Was uns Volkswagen verspricht

Alles zum "Service" für betroffene Autos. PLUS: Wie VW für Abgas-Lüge bezahlen muss.

363.400 Autos von VW, Audi, SEAT und SKODA wurden hierzulande mit den Motoren von Typ EA 189 ausgestattet. Dieser zeigt die Messung des Stickoxid-Ausstoßes falsch an und brachte den Volkswagen-Skandal ins Rollen. Hier erfahren Sie, was VW den Betroffenen verspricht und welchen Konsequenzen sich der Konzern heute und in naher Zukunft stellen muss.

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Fakten - Was uns Volkswagen verspricht

Was mit betroffenen Wagen passiert

  • IST MEIN AUTO BETROFFEN?
    Wenn Sie sich gefragt haben, ob Ihr Wagen oder der Ihrer Bekannten betroffen ist, dann werden Sie in den nächsten Tagen oder Monaten darüber aufgeklärt werden. Meldet sich Volkswagen bei Ihnen, ist über die Fahrgestellnummer Ihres Fahrzeuges ermittelt worden, dass der Wagen mit einem Motor Typ EA 189 ausgestattet wurde und somit nachgebessert werden muss. Wenn Sie nicht kontaktiert werden, ist Ihr Auto nicht betroffen. VW spricht in diesem Zusammenhang übrigens von "Servicemaßnahmen", nicht von einer "Sicherheits-Rückrufaktion". Die Sicherheit der Fahrzeuge ist nicht tangiert, sagte ein VW-Sprecher in Wolfsburg.
  • WAS PASSIERT BEI DEM "SERVICE"?
    Bei dem "Service" wird der Chip mit der manipulierten Software, der direkt unter der Motorhaube liegt, ausgebaut. Das dauert nur wenige Stunden. Die Kosten übernimmt VW. Da es aber noch keine neue Software gibt, wird der Einbau noch einige Wochen dauern. "Ziel ist es, keine Fahrverhaltensänderungen zu erhalten", so VW zu Ö3. Auf die Leistung soll sich der Chipwechsel demnach nicht auswirken, was aber bisher noch nicht bestätigt werden konnte.
  • IST DER UMTAUSCH DES CHIPS VERPFLICHTEND?
    Verpflichtend sei der Umtausch nicht, das hinge von der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes ab, so ein Konzernsprecher gegenüber Ö3.
  • WAS FÜR KOSTEN KOMMEN AUF MICH ZU?
    Wenn das Finanzministerium auf die Nachzahlung einer höheren Kfz-Steuer besteht - aufgrund höherer Emissionen - kann es sogar sein, dass Kosten auf betroffene Autobesitzer zukommen. Aber keine Sorge: Für diesen Fall hat der Verein für Konsumentenschutz bereits eine Sammelklage vorbereitet. Der VKI sieht sogar Chancen auf Schadenersatz: "Es gab unzählige Leute, die sich für den teureren Diesel entschieden haben, also da hat man, wenn der jetzt gar nicht umweltfreundlich ist, einen Schaden erlitten", sagt VKI Chefjurist Peter Kolba im Ö3-Interview. Auch der geringere Wiederverkaufswert gelte als Schaden. Weitere Informationen zu Schadenersatzforderungen finden Sie hier.

Bis 7. Oktober erwartet das Österreichische Verkehrsministerium konkrete Pläne von VW, wie man weiter vorgeht.

Verkaufsstopp in Österreich kein Thema

Im Gegensatz zur Schweiz hat Österreich nicht vor, einen Verkaufsstopp von Dieselautos des VW-Konzerns zu erlassen. Einen solchen Alleingang könne sich ein EU-Land wie Österreich juristisch nicht leisten, die Schweiz agiere da in einem anderen Rechtsrahmen, sagte eine Sprecherin des Verkehrsministeriums. Österreich setzte stattdessen auf eine enge Kooperation mit Deutschland.

Klagewelle rollt auf Volkswagen zu

Die Rechnung für die Volkswagen-Emissions-Lüge wird hoch: Auf VW rollen wegen des Abgas-Skandals nicht nur Schadensersatzklagen von Anlegern und Autobesitzern sondern auch hohe Strafzahlungen zu. Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) schätzt den Gesamtschaden auf bis zu 47 Mrd. Euro. Die erste Klage ist bereits eingetrudelt: Der US-Landkreis Harris County in Texas fordert wegen Luftverpestung mehr als 89 Millionen Euro von dem Konzern. Regierungen anderer US-Staaten und -Kreise könnten bald nachziehen.

