstverständlich bin ich für den Gegenbeweis offen. Doch ich lasse die Beweise, die ich schon kenne, nicht gelten.“ Da muss auch Dompfarrer Toni Faber passen. Er glaubt an Gott - weiß aber: "Die philosophischen und theologischen Gottesbeweise, die versucht wurden, sind nicht zwingend.“

Die beiden Herren lassen sich gerne ihren (Nicht-)Glauben. Und haben sich für NEWS zur Diskussion über Gott und die Fehler seiner irdischen Vertreter zusammengefunden. Darüber, warum man in der Kirche bleibt oder wie 87.400 andere Menschen im Jahr 2010 austreten soll. Doch zwischen Streitfragen wie der Abschaffung des Religionsunterrichts und der Einhaltung des Zölibats zeigen sich auch überraschende Übereinstimmungen bei den Kontrahenten.

NEWS: Herr Alm, wenn Sie hören, dass 2010 87.400 Menschen aus der katholischen Kirche ausgetreten sind, erfüllt Sie das mit Genugtuung?

Niko Alm: Etwas Schadenfreude will ich nicht bestreiten, da sich die Kirche das selbst zuzuschreiben hat, mit ihren Missbrauchsgeschichten.

NEWS: War das der Auslöser für Ihre Atheismus-Werbeplakate?

Alm: Nein. Ich bin aus der Kirche ausgetreten, weil ich nie einen Bezug dazu hatte. Ich habe den Umgang der Kirche mit dem Fall Groër verfolgt und mich gewundert, warum andere unkritisch dabeibleiben. Aktiv geworden bin ich, weil mich die Privilegien, die Religionsgemeinschaften haben, ärgern. Mir geht es nicht darum, aus Gläubigen Atheisten oder Agnostiker zu machen. Meine Kritik richtet sich an den Staat. Der unterscheidet zwar gemäß Menschenrechtskonvention nicht nach Geschlecht oder sexueller Orientierung. Aber er gibt den Kirchen Privilegien wie staatlich finanzierten Religionsunterricht und diskriminiert damit jene 25 Prozent der Österreicher, die konfessionsfrei sind.

NEWS: Herr Dompfarrer, verstehen Sie den Ärger?

Toni Faber: Absolut. Bei uns hat der Staat ein Interesse daran, Menschen zu fördern, die in einer anerkannten Religionsgemeinschaft sind. Und billigt uns Vorteile zu, die man zu Recht als Privilegien bezeichnet. Weil wir dem Staat einen Großteil der Erziehungs- und Sozialaufgaben abnehmen. Wenn die Kirchen nicht Schulen, Behinderten-und Altenheime oder Spitäler betreiben würden, würde es in Österreich schön ausschauen. Man kann diese Dinge hinterfragen, aber ich bin glücklich darüber, dass eine Mehrheit anderer Meinung sein wird als Herr Alm. Selbst jene, die aus der Kirche austreten.

NEWS: Angesichts der Austrittszahlen könnte der Staat die Privilegien infrage stellen.

Faber: Das ist eine Diskussion, der man nicht ausweichen kann. Ich bin betroffen, dass zwei Millionen Menschen in Österreich ohne Bekenntnis sind. Wenn sich die Mehrheiten umstellen, wird es nicht anders gehen, als dass der Staat die Privilegisierung der Kirchen neu verhandelt.

Alm: Erziehung, Caritas - ich sage da Mitleidsmarketing dazu - sind überzogen, weil ja auch die Caritas zu 80 Prozent säkular aus Spenden finanziert ist. Ist o. k. Ich spende auch für die Caritas. Aber das rechtfertigt nicht, dass man sich vom Staat einen Religionsunterricht bezahlen lässt. Ich versteh auch, dass Sie alles segnen. Würd ich auch machen, wenn man atheistisch segnen könnte. Aber vielleicht verstehen Sie, dass mich das stört.

Faber: Ja, natürlich.

Alm: Es stört mich auch, wenn in einer Spar-Filiale Kreuze hängen. Da geh ich zum Billa.

