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Die Idee für ein gemeinsames Projekt hätten Schett und der Burgschauspieler schon vor einigen Jahren gewälzt, nun sei mit dem Eröffnungsreigen der neuen Burgtheaterdirektion von Stefan Bachmann die richtige Gelegenheit gekommen. "Holzfällen" sei dafür perfekt geeignet, "Trauermärsche zu spielen, während Nicholas über das Burgtheater schimpft", lachte Schett, für den es in der Vorbereitung eine Freude war, mit den zahlreichen feinen Verwebungen und Überlagerungen von Musik und Text zu arbeiten. "Das ist zwar etwas, was wir immer schon machen, aber vielleicht noch nie so intensiv gemacht haben wie dieses Mal", so der Musiker, der Ofczarek als musikalischen Schauspieler hoch schätzt.
Der Abend, für den bis dato am Burgtheater nur wenige Termine angesetzt sind und der als Gastspiel u.a. am Berliner Ensemble, am Schauspielhaus Bochum und am Schauspiel Stuttgart zu sehen sein wird, sei weit mehr als eine Szenische Lesung, in der sich Text und Musik abwechseln. "Es ist eine Sprachpartitur für elf Stimmen in einen Lichtraum", verwies Schett auch auf den dritten Pfeiler der Inszenierung - das Licht von Paul Grilj, das einen eigenen Bühnenraum schaffe. Grilj habe für den Abend "ein fantastisches Licht gemacht, das eine große Rolle in der ganzen Partitur spielt".
Der "schlaue, lustige, tiefgründige, sarkastische und böse" Text werde durch die Musik sowohl unterstrichen als auch unterlaufen. "Die Musik ist ja oft - das ist das Schöne am Musiktheater - schlauer als der Erzähler." Die Musik könne sowohl vorausahnen als auch zurückblicken.
Als musikalische Impulsgeber dienen etwa Divertimenti von Mozart, mit dem die Musicbanda bisher vergleichsweise wenig gearbeitet hat, sowie ein "wunderschönes Adagio" aus einem Streichsextett zum Höhepunkt des Abends. "Wir bieten einen großen Komponistenhimmel auf. Auch direkt aus dem Text ergeben sich etwa mit Henry Purcell bis Anton Webern zahlreiche Anknüpfungspunkte", so Schett. "Das sind die zwei Komponisten, die im Roman wirklich andauernd vorkommen: einerseits, weil Frau Auersberger ja immer noch eine Purcell-Arie singen will, andererseits, weil der Ich-Erzähler den Komponisten Auersberger in direkter Webern-Nachfolge sieht."
Angesichts der anstehenden Nationalratswahl ortete Schett bei Bernhard "tausend aktuelle Satzbeispiele, die man heute eins zu eins vorlesen könnte". Nicht zuletzt der in "Holzfällen" immer wieder anklingende Stadt-Land-Konflikt sei etwas, das sich auch stets durch die Arbeit von Franui ziehe, "weil wir ja aus dem Seitental eines Nebentals kommen", lachte Schett. Auch habe kürzlich Peter Sloterdijk in einem "Zeit"-Interview gesagt, dass der in die Politik eingezogene Populismus letztendlich eine Rache des Landes an der Stadt sei. "Also da gibt es viele aktuelle Bruchlinien, die bei Thomas Bernhard festgeschrieben sind."
Zwischen den "Holzfällen"-Aufführungen jettet die Musicbanda immer wieder nach Stuttgart, wo ihre Hybridoperette "Hotel Savoy" läuft, daneben steht man mit Nikolaus Habjan mit "Alles nicht wahr" auf mehreren Bühnen. Besonders freut sich Schett bereits auf das Strauss-Jahr 2025, wo man gemeinsam mit dem Arnold Schoenberg Chor in der Regie von Nuran David Calis den "Zigeunerbaron" in einer neuen Fassung von Roland Schimmelpfennig auf die Bühne der Halle E des Museumsquartiers bringen wird. Der Autor habe das Libretto völlig neu geschrieben, "weil man das Stück sonst ja nicht mehr retten kann, allein des Titels wegen", so Schett, der das Stück neben der "Fledermaus" für Strauss' "wahrscheinlich bestes Stück" hält. Jetzt steht allerdings erstmal "Holzfällen" auf dem Programm.
(Das Gespräch führte Sonja Harter/APA)
(S E R V I C E - "Holzfällen" von Thomas Bernhard, von und mit Nicholas Ofczarek und Musicbanda Franui, Komposition & Musikalische Bearbeitung: Markus Kraler, Andreas Schett, Textfassung: Andreas Schett, Licht: Paul Grilj, Premiere am 12. September, 20 Uhr. Weitere Termine: 16. und 22. Oktober. www.burgtheater.at)
WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/APA/Musicbanda Franui/Raffaela Proell