Ärger über neue ÖBB-App

Zahlreiche Nutzer beklagen sich über Probleme beim Ticketkauf

Seit 20. Jänner ist die Ticketbuchung bei den ÖBB nicht mehr über die gewohnte „ÖBB Tickets“, sondern nur mehr über eine neue App möglich. Diese soll nicht nur Fahrplanauskunft und Fahrscheinkauf zusammenführen, sondern die Nutzer auch durch zahlreiche Zusatzfunktionen erfreuen. Deren Freude hält sich jedoch in Grenzen, denn die Liste der Beschwerden ist lang.

von Schaffner im Zug © Bild: ÖBB/Philipp Horak

Um sich einen Überblick über die Qualität der neuen Bahn-App zu verschaffen, genügt ein kurzer Blick in die Nutzerbewertungen des Android- bzw. des Apple-Store. „Ramsch“ ist etwa ein Wort, das da immer wieder auftaucht, oder auch „Katastrophe“. Unter iPhone-Nutzern erhielt die aktuelle Version im Schnitt gerade einmal 2,5 von fünf Sternen, bei Android-Usern sieht es mit 2,9 nur marginal besser aus. Gleich 274-mal wurde die neue ÖBB-App dort mit nur einem Stern versehen – bei insgesamt 680 eingegangenen Bewertungen.

Die Bandbreite der Beschwerden ist dabei breit. Manche klagen etwa darüber, dass die Vorteilscard in der neuen App nicht mehr angezeigt wird und darum wieder die Plastikkarte mitgeführt werden muss. Wieder andere berichten über Probleme mit dem Zugpersonal, weil ordnungsgemäß gekaufte Tickets ohne bestehende Internetverbindung nicht angezeigt werden konnten. Ein aufgrund der nach wie vor notorisch schwachen Verbindungen in Zügen essentielles Feature, das in der alten App keine Probleme machte. Freilich sind Android- und Apple-User immer noch besser dran als Nutzer anderer Betriebssysteme: Für die gibt es nämlich gleich gar keine Version der App.

Mangelnde Kompatibilität

Doch nicht nur die App selbst sorgt für Unmut, auch deren Kompatibilität mit ihrer Vorgängerin sowie mit dem gewohnten Buchungssystem auf der ÖBB-Website ist schlicht nicht vorhanden. So muss für die neue App zwar kein neues Benutzerkonto angelegt werden, die Historie der mit der alten App gekauften Fahrkarten ging jedoch komplett verloren.

Noch viel ärgerlicher – und unverständlicher – ist freilich die Tatsache, dass im gewohnten Ticketportal der ÖBB-Website gekaufte Tickets in der neuen App nicht angezeigt werden und damit althergebracht ausgedruckt mitgeführt werden müssen. Im Jahr 2016 ein Anachronismus erster Güte. Zwar verweisen die Bundesbahnen auf ihr neues – mit der App kompatibles – Ticketportal, doch solange die Fahrplanauskunft auf der Website auf das alte, inkompatible Portal verweist, sind Konflikte zwischen Fahrgästen und Zugbegleitern vorprogrammiert.

Bei den ÖBB will man Fehler im Einzelfall nicht ausschließen, betont aber, dass sowohl Vorteilscard als auch Tickets auch im Offline-Modus angezeigt werden sollten. Nutzer von Windows-Mobile- und Blackberry-Geräten verweist Konzern-Sprecher Michael Braun ebenso auf die neue Browser-Version des Ticket-Shops wie Besitzer von Motorola-Handys. Der US-Hersteller setzt zwar auf Android, habe das Betriebssystem allerdings modifiziert, weshalb es auch hier zu Fehlermeldungen kommen könne.

Die mangelnde Kompatibilität zwischen neuer und alter App sowie zwischen neuer App und altem Website-Buchungssystem nehmen die ÖBB hingegen bewusst in Kauf. Man habe sich aus technischen Gründen für eine Lösung mit einer Parallelbetriebsphase von altem und neuem Ticketing-System entschieden, das nun schrittweise eingeführt werde.

Vorwürfe, eine unfertige App freigegeben zu haben, weist Braun zurück. Man habe sich bemüht, die neue App „so intuitiv wie möglich“ zu gestalten und habe auch „sehr viele positive Rückmeldungen“ erhalten. Nichts desto trotz sei die Programmierung mit dem Launch noch lange nicht abgeschlossen. Die App werde laufend weiterentwickelt, um neue Services ergänzt und verbessert.

Kommentare