Faber: Hab ich auch schon gesegnet, aber da haben sie keine Kreuze aufgehängt. Ich will Sie ja von dort nicht vertreiben: Billa macht mit dem Kardinal gemeinsame Sache beim 8. Dezember. Und Herr Wlaschek hat gesagt, er dankt Gott jeden Tag - dass er den richtigen Zeitpunkt erwischt hat, Billa zu verkaufen.

Alm: Mich würde Ihre Meinung zum Religions- bzw. Ethikunterricht interessieren. Die Kirchen dürfen ohnehin schon über ihren Religionsunterricht entscheiden und schicken auch die Lehrer, und jetzt wollen sie da auch noch mitreden. Der Ethikunterricht ist freizuhalten vom Einfluss der Konfessionen.

Faber: Der Gesetzgeber will die Menschen ethisch fördern. Wer kann das auf einem gewissen Niveau anbieten? Die anerkannten Religionsgemeinschaften. Es ist interessant, wie die Kirche mit dem Ethikunterricht umgegangen ist. Da war die Angst bestimmender Faktor: Wenn wir das zulassen, laufen die Religionsschüler weg. Gott sei Dank hat die Kirche dann den Ethikunterricht befürwortet.

NEWS: Wie könnten Sie mit Religion in der Schule leben?

Alm: Für mich gibt es drei Modelle: Religion als Fach abschaffen. Damit sind wir alle nicht ganz glücklich. Zweitens: Unterricht für 14 Konfessionen und einen Ethikunterricht, bei dem die Konfessionen nicht mitreden dürfen. Drittens, und das würde mir am besten gefallen: einen rein geschichts- und philosophiebasierten Ethik- und Religionenunterricht. Keine religiöse Erziehung - die kann man gerne als Freifach am Nachmittag machen.

Faber: In vielen Ländern funktioniert das so. Auch bei uns war das früher so, dass Eltern, die einen konfessionellen Unterricht wollten, die Sakristeien aufsuchten. Aber wir sind froh, dass der Staat heute ein anderes Interesse hat. Nicht, weil wir die gehorsameren Staatsbürger erziehen. Sondern wir arbeiten mit Faktenwissen und Religionskunde, auf einem Niveau, das der staatlichen Aufsicht nicht entzogen wird. Wenn ein Lehrer halb verrückte Dinge sagt, wird das dem Schulinspektor gemeldet. Hier geschehen keine Privatoffenbarungen und religiösen Sonderlehren. Nicht einmal eine Regierung aus SPÖ, Grünen und Kommunisten würde den Religionsunterricht abschaffen.

NEWS: Aber Sie brauchen immer bessere Argumente dafür.

Faber: Wenn das nicht wäre, wäre der konfessionelle Religionsunterricht morgen abgeschafft. Aber ich glaube an die Bedeutung des Unterrichts. Auch weil ich bis zu 70 Wiedereintritte pro Jahr habe und unter den Tausenden Ausgetretenen, die ich bei gesellschaftlichen Ereignissen treffe, selten ein dezidierter Atheist dabei ist. Die Leute melden sich ja und sagen: Wir suchen etwas, das besser ist als eure Performance.

NEWS: Die sind rückholbar?

Faber: Mir geht es nicht um Rückholung, sondern um Klärung. Nicht alle in der Kirche sind hundertprozentig gläubig. Nicht alle Ausgetretenen sind hundertprozentig atheistisch. Einmal ist bei mir im Büro ein Mann von der Müllabfuhr aufgetaucht und wollte wieder eintreten. Als ich gesagt habe, reden wir darüber, hat er gesagt: "Geht nicht, ich bin im Dienst, und der Kollege wartet mit dem Müllwagen am Stephansplatz. Ich will das machen, weil Sie mich nicht verurteilen.“

NEWS: Können Sie nachvollziehen, warum jemand in die Kirche zurückwill oder bleibt?

Alm: Nein. Auch wenn ich mit Ihnen kein Problem habe, sondern mit dem Vatikan.

Faber: Wenn man das Buch "Vatikan AG“ liest, wird einem schlecht, weil man weiß, dass vieles davon stimmt.

