Germanwings-Absturz
absichtlich herbeigeführt

Pilot soll vom Copiloten ausgesperrt worden sein - Suche nach Blackbox geht weiter

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    Wrackteile des verunglückten Airbus 320

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    Hubschraubereinsatz an der Absturzstelle

"Es sieht so aus, als ob der Copilot das Flugzeug vorsätzlich zum Absturz gebracht und so zerstört hat." Hinweise auf einen terroristischen Anschlag gebe es nicht. Die Motive des 28-jährigen Copiloten sind unklar.

Copilot reagierte nicht auf Ansprache

Der Pilot hatte demnach kurz zuvor das Cockpit verlassen, um auf die Toilette zu gehen, und das Kommando seinem Kollegen übergeben. Als er zurück ans Steuer wollte, habe er die automatisch verriegelte Kabinentür nicht mehr öffnen können, schilderte der Staatsanwalt. Die plausibelste Deutung gehe dahin, dass der Copilot vorsätzlich verhindert habe, dass die Tür geöffnet werde. Auf Ansprache des Towers habe der Mann nicht reagiert. Ein Notruf sei nicht abgesetzt worden.

Warum der Kopilot den Airbus absichtlich zum Absturz gebracht hat, ist ein Mysterium. "Wir haben keinerlei Erkenntnis, was den Kopiloten zu dieser schrecklichen Handlung veranlasst haben könnte", sagte Airline-Vorstandsvorsitzender Carsten Spohr am Donnerstagnachmittag bei einer Pressekonferenz.

Zu 100 Prozent flugtauglich

Der 28-Jährige sei zu 100 Prozent flugtauglich gewesen, ohne Einschränkungen und Auflagen, sagte Spohr. Der Mann habe 2008 bei Germanwings eine Ausbildung begonnen und für elf Monate unterbrochen. Eine solche Unterbrechung sei nicht unüblich. In dieser Zeit habe der spätere Copilot als Flugbegleiter gearbeitet und seine Piloten-Ausbildung später wieder aufgenommen. Seit 2013 sei er als "Erster Offizier" auf einem Airbus A320 eingesetzt gewesen. Er habe alle Tests und Prüfungen bestanden, versicherte Spohr, der auf den psychologischen Eignungstest der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt verwies, der weltweit als das führende Verfahren zur Auswahl von Cockpit-Personal gelte.

Für den Fall von Bewusstlosigkeit im Cockpit gebe es einen eigenen Code und dann ein Klingelzeichen, sagte Spohr. Wenn auch dann keine Antwort komme, gehe die Tür auf. Der Kollege im Cockpit könne dies durch Umstellen des Schalters auf 'lock' verhindern. Dann sei die Tür für fünf Minuten verschlossen.

"Wenn ein Mensch 149 andere mit in den Tod nimmt, ist das für mich ein anderes Wort als 'Selbstmord'", sagte Spohr. Haftungen seien in internationalen Abkommen geregelt. Der Lufthansa-Konzern sei stark genug, um Forderungen nachkommen zu können. Um welche Summe an Forderungen es geht, wollte Spohr bei der Pressekonferenz nicht sagen.

Der Name des Copiloten wurde mit Andreas L. angegeben. Laut Robin war er nicht als Terrorist erfasst. Bekannt war bereits, dass der Mann seit 2013 bei Germanwings beschäftigt war und aus der rheinland-pfälzischen Stadt Montabaur stammte.

Schweres Atmen aus dem Cockpit

Der Stimmenrekorder habe bis zuletzt schweres Atmen aus dem Cockpit aufgezeichnet, gesagt habe der Copilot nichts mehr, erklärte der Staatsanwalt. In den letzten Minuten, bevor der A320 mit 150 Menschen an Bord an einer Felswand zerschellt sei, hätten der ausgesperrte Kapitän und die Crew von außen gegen die Cockpit-Tür gehämmert. "Die Schreie der Passagiere hören wir erst in den letzten Sekunden auf dem Band", sagten die Ermittler. In den ersten 20 Minuten nach dem Start haben sich Pilot und Copilot demnach ganz normal unterhalten.

