Unsere Haustiere haben
Verstand - nicht nur in "Pets"

Wie intelligent unsere vierbeinigen Begleiter sind

Wussten Sie, dass Katzen eine eigene Sprache entwickeln, um mit uns zu kommunizieren? Oder dass Wölfe, die Vorfahren der Hunde, Lebensmittel einfrieren können? Unsere Haustiere haben Verstand - nicht nur in dem neuen Animationsfilm "Pets".

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Aufrecht sitzt Leonard neben der Stereoanlage. Der weiße Königspudel weiß, was sich gehört, wenn die zarten Klänge von Vivaldis "Frühling" ertönen und sein Herrchen sich mit den Worten "Sei ein guter Junge" verabschiedet. Artig lässt er das tägliche Ritual über sich ergehen. Doch kaum ist der Herr aus dem Haus, macht sich Leonard an den Schaltknöpfen des CD-Players zu schaffen: Er will Hardrock statt Barock, heftiges Headbangen inklusive.

Trailer zu "Pets":


Spüren sie, wenn wir traurig sind?

Leonard ist einer der tierischen Protagonisten, die Regisseur Chris Renaud in "Pets" (Originaltitel: "The Secret Life of Pets" - Das geheime Leben der Haustiere) zeigt. In seinem Animationsfilm geht Renaud jenen Fragen nach, die viele Hunde- und Katzenhalter Tag für Tag quälen: Was machen unsere liebsten Hausgenossen eigentlich, wenn wir das Haus verlassen? Haben sie Sehnsüchte, Träume wie wir? Spüren sie, wenn wir traurig sind? Planen sie für die Zukunft? Haben Tiere überhaupt Verstand?

Mit der Frage nach tierischer Intelligenz beschäftigt sich die Wissenschaft seit über hundert Jahren. Den Anstoß gab 1904 der "kluge Hans" aus Berlin, das Pferd eines Mathematiklehrers, das angeblich rechnen konnte. Mittels Klopfzeichen mit dem rechten Vorderhuf zeigte das Pferd Ergebnisse von Rechenaufgaben an, die ihm sein Halter stellte. Das verblüffte ganz Berlin. Sogar eine wissenschaftliche Kommission konnte das Tier zunächst überzeugen. Nur der Psychologiestudent Oskar Pfungst hatte Zweifel. Er entdeckte den Schwindel: Hans konnte nicht rechnen, aber das Mienenspiel seines Halters lesen. Mit Blicken deutete der ihm die richtige Zahl. Hans wurde zum normalen Pferd zurückgestuft und zehn Jahre nach dem Experiment zum Dienst im Ersten Weltkrieg eingezogen.

Für die Tierpsychologie aber hat Hans Bahnbrechendes geleistet. Heute wäre er ein ideales Studienobjekt für die Verhaltensforschung. Dank seiner Fertigkeiten im Schummeln würde man diesem Pferd sogar menschliches Verhalten attestieren.

Sozialer Zusammenhalt

Seit die Verhaltensforscherin Jane Goodall bei Schimpansen eine Kultur nachgewiesen hat, die jener von Menschen nicht unähnlich ist - Schimpansen verwenden Werkzeuge und Waffen und helfen einander, wenn sie in Not sind -, schwindet in der Wissenschaft nicht nur die vermeintliche Grenze zwischen Mensch und Tier, sondern auch die Ansicht, dass Tiere keinen Verstand hätten. Das ließe sich auch an Wölfen beobachten, erklärt Nicolette Krebitz. Die Berliner Regisseurin hat für ihren Film "Wild", in dem ein Wolf das Leben einer jungen Frau verändert, die Fähigkeiten von Meister Isegrim erforscht und herausgefunden: Auch Wölfe verfügen über eine eigene Kultur.

Rudel sind eine straff organisierte Gruppe. Der älteste Wolf geht im Rudel stets voran; die anderen müssen sich seinem Tempo anpassen, damit er nicht allein zurückbleibt. Auch für Kinderbetreuung ist gesorgt: Nur das Weibchen des Leitwolfs darf Mutter werden, die anderen haben die Aufgabe, für die Kleinen zu sorgen. Sogar einen Weg, Lebensmittel haltbar zu machen, haben die Wölfe erfunden, wie mongolische Forscher belegen. Dort treiben Wölfe das Wild über die Schneegrenze, erlegen es in den kalten Regionen und vergraben die Kadaver dann im Schnee, um das Fleisch zu konservieren.

Was liegt näher, als den Vergleich zur Spezies Mensch anzustellen? Wie soll man Tieren, die planen und vorsorgen, begegnen? Sind sie unseresgleichen? Ist das Tier dem Menschen ebenbürtig? Dass sie bei uns leben, sich von uns versorgen lassen, haben sie sich nicht ausgesucht. Sowohl Mensch als auch Tier leben in gegenseitiger Abhängigkeit. Der österreichische Tierethiker Martin Huth vergleicht die Beziehung zwischen Mensch und Tier mit einem Herr-Knecht-Verhältnis. Der eine kann ohne den anderen nicht sein.

Das heißt aber nicht, dass man Tiere wie Menschen betrachten soll. Besonders bei der Mensch-Hund-Beziehung kann das zu großen Enttäuschungen auf beiden Seiten führen. Der Hund ist vom Menschen abhängig. Das Diktum vom sogenannten "besten Freund" des Menschen ist nicht erfunden; auch andere Hunde können die Spezies Mensch, die dem Hund Sicherheit gibt, nicht ersetzen. Er braucht klare Anweisungen. Für Hundetrainer Martin Rütter ändert das aber nichts an der Intelligenz des Hundes. Der Schriftsteller Kurt Tucholsky sagte es so: "Hunde haben Herrchen, Katzen haben Personal."

Die Sprache der Katzen

Ihr Personal kommandieren Katzen ordentlich herum. Laut der Katzenforscherin und Tierärztin Sabine Schroll sind sie imstande, eine eigene Sprache zu entwickeln, um mit uns zu kommunizieren. Ein Beispiel: Ein Kater lässt seine Krallen langsam über das Metallgitter des Heizstrahlers rattern. Das heißt: Es ist kalt in der Wohnung. Das Personal, also der Katzenhalter, reagiert: Fenster schließen, Heizung einschalten.

Wer da noch am tierischen Verstand zweifelt, hat nichts verstanden.

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