Alm: Bei den fundamentalen Problemen der Kirche habe ich den Verdacht, sie sind systemimmanent und mit dem Vatikan verbunden. Warum ratifiziert der Vatikan die Menschenrechtskonvention nicht? Wegen des Themas Homosexualität. Da frage ich mich: Wie kann man so unsolidarisch sein und bei der Kirche bleiben? Oder die Missbrauchsfälle. Es ist viel vertuscht worden, und da wird noch viel Unangenehmes auf den Tisch kommen. Wenn Sie sagen, Kardinal Groër habe Ihnen einmal zu lang das Handerl gehalten, ist mir das zu verniedlichend. Bei dem, was man heute als gesichert annimmt, wäre der Mann hinter Gittern gut aufgehoben gewesen.

Faber: Nicht ein einziges Verbrechen, das in der katholischen Kirche geschehen ist, darf man beschönigen. Der Papst und Kardinal Schönborn sind klar aufgetreten und haben gesagt, die Sünde ist systemimmanent in der Kirche passiert und nicht gut aufgearbeitet worden. Helmut Schüller hat wohl Recht, wenn er sagt, da sind noch Leichen im Keller. Nicht jeder im Vatikan sieht das so. Da gibt es eine Partei der Innozentisten, die sagt: "Da ist nie was passiert. Da hat der Kardinal in Rom einiges durchgemacht.“

NEWS: Hadern Sie damit?

Faber: Ich leide sehr. Die Kirche ist, wie mein Dogmatikprofessor gesagt hat, in ihrer Berufung heilig, in ihrem Zustand aber sehr läuterungsbedürftig. Eine "Casta meretrix“, eine keusche Hure. Ich hoffe, dass ich nie Dreck am Stecken haben werde, der anderen schadet. Aber wer hat gewusst, dass jener Familienvater, der in Deutschland Mirco umgebracht hat, zu dieser Bestialität fähig sein wird? Jesus hat sich zwölf Apostel genommen, die neben der Heiligkeit mittelmäßige Versager waren. Wer nicht bejaht, dass die Menschen zum Guten wie zum Bösen fähig sind, betrügt sich selbst. Bei Groër konnte ich mir lange nicht vorstellen, dass er dazu fähig war. Wenigstens hat er seine Opfer nicht vergewaltigt.

Alm: Eine Frage noch: Wenn Sie als Priester Sex hätten, würde es dann ausreichen, wenn Sie beichten?

Faber: Das ist jetzt, wie wenn man einen Mann in Anwesenheit seiner Frau fragt, ob er sie betrogen hat. Es gibt kein Lebenskonzept, das man 100-prozentig erfüllen kann, und man leidet an der Nichterfüllung. Wenn Sie mich fragen würden, ob ich in den letzten 22 Jahren so viel gebetet habe, wie ich es mir vorgenommen habe, würde ich mir leichter tun, ehrlich zu antworten.

Alm: War eh nur theoretisch.

Faber: Wenn ich mit einem geistlich abhängigen Menschen Sex hätte, wäre es nicht richtig, nur zu beichten. Wenn Leute beichten, dass sie die Ehe gebrochen haben, reicht das nicht; ich frage, was das mit ihrer Beziehung gemacht hat. Mit dem Zölibat wäre es auch so: Was heißt das für deinen Lebensentwurf? Bei einem Mörder reicht es ja auch nicht, wenn er beichtet, er muss sich den Konsequenzen, dem Gericht, stellen.

Interview aus NEWS Nr. 08/11

Kommentare

e) . . . . UNGAR---RELOADED---for---2012 . . . . World---Wide---Web---HELMUT---2012

We have heard and read, that Austria and whole Europe are “too small“ for “Helmut, the r.-catholic conquerer“.
Therefore we would like to send him the best wishes from U.S.A. and so on …
… for his extremly-engaged world-wide-\'not only\'-web-activities.

Kind regards from a lot of
ardent male and female admirers

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HELMUT--the-r.-catholic-conquerer--2012

Having heard and read, that Austria and whole Europe are “too small“ for “Helmut, the r.-catholic conquerer“, we would like to send him the best wishes for his extremly-engaged world-wide-\'not only\'-web-activities.

A lot of male and female
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