Strenge Eignungstests nur zu Berufsbeginn

Verkehrspiloten werden nach Einschätzung des deutschen Luftverkehrsexperten Gerold Wissel nur zu Beginn ihres Berufslebens intensiv auf ihre psychische Eignung und Stabilität getestet. Später folgten regelmäßige medizinische Checks, in denen auch Gespräche über die allgemeine Lebenssituation der Piloten geführt würden, sagte Wissel am Donnerstag. Regelmäßige Persönlichkeitstests gebe es nicht.

Es gebe bei der Lufthansa wie auch bei anderen Fluggesellschaften klare Vorgaben an die Crews, auffälliges Verhalten bei Kollegen zu melden, was auch anonym geschehen könne, berichtete der Experte. Die Beschäftigten seien gehalten, schon bei kleinsten Anzeichen etwa von Alkoholismus, Depressionen oder psychischer Instabilität Alarm zu schlagen. "Das geschieht auch. Selbst beim Briefing vor dem Start kann der Kapitän noch jedes Besatzungsmitglied vom Flug ausschließen, wenn es sich auffällig verhält." Auch habe der Co-Pilot das Recht, den Kapitän abzulehnen.

Nach seiner Kenntnis gebe es bei Lufthansa in dieser Beziehung sehr hohe Sicherheitsstandards, sagte Wissel. Das Unternehmen müsse aber nachweisen, dass dies in gleicher Weise auch für die Tochtergesellschaften gelte.

De Maiziere schließt terroristen Hintergrund aus

Der Copilot, der die Germanwings-Maschine über Frankreich zum Absturz brachte, hatte nach Darstellung des deutschen Innenministers Thomas de Maiziere kein terroristisches Motiv. Es gebe nach derzeitigem Erkenntnisstand "keine Hinweise auf einen irgendwie gearteten terroristischen Hintergrund", sagte der CDU-Politiker am Donnerstag in Berlin.

Die deutschen Sicherheitsbehörden hätten bereits am Tag des Absturzes routinemäßig in den Informationenssystemen von Polizei und Nachrichtendiensten eine Abfrage vorgenommen, um die Besatzung mit Blick auf mögliche terroristische Verbindungen zu überprüfen. "Wir haben alle überprüft." Die Ergebnisse seien allesamt negativ ausgefallen. Dies betreffe auch den Copiloten, sagte de Maiziere.

Copilot stammte aus Rheinland-Pfalz

Der offenbar für den Absturz des Germanwings-Airbus verantwortliche Co-Pilot war langjähriges Mitglied in dem in Montabaur (Rheinland-Pfalz) ansässigen Fliegerclub LSC Westerwald.

Auf der am Donnerstag nicht mehr erreichbaren Vereinshomepage hatten die Vereinsmitglieder nach dem Absturz noch "mit Entsetzen" bekannt gegeben, dass Andreas L. als erster Offizier im Einsatz auf dem Germanwings-Flug 4U9525 verstorben sei. Der 1987 geborene Co-Pilot war demnach als Jugendlicher Mitglied des Fliegervereins geworden. "Er wollte seinen Traum, das Fliegen, verwirklicht sehen. Er begann als Segelflugschüler und schaffte es bis zum Piloten auf einem Airbus A320", hieß es in der Traueranzeige.

Parallelen zu Crash von EgyptAir-Maschine 1999

Der Absturz des Germanwing-Airbus ist nicht der erste Crash, der möglicherweise absichtlich von einem Piloten ausgelöst worden ist. Amerikanische Ermittler sind davon überzeugt, dass der Absturz einer EygptAir-Maschine Ende Oktober 1999 vor der US-Ostküste auf einen Selbstmord des Copiloten zurückging.

Weil sich keine technischen Ursachen für das Unglück finden ließen, hatten US-Behörden und andere Experten schon früh die Vermutung geäußert, der Copilot habe die Maschine absichtlich abstürzen lassen. Dies war von EgyptAir stets bestritten worden.

