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Projekt "Blühendes Unterkärnten" will Streuobstwiesen-Bestand sichern

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Streuobstwiesen sind ein Hotspot für Biodiversität
©APA, KERSTIN PUSSNIG
Streuobstwiesen sind ein Hotspot für Biodiversität und bieten bis zu 5.000 Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts gehen die Flächen kontinuierlich zurück. Von ungefähr "35 Millionen Streuobstbäumen in Österreich um 1930 ging der Bestand auf rund 4,2 Millionen im Jahr 2020 zurück", heißt es in einem Bericht der ARGE Streuobst. Das Projekt "Blühendes Unterkärnten" will vorhandene Streuobstwiesen erhalten und neue entstehen lassen.

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Die Kärntner Initiative unter Leitung von Stephan Stückler startete 2018 als Naturschutzprojekt des Landes Kärnten. Finanziert wird es je zur Hälfte von Land und EU, das Budget für drei Jahre liegt bei 400.000 Euro. "Wir haben jetzt die dritte Weiterführung", so Stückler beim APA-Lokalaugenschein im Lavanttal. Gestartet wurde mit dem Projekt "Blühendes Lavanttal" in den Jahren 2018 bis 2020. Ab dem zweiten Projektabschnitt wurde auch der Bezirk Völkermarkt miteinbezogen, fortan unter "Blühendes Unterkärnten".

Viele Maßnahmen dienen der Erhaltung und Neugestaltung von Streuobstwiesen. "Wir haben heuer 240 Nistkästen an die Bevölkerung ausgegeben", berichtet Stückler. Seit Projektbeginn seien ungefähr 8.000 hochstämmige Obstbäume ausgegeben worden. Dabei handle es sich vorwiegend um alte, robuste Streuobstsorten, die gebietstypisch und dem Klima bestens angepasst sind. Gut angekommen sei auch die Verteilung von Saatgutpäckchen mit Feld- und Wiesenblumensamen. Von der echten Schafgarbe, über Ringelblume und Kornblume bis hin zu Spitzwegerich oder Wiesensalbei - eine bunt blühende Bienenweide ist nicht nur schön anzusehen, sondern auch ein wichtiger Insektenlebensraum.

Die Expertin auf dem Gebiet der Obstbaukunde, Pomologin Katharina Varadi-Dianat, beschreibt den Kreislauf eines gut funktionierenden Ökosystems: "In den Streuobstwiesen finden Insekten ihren Lebensraum, die von anderen Insekten gefressen werden. Diese dienen wiederum als Futter für Vögel und Säugetiere. Biodiversität ist eine Vielfalt an Lebensräumen." In so mancher Aushöhlung eines alten hochstämmigen Obstbaumes im Lavanttal findet man den streng geschützten Juchtenkäfer oder "Eremit". Seine Larven entwickeln sich im Mulm, im zersetzten Holz der Baumhöhlen. Um dem seltenen Käfer einen Lebensraum zu bieten, ist es notwendig, "alte und dürre Bäume" stehenzulassen, so Stückler und: "Ein toter Baum ist trotzdem noch Lebensraum."

In einer gut strukturierten Streuobstwiese finden sich zwischen drei- und fünftausend Tier- und Pflanzenarten. Der Lebensraum Streuobstwiese besteht nicht nur aus Blumen und Obstbäumen, auch Stein- und Reisighaufen mit Totholz gehören dazu. "Die trockenen Äste dienen großen Insekten als Startplattform", erklärt Varadi-Dianat. Igel, Eidechsen oder Vögel wie Grünspecht und Wiedehopf lassen sich dann ebenfalls in diesem Lebensraum finden. Aufgrund des Klimawandels mit erhöhten Temperaturen, längeren Trockenperioden und schwallartigen Niederschlägen müsse man zum Teil auf andere Obstsorten umsteigen, so die Pomologin. Die Insekten würden sich zum Teil gut an die veränderten Bedingungen anpassen.

Den erschreckenden Rückgang an Obstbäumen in den vergangenen Jahrzehnten veranschaulicht Varadi-Dianat an der Situation im Lavanttal: "1939 gab es hier noch 600.000 Obstbäume. Heute schätzt man den Bestand auf 60.000." Dies ist ein Rückgang von 90 Prozent. Nur die Hälfte des Streuobstbestandes finde sich noch auf landwirtschaftlichen Flächen, der Rest in privaten Hausgärten. Umso mehr wolle man mit den verschiedenen Initiativen das Bewusstsein im privaten Bereich verschärfen. Die Pomologin rät Grundbesitzern dazu, wenigstens ein paar Quadratmeter rasenmäherfreie Fläche anzulegen und dort Saatgut einzubringen.

Für die Gartenarbeit hat Varadi-Dianat einen besonderen Tipp: "Wer nicht den ganzen Abfall und Schnitt entsorgen möchte, kann damit in seinem Garten einen Reisighaufen anlegen, ein Quartier für Igel." Pflanzenschnitt könne auch gut in einer Benjeshecke untergebracht werden. Die vielerorts beliebte Thujenhecke würde oft von Schädlingen befallen, verfärbe sich braun und ließe sich durch Alternativen wie heimische Obstgehölze ersetzen. Zudem hätte man den Nutzen der Obsternte. Der Nutzen eines Obstgartens bestehe aber nicht immer nur aus dem Obst, so die Pomologin: "Ein Nutzen kann die landschaftliche Schönheit sein, der gespendete Schatten oder es kann auch einfach ein Nutzen sein, dass Tieren Unterschlupf geboten wird und sich Pflanzen ausbreiten können." In jedem Fall ist die Streuobstwiese ein wichtiger Beitrag zur heimischen Biodiversität.

WOLFSBERG - ÖSTERREICH: FOTO: APA/KERSTIN PUSSNIG

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