  • WARUM KÖNNTEN ANLEGER SCHADENERSATZ FORDERN?
    Schadenersatzansprüche könnten zum einen wegen Manipulation des Marktes bestehen. Der auf Kapitalmarktrecht spezialisierte Anwalt Andreas Tilp argumentiert, VW habe bereits im Juni 2008 gegenüber einer kalifornischen Behörde falsche Angaben zu den Abgaswerten eines Jetta-Modells gemacht. Damit hätten die Manipulationen begonnen. Zudem könnten Aktionäre Ansprüche geltend machen, falls VW seinen Informationspflichten nicht nachgekommen ist. Bereits Anfang September hatte VW gegenüber der US-Umweltbehörde EPA eingestanden, die Abgasgrenzwerte nicht einzuhalten. Die Behörde machte den Fall am 18. September öffentlich. Erst zwei Tage später gestand Volkswagen auch öffentlich in einer Pressemitteilung die Manipulation ein.
  • WER KANN KLAGEN?
    Schadenersatz geltend machen könnten Aktionäre, die die Aktien seit dem Beginn der Abgas-Manipulationen gekauft haben und bei Bekanntwerden der Vorwürfe noch hielten. Der Abgasskandal betrifft Fahrzeuge der Modelljahre 2009 bis 2014.
  • WELCHEN SCHADEN KÖNNEN ANLEGER GELTEND MACHEN?
    Die Höhe des Schadens errechnet sich grundsätzlich nach der Differenz des Kaufkurses und dem Kurs nach öffentlichem Bekanntwerden der Vorwürfe. "Wir gehen von einem Mindestschaden von circa 60 Euro pro Aktie aus", sagt Tilp. Am 18. September hatte die VW-Aktie noch bei mehr als 160 Euro notiert, am Mittwoch lag sie bei 98 Euro. "Fallen die Kurse der VW-Aktien weiter, so erweitert sich der eigentliche Schaden", sagt Kristin Wahlers, Expertin für Bank-und Kapitalmarktrecht beim Frankfurter Büro von FPS. Allerdings seien die Aktionäre auch verpflichtet, den Schaden gering zu halten. Wie viel Schadenersatz einem Aktionär zustehe, müsse im Einzelfall geprüft werden.
  • WIE HOCH SIND DIE GESAMTFORDERUNGEN?
    Zum jetzigen Zeitpunkt lasse sich das Volumen der Forderungen nicht abschätzen, sind sich die Experten einig. "Die Schadensersatzforderungen allein derjenigen Mandaten, die wir vertreten, werden sich auf einen dreistelligen Millionen-Betrag belaufen", sagt Tilp. "Sie könnten auch im Milliardenbereich liegen." Ihn hätten bisher eine Reihe von institutionellen Anlegern und Dutzende Privatanleger kontaktiert. Hinzu kommen die Klagen in den USA. Deren Volumen lässt sich den Experten zufolge noch schwerer abschätzen, denn neben Schadenersatz können US-Gerichte auch noch Bußgelder ("punitive damages") verhängen.

Image-Schaden?

Laut einer Umfrage sieht jeder zweite Deutsche einen Image-Schaden für die deutsche Industrie. 50 Prozent der Befragten befürchten, dass die Affäre um manipulierte Abgastests für Dieselautos auch negative Folgen für die gesamte deutsche Industrie und das Gütesiegel "Made in Germany" hat. Das ist das Ergebnis einer Forsa-Umfrage für das Magazin "Stern". Indes meinen 45 Prozent, darunter litten nur die Marken des VW-Konzerns.

Was bisher geschah

VW hat nach Vorwürfen der Umweltschutzbehörde EPA eingeräumt, seit 2009 mit einer speziellen Software die Emissionstests von knapp einer halben Million Diesel-Wagen in den USA ausgetrickst zu haben. Der tatsächliche Abgasausstoß soll die gesetzlichen Grenzwerte um ein Vielfaches überstiegen haben.