Auf dem Stimmrekorder der Unglücksmaschine war zu hören, wie der Ko-Pilot, während er die Maschine nach unten steuerte, außergewöhnlich ruhig zu Gott betete. Als der Pilot, der das Cockpit kurz verlassen hatte, bei seiner Rückkehr verzweifelt versuchte, die Maschine nach oben zu ziehen, erhielt er keine Hilfe. Auf dem Rekorder war zu hören, wie er immer wieder rief: "Zieh mit mir!". Der Ko-Pilot habe darauf nicht reagiert, sondern die Maschine weiter in die Tiefe gesteuert.

Spanien reagiert mit Bestürzung

Die spanische Regierung hat mit Bestürzung auf die Enthüllungen der französischen Ermittler reagiert, wonach der Copilot der Germanwings-Maschine das Flugzeug vorsätzlich zum Absturz gebracht hat. "Ich bin erschüttert", schrieb Ministerpräsident Mariano Rajoy am Donnerstag auf Twitter. "Erneut eine innige Umarmung für die Angehörigen der Opfer."

Innenminister Jorge Fernandez Diaz sagte: "Wir fühlen nun noch mehr Solidarität mit den Familien der Opfer." Für die Angehörigen dürfte die Lage jetzt noch schmerzlicher geworden sein. Nach Erkenntnissen der spanischen Regierung waren bei dem Absturz 50 Spanier ums Leben gekommen.

Suche nach Blackbox geht weiter

Der zweite Flugschreiber sei noch nicht gefunden, sagte Robin weiter. Zuvor hatte er die aus Düsseldorf und Barcelona angereisten Hinterbliebenen der Todesopfer informiert. Die Bergung und Identifizierung der Opfer könne mehrere Wochen dauern.

Kurz vor Beginn der Pressekonferenz in Marseille hatte bereits ein Düsseldorfer Staatsanwalt Medienberichte bestätigt, wonach einer der Piloten aus dem Cockpit ausgesperrt war. Die "New York Times" und die französische Nachrichtenagentur AFP hatten unter Berufung auf Ermittler berichtet, dass einer der Piloten seinen Platz verlassen und danach versucht habe, die verschlossene Tür einzutreten.

Der Airbus mit der Flugnummer 4U9525 war am Dienstag auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf, als er über Südfrankreich minutenlang an Flughöhe verlor und am Bergmassiv Les Trois Eveches zerschellte. An Bord waren 72 Deutsche. Aus Spanien stammten nach Angaben aus Regierungskreisen in Madrid 50 Opfer.

Kommentare

rosa44 melden

Wie schrecklich ist das denn?! Es muss doch die Türo von aussen zu öffnen sein? Man kann schon erhöhte Sicherheitsmaßnahmen einführen, aber für Notfälle!!!

Robert Maszarik
Robert Maszarik melden

Ist auch zu öffnen siehe:
https://www.youtube.com/watch?v=ixEHV7c3VXs

seidenstraße
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wie angenehm wäre eine welt ohne terroranschläge und notwendige reaktionen auf sie, nach 9/11 und davor.

higgs70
higgs70 melden

Seit es menchliche Gesellschaften gibt, gibt es Terrorismus, weils immer welche gibt, die dagegen sind. Aber eine derartige Paranoia im Umgang damit ist relativ neu. Und der Grund und große Prophet dafür, der eine völlig dezentralisierte Religion einte und bis zum Blutrausch fanatisierte ist für mich immer noch Tschortsch Dabelju, ein politisches Deppenkind amerikanischer Provinienz.

Lynxx
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In National Geographic wird in einer Serie über die Aufklärung der Ursachen von Flugzeugunglücken von einem Absturz einer Singapurischen Maschine über Indonesien berichtet, der höchstwahrscheinlich vom Piloten in selbstmörderischer Absicht durch steilen Sinkflug herbeigeführt wurde, nachdem dieser während des Fluges von einem großen Verlust bei seinen Börsenspekulationen erfahren hatte.

higgs70

Präventivparanoia und seine Folgen.
http://www.austrianwings.info/2014/05/verriegelte-cockpittueren-notwendigkeit-oder-gar-sicherheitsrisiko/

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