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Die israelische Luftwaffe hatte am Dienstagabend noch besonders massive Angriffe im Libanon geflogen, auch in der Hauptstadt Beirut und ihren südlichen Vororten. Seit Beginn der Waffenruhe gab es keine neuen Angriffe.
Wenige Stunden nach Inkrafttreten der Waffenruhe kam es nach israelischen Angaben aber im Südlibanon zu einem Zwischenfall. Die Armee teilte mit, Soldaten hätten "ein Fahrzeug mit mehreren Verdächtigen in einer Zone ausgemacht, in der Bewegung verboten ist". Die Soldaten hätten Schüsse abgegeben, um sie am Weiterfahren zu hindern. Daraufhin hätten die Menschen das Gebiet wieder verlassen. "Die israelische Armee wird gegen jeden vorgehen, der versucht, gegen die Waffenruhe-Vereinbarung zu verstoßen", hieß es in der Mitteilung weiter.
Der israelische Sender Kan berichtete dazu, acht Fahrzeuge und ein Motorrad mit Hisbollah-Mitgliedern seien in das Gebiet von Kafr Kila nahe der Grenze zu Israel gekommen. Die Armee habe sie mit Warnschüssen vertrieben.
Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz teilte mit, angesichts des Vorfalls in Kafr Kila habe er die Armee angewiesen, "entschlossen und kompromisslos gegen solche Phänomene vorzugehen". Jede mit der Hisbollah identifizierte Person, die sich den verbotenen Zonen nähere, müsse festgenommen werden. Sollten die israelischen Truppen in Gefahr sein, müssten diese angreifen.
Die Feuerpause war von den USA und Frankreich vermittelt worden, um eine "dauerhafte Einstellung der Feindseligkeiten" zu erreichen, wie US-Präsident Joe Biden sagte. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu sagte, die Dauer der Waffenruhe hänge davon ab, "was im Libanon passiert". Nach Medienberichten ist ein Rückzug der israelischen Bodentruppen aus dem Libanon binnen 60 Tagen vorgesehen. Die Hisbollah soll sich demnach hinter den Litani-Fluss etwa 30 Kilometer nördlich der Grenze zurückziehen.
Die libanesische Armee kündigte an, "die notwendigen Schritte" zur Umsetzung der Waffenruhe zu unternehmen. Daran arbeiteten die Streitkräfte in Abstimmung mit der UNO-Beobachtermission UNIFIL im Libanon, teilte die Armee auf X mit. Bei der UNIFIL sind auch Soldaten des österreichischen Bundesheers im Einsatz. Das Wiener Außenamt begrüßte die Waffenruhe auf X und rief alle Beteiligten dazu auf, sie einzuhalten. "Österreich wird sein Engagement bei der UNIFIL fortsetzen", wurde betont.
Libanesische Soldaten sollen nun als Teil der Vereinbarung zur Waffenruhe im Grenzgebiet stationiert werden, um sicherzustellen, dass Hisbollah-Kämpfer sich hinter den Litani-Fluss zurückziehen und dort auch bleiben. Die Armee ist keine aktive Kriegspartei in dem Konflikt zwischen der Hisbollah und dem israelischen Militär.
Das Militär rief Bewohner aus dem Südlibanon zu Geduld auf. Sie sollten mit ihrer Rückkehr in ihrer Heimatorte bis zum Abzug der israelischen Streitkräfte gemäß der Feuerpausen-Vereinbarung warten. Seit den frühen Morgenstunden machten sich nichtsdestotrotz Tausende Menschen in vollgepackten Autos auf den Weg zurück in den Südlibanon, der in den letzten Wochen und Monaten unter massivem Beschuss der israelischen Armee stand. Auf sozialen Medien und im arabischen Fernsehen waren lange Staus auf den Straßen in Richtung Süden zu sehen.
Ein israelischer Militärsprecher hatte zuvor bereits auf X geschrieben, Bewohner von Gegenden, für die es Aufforderungen zur Evakuierung gegeben habe, dürften vorerst nicht in ihre Dörfer zurückkehren.
