Endlich im Zug telefonieren

ÖBB und Mobilfunk-Anbieter investieren 100 Millionen in bessere Verbindungen

Telefonieren und Internetsurfen im Zug ist in Österreich derzeit eine Qual. Geht es nach den ÖBB und den Mobilfunkbetreibern aber nicht mehr lange. A1, T-Mobile und Drei sowie das Verkehrsministerium investieren bis 2018 rund 100 Millionen Euro in eine bessere Netzabdeckung entlang der wichtigsten Zugstrecken. "In Zukunft fährt das Breitband mit den ÖBB mit", sagte Minister Alois Stöger (SPÖ) am Freitag in einer Pressekonferenz mit den Unternehmen. Und ÖBB-Chef Christian Kern spricht von einem Meilenstein in der österreichischen Bahngeschichte.

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Fakten - Endlich im Zug telefonieren

Bis Ende 2016 wird in einem ersten Schritt die Netzabdeckung entlang der S-Bahn-Strecken in Wien und Niederösterreich sowie die Westbahnstrecke Wien-Salzburg ausgebaut. Auch für Fahrgäste des ÖBB-Konkurrenten Westbahn wird damit der Empfang besser. In einer zweiten Etappe werden ab 2016 die Südstrecke, die S-Bahn-Strecken in der Steiermark, Kärnten, Innsbruck und Vorarlberg mit einer verbesserten Mobilfunkversorgung ausgestattet.

Nebenstrecken wie etwa die Bahnverbindung von Linz nach Freistadt, jene im Waldviertel oder die Zugstrecken über Selzthal werden vorerst nicht ausgebaut. Der Ausbau würde sich hier wirtschaftlich nicht rechnet, so ÖBB-Chef Christian Kern. Die Bahn betont aber, durch den Ausbau 95 Prozent der Kunden zu erreichen.

Lösung für ein altes Problem

"Es ist die Lösung für ein Kundenbedürfnis, das uns eigentlich seit Beginn des Mobiltelefons Probleme bereitet hat", sagte Kern am Freitag bei der Vorstellung der Pläne. Mit Ausnahme der Schweiz gebe es europaweit keine befriedigende Antwort. "Etwas zugespitzt formuliert: Es ist deutlich leichter in einem Space Shuttle WLAN und Sprachtelefonie zu realisieren, als das in einem Zug ist", so Kern.

Für die Probleme gibt es demnach drei Gründe, erstens die Netzabdeckung, zweitens die Konstruktion der Züge und drittens das Nutzungsverhalten. Je hochwertiger und isolierter der Zug, desto schwieriger die Versorgung. "Scheppernde Kisten können Sie leichter durchdringen als etwa den railjet oder den künftigen cityjet", erklärte Kern den anwesenden Journalisten.

Dass alle Passagiere gleichzeitig im Internet surfen wollen, stellt die ÖBB vor ein weiteres Problem. "In einem railjet haben Sie bis zu 800 Menschen, die an den diversen Sendestationen mit bis zu 230 Km/h vorbeirasen. Und das bedeutet, dass von Station zu Station alle 80 Sekunden eine Übergabe des Funksignals stattfindet", schilderte der ÖBB-Konzernchef.

Neue Onboard-Systeme geplant

Für die ÖBB soll der Netzausbau der Auftakt einer Digitalisierungsinitiative sein, dazu sind auch neue Onboard-Systeme geplant. Kern schweben etwa Catering-Bestellungen per App und ein Unterhaltungsportal mit Medieninhalten und Nachrichten vor. "Wir wollen Bahnfahren zum modernen Lifestyle machen", erklärte Kern.

Zwischen Wiener Neustadt und Wien gibt es bereits eine Teststrecke. Auf der rund 50 Kilometer langen Strecken gab es bisher im Schnitt sechs Gesprächsabbrüche. Im Endausbau soll es kein einziger Abbruch mehr sein, erklärten die Chefs der Mobilfunkbetreiber A1 (Telekom Austria), T-Mobile und Drei (Hutchison) in der Pressekonferenz.

Enormer Aufwand

Aus technischer Sicht werden rund 900 neue Mobilfunksender entlang von 1.500 Kilometern Bahnstrecke errichtet, auch die Tunnel werden verkabelt. In erster Linie sollen die bestehende Infrastruktur, wie etwa die GSM-R-Sendemasten der Bahn, aber auch die Masten für den Fahrstrom, genützt werden. Darüber hinaus stellen die Mobilfunker ungefähr alle fünf Kilometer zusätzliche LTE-Sendestationen mit je 200 Mbit pro Sekunde auf. Gleichzeitig montieren die ÖBB auf jedem Waggon eine Antenne und einen Repeater, der das Mobilfunksignal im Wageninneren an die Fahrgäste verteilt.

Die staatlichen Subventionen für den Netzausbau entlang der Gleise kommen aus dem Infrastruktur-Rahmenplan für die ÖBB, nicht aus der Breitband-Milliarde.

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