18. September: Die US-Umweltbehörde EPA teilt in Washington mit, Volkswagen habe eine spezielle Software eingesetzt, um die Messung des Schadstoffausstoßes bei Abgastests zu manipulieren.

20. September: VW-Chef Winterkorn kündigt eine umfassende Aufklärung an. "Ich persönlich bedauere zutiefst, dass wir das Vertrauen unserer Kunden und der Öffentlichkeit enttäuscht haben", teilt er mit und erklärt das Thema zur "höchsten Priorität". Später räumt ein Konzernsprecher ein, dass es zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist.

21. September: Volkswagen stoppt den Verkauf von Dieselwagen mit Vierzylinder-Motoren in den USA. Betroffen sind dort Modelle der Kernmarke VW und der Tochter Audi. Die Vorzugsaktie von VW bricht zeitweise um mehr als ein Fünftel ein. In den USA entschuldigt sich VW-Regionalchef Michael Horn: "Wir haben Mist gebaut."

22. September: Auch in Absatzmärkten außerhalb der USA gibt es Forderungen, Klarheit über das Ausmaß der Affäre zu schaffen. VW gibt eine Gewinnwarnung heraus und kündigt Milliarden-Rückstellungen an. In einem Video bittet Winterkorn um Entschuldigung.

23. September: Winterkorn tritt zurück. "Ich bin bestürzt über das, was in den vergangenen Tagen geschehen ist. Vor allem bin ich fassungslos, dass Verfehlungen dieser Tragweite im Volkswagen-Konzern möglich waren", erklärt er seinen Schritt. Der Aufsichtsrat kündigt eine Entscheidung über die Nachfolge an.

24. September: Die Affäre bringt die gesamte Industrie in Bedrängnis. Vorwürfe werden laut, auch andere Hersteller könnten manipuliert haben. Viele dementieren das. Daneben gibt es etliche Personalspekulationen rund um VW. Medien berichten, Porsche-Chef Matthias Müller habe die besten Chancen, Winterkorn zu beerben.

25. September: Der VW-Aufsichtsrat tagt in Wolfsburg. Nach einer unerwartet langen Sitzung beruft das Gremium Porsche-Chef Matthias Müller zum neuen Konzernchef und trifft einige weitere Personal- und Strukturentscheidungen.

28. September: Bei der Aufarbeitung des Skandals gerät Ex-VW-Chef Winterkorn ins Visier der Justiz. Nach mehreren Strafanzeigen leitet die Braunschweiger Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen ihn ein. Der Fokus liege auf dem Vorwurf des Betrugs durch den Verkauf von Autos mit manipulierten Abgaswerten.

29. September: Volkswagen legt einen Aktionsplan zur Nachbesserung von Dieselwagen mit manipulierter Software vor. Die betroffenen Kunden sollen demnächst per Post informiert werden. In Österreich sind insgesamt 363.400 Autos betroffen.

30. September: Die VW-Finanztochter verhängt einen Einstellungsstopp bis zum Jahresende, auslaufende Zeitverträge werden nicht verlängert. Die Aufseher kommen erneut zu einer Krisensitzung zusammen.

1. Oktober: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig rudert zurück: Entgegen früheren Angaben führt sie kein formelles Verfahren gegen Winterkorn. Neuer VW-Finanzchef wird nach dem Wechsel von Hans Dieter Pötsch in den Aufsichtsrat der Leiter der Finanzsparte, Frank Witter.

2. Oktober: Der US-Kongress teilt mit, dass sich VW-Landeschef Michael Horn am 8. Oktober den Abgeordneten in einer Befragung stellen muss. Auf speziellen Internetseiten können Kunden von VW und Audi prüfen, ob ihr Wagen die Manipulationssoftware verwendet.


4. Oktober: Laut "Bild am Sonntag" sollen VW-Ingenieure der internen Revision gesagt haben, sie hätten 2008 die Software installiert.

5. Oktober: VW teilt mit, dass der Großteil der betroffenen Autos - 8 von insgesamt 11 Millionen - in den Ländern der EU unterwegs ist.

6. Oktober: Betriebsratschef Bernd Osterloh und Müller sprechen bei einer Betriebsversammlung in Wolfsburg zur Belegschaft.

Kommentare

Das kennen wir doch schon:
Was haben uns Faymann und Mitterlehner nicht auch schon alles versprochen....

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