Unterdessen begannen im Libanon nach Worten eines Hisbollah-nahen Ministers Aufräumarbeiten nach den bisherigen kriegerischen Auseinandersetzungen. Um 7.00 Uhr früh Ortszeit - drei Stunden nach Beginn der Waffenruhe - habe man die Arbeiten in den südlichen Vororten von Beirut gestartet, sagte der geschäftsführende Minister für öffentliche Arbeiten und Transport, Ali Hamiya. Ziel sei, Straßen aus dem zerstörten Vorort Haret Hreik nach Beirut wieder zu öffnen. Auch an der Hauptstraße, die aus der libanesischen Hauptstadt nach Syrien führt, habe der Wiederaufbau begonnen.
In den südlichen Vororten von Beirut waren laut Augenzeugen schon in der Früh Bagger und Räumfahrzeuge im Einsatz, die Trümmer beseitigten. Israels Armee hatte die Luftangriffe gegen die Hisbollah im Libanon im September massiv ausgeweitet und auch die südlichen Vororte immer wieder bombardiert und zahlreiche Gebäude zum Einsturz gebracht. Schon nach diesen Angriffen hatten Baufahrzeuge teils Trümmer beseitigt.
Die Türkei rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, dafür zu sorgen, dass die Waffenruhe im Libanon hält. "Es ist zwingend erforderlich, dass die internationale Gemeinschaft Druck auf Israel ausübt, damit es die Waffenruhe vollständig einhält und Wiedergutmachung für die Schäden leistet, die es im Libanon verursacht hat", erklärte das Außenministerium in Ankara. Die Türkei sei bereit, die Friedensbemühungen im Libanon zu unterstützen. Um dauerhaft Frieden und Stabilität in der Region sicherzustellen, müsse es zudem so bald wie möglich einen Waffenruhe im Gazastreifen geben.
Die iranische Führung begrüßte die Waffenruhe. Der Iran werde auch in Zukunft "die Regierung, das Volk und den Widerstand im Libanon" unterstützen, sagte Außenamtssprecher Ismail Baqai laut einer Erklärung seines Ministeriums. Nun sei es an der Zeit, Druck auszuüben, um auch eine Waffenruhe im Gaza-Krieg zu erzielen, fügte Baghai hinzu.
Die Hisbollah (Partei Gottes) entstand 1982 mit iranischer Unterstützung als Antwort auf die israelische Invasion im Libanon. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sie sich zu einer mächtigen politischen und militärischen Organisation, die tief in den libanesischen Staat und seine Institutionen vorgedrungen ist. Durch ein Netzwerk aus Wohlfahrtsdiensten, Einfluss auf Sicherheitskräfte und Kontrolle von Schmuggelrouten hat sie den Staat schrittweise geschwächt und eigene Parallelstrukturen geschaffen.
Bei israelischen Luftangriffen auf Grenzübergänge zwischen Syrien und dem Libanon noch vor Inkrafttreten der Waffenruhe mit der Hisbollah-Miliz sind nach syrischen Angaben sechs Menschen getötet worden. Darunter seien Zivilisten und ein Freiwilliger des Syrischen Roten Halbmonds, meldete die syrische Staatsagentur SANA am Mittwoch. Zwölf Menschen wurden demnach verletzt. Das israelische Militär äußerte sich dazu zunächst nicht.
Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden insgesamt zehn offizielle und inoffizielle Grenzübergänge angegriffen. Israel zielte nach Einschätzung der Beobachtungsstelle darauf ab, Versorgungswege der libanesischen Hisbollah-Miliz zu kappen, die ihre Waffen laut Experten aus dem Iran unter anderem über Syrien bezieht. "Die Israelis versuchen, alle Wege zu zerstören, auf denen die Hisbollah Waffen aus Syrien schmuggelt", sagte der Leiter der Beobachtungsstelle, Rami Abdul Rahman.
A fireball erupts from the site of an Israeli airstrike that targeted the area of Tayouneh in Beirut's southern suburbs on November 25, 2024, amid the ongoing war between Israel and Hezbollah. Israel conducted strikes against Hezbollah's Beirut stronghold on November 25 and battles raged in Lebanon's south after the Iran-backed militant group claimed 50 attacks on Israeli targets the day before. (Photo by AFP)