7 Fragen zur Causa Fenninger

Worum geht es im Streit? Welche Rolle spielt ihr Geschlecht? Wie geht es weiter?

Anna Fenninger feiert heute ihren 26. Geburtstag. Dass der 18. Juni 2015 unvergesslich wird, dafür könnte der Österreichische Ski-Verband sorgen. Kommt es tatsächlich zum endgültigen Bruch zwischen der Weltcup-Gesamtsiegerin und ihrem Verband, auf Twitter scherzhaft #Fexit genannt, oder werden die Wogen geglättet? Und worum geht es überhaupt?

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Fakten - 7 Fragen zur Causa Fenninger

Worum geht es im Streit Fenninger gegen den ÖSV?

In wenigen Worten zusammengefasst geht es um die Rechte einer Athletin im Gegensatz zu den Interessen eines Verbandes, um die optimalen Trainingsmodalitäten für die aktuell beste Skifahrerin der Welt und um die bestmögliche Unterstützung abseits der Piste. Noch kürzer zusammengefasst geht es ums liebe Geld. Obwohl Anna Fenninger jetzt schon laut Verband mehr verdiene als alle ÖSV-Männer mit Ausnahme Marcel Hirschers, ist es ihr gutes Recht, nach noch mehr zu streben. Mit 26 Jahren ist Fenninger - so absurd das auch klingen mag - in ihrem Job nicht mehr die Jüngste.

Wie läuft das mit den Sponsoren für ÖSV-Läufer?

Peter Schröcksnadel vertritt als Präsident des Österreichischen Skiverbands das Gros der Athleten, fungiert demnach auch als Manager. Er handelt im Interesse des ÖSV Sponsoren-Deals aus, Konkurrenzfirmen der ÖSV-Partner kommen dabei aber nicht zum Zug - auch wenn diese einem Einzelsportler mehr bieten würden. Anna Fenninger baut seit drei Jahren auf ihren eigenen Manager Klaus Kärcher und hatte offenbar einen dieser besser dotierten Verträge an der Hand. Selbst bei von ihr abgeschlossenen Sponsorendeals ist der ÖSV aber beteiligt. So ist das im Athletenvertrag verankert. Sportanwalt Christian Flick nahm dazu im Ö1-Mittagsjournal am Mittwoch Stellung und betonte, eine Mitbestimmung des Vertragsinhalts gerichtlich einzufordern, sei theoretisch möglich. "Ich schließe nicht aus, dass bei einem langjährigen Rechtsstreit Dinge anders gesehen werden", sagte Flick. "Es muss sich ein Sportler überlegen, ob er dieses Risiko eingeht oder nicht."

Wieso eskalierte die Lage in den letzten Tagen?

Auch wenn es mehrmals nicht als Kernproblem des Streits definiert wurde, bemüht sich Mercedes intensiv um Fenninger. Ein Kopfsponsor-Deal, lukrativer als der bisherige, soll bereits ausverhandelt worden sein. Das große Problem: Mercedes ist der direkte Konkurrent von Audi. Und Audi ist ein ÖSV-Partner. "Den Teufel würde ich tun, um mich deswegen mit dem ÖSV anzulegen", hatte Manager Kärcher noch Mitte Mai im Interview mit den "Salzburger Nachrichten" verlautbart. Wenige Tage nach einem Friedensgipfel veröffentlichte Mercedes dann eine Kampagne mit Fenninger als Testimonial. Ein Aufschrei des ÖSV war die logische Folge. Dass die Salzburgerin offiziell als Botschafterin der Laureus Sport for Good Stiftung gezeigt wird, ist nur kleingedruckt zu lesen. Auch dass die Kampagne lange vor dem Gipfel beschlossen und auf selbigem nach Informationen des "WirtschaftsBlatts" sogar besprochen wurde, tat der Provokation keinen Abbruch.

Der neue CLA 45 AMG Shooting Brake – Raubtier genug, um es mit Anna Fenninger aufzunehmen.Laureus Sport for Good Stiftung

Posted by Mercedes-Benz Österreich on Montag, 15. Juni 2015


Welche Rolle spielt Fenninger als Frau?

Anwalt Flick ortet tiefe Diskrepanzen zwischen Fenninger und dem ÖSV: "Da muss es etwas gegeben haben, wo sie das Gefühl hat, dass sie als Frau ein Mensch zweiter Klasse ist." Bereits Mitte Mai betitelte "News" die Geschichte über den schwelenden Streit mit "Allein gegen die Machos" und sprach damit einen nicht unbedeutenden Punkt an: Die Ungleichbehandlung der Geschlechter innerhalb der ÖSV-Struktur. Fenninger muss nicht nur akzeptieren, weniger als ihr männlicher Gegenpart an der Weltcup-Spitze zu verdienen, sie muss sich auch mit einem äußerst patriarchalen System auseinandersetzen. In der Präsidentenkonferenz sitzen 16 Männer und eine Frau, im Vorstand lautet das Verhältnis neun zu eins, alle neun Landespräsidenten sind männlich. 39 ÖSV-Referaten stehen 37 Männer vor, einer sportlichen Leiterin stehen zehn sportliche Leiter gegenüber. Ein Vorzeige-Verband sieht anders aus.

Steht ein Nationenwechsel zur Debatte?

Athleten oder Athletinnen, die den Verband wechseln, gehören im Sport dazu. Auch dem ÖSV ist diese Option nicht neu. Mit Marc Girardelli (Luxemburg) kam dem heimischen Skiverband einer der besten Skifahrer aller Zeiten in Jugendjahren abhanden, Kathrin Gutensohn oder Fritz Dopfer waren für Deutschland erfolgreich. Etwas glückloser aber teils umso spektakulärer verliefen die Wechsel von Slalom-Spezialistin Elfi Eder (1998/99 für den Karibik-Staat Grenada), Kilian Albrecht (ab 2006 für Bulgarien) oder Andi Goldberger (gescheiterter Versuch, nach dem Aufsehen erregenden Staatsbürgerschaftswechsel für Jugoslawien zu starten). "Ich bin aus Leib und Seele Österreicherin", dementierte Fenninger hingegen stets Pläne für einen etwaigen Verbandswechsel. "Für mich gibt es nur eine Möglichkeit, an den Start zu gehen: Das ist für Österreich." Dies bestätigte auch Manager Kärcher gegenüber den "Salzburger Nachrichten": "Sie würde nie für eine andere Nation starten!"

Welche Möglichkeiten bleiben Fenninger sonst?

Option 1: Sie stellt die Ski wirklich in die Ecke und kehrt dem Weltcup den Rücken. Dies würde allerdings weder ihr, noch dem ÖSV noch dem Manager noch irgendwelchen potentiellen Sponsoren helfen. Wahrscheinlichkeit: Sehr gering!

Option 2: Der ÖSV und Fenninger raufen sich wieder zusammen. Dabei müsste eine der beiden Streitparteien aber die Schuld auf sich nehmen und zurückweichen, was angesichts der sturen Charaktere zu bezweifeln ist. Wahrscheinlichkeit: Gering!

Option 3: Fenninger setzt ihrer Karriere mit einer ÖSV-Lizenz, aber ohne die Unterstützung des Skiverbands fort. "Es gibt natürlich die Möglichkeit, dass die Anna ihr eigenes Team macht. Sie bekommt natürlich vom österreichischen Skiverband die Lizenz, aber kommt für ihr Umfeld dann selbst auf", fasste es ÖSV-Sportdirektor Hans Pum am Mittwoch im Ö1-Morgenjournal zusammen. Wahrscheinlichkeit: Hoch!

Kommentare

Also wenn es stimmt, was die Presse verlautet, ist es aber auch nicht die feine englische Art vom ÖSV, das Besprechungsprotokoll im Nachhinein zu ändern, oder?
Komisch, dass es jetzt zwei unterschiedliche Protokolle gibt!

Bill Rizer

Och ne, sie hätte wenigstens die Frauenkarte steckenlassen können...

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