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Bereits seit 31. März dieses Jahres sind beide Länder Mitglieder von "Schengen Air", die Kontrollen an den Luft- und Seegrenzen bei Reisen in Schengenstaaten wurden aufgehoben. Die Umstellung sei zunächst eine Herausforderung gewesen, erzählt Roman Bakarjew, der stellvertretende Leiter Flughäfen bei der bulgarischen Grenzpolizei. Mittlerweile funktioniere aber alles reibungslos, wie auch ein Lokalaugenschein am Flughafen in Sofia ergab.
Seitdem hat Bulgarien seine Bemühungen noch mehr verstärkt, um die EU-Außengrenzen zu schützen. So habe man die Organisation der Grenzpolizei reorganisiert und 1.264 mehr Beamte aufgenommen, erzählt der bulgarische Vize-Innenminister Lubomir Iossifow. Zudem seien zusätzliche 280 Geländewagen angeschafft worden, bis Jahresende sollen noch 80 weitere hinzukommen. Seit Jahresbeginn seien so aufgrund der Maßnahmen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 46 Prozent weniger illegale Migranten aufgegriffen worden.
Die Hauptroute der illegalen Migration nach Bulgarien kommt aus der Türkei. Die bulgarisch-türkische Grenze ist insgesamt 281 Kilometer lang, insgesamt gibt es drei offizielle Grenzübergänge. Für irregulär einreisende Migranten ist ein Grenzübertritt aber an einem offiziellen Grenzübergang ohnehin selten eine Option, über die grüne Grenze ist das weitaus einfacher. Daher begann Bulgarien 2014 die Grenze zur Türkei mit einem Zaun zu sichern, mittlerweile sind 236 Kilometer Zaun fertiggestellt. Die illegale Migration konnte so um 70 Prozent reduziert werden, berichtet Iossifow.
Doch auch in Kapitaan Andreewo, Europas größtem und weltweit zweitgrößtem Grenzübergang, wurden die Kontrollen weiter verschärft. Im vergangenen Jahr passierten 7,6 Millionen Menschen in 3,5 Millionen Fahrzeugen diesen Grenzübergang. "Ich glaube, dass wir bereit sind, die EU-Außengrenze zu schützen. Die Ergebnisse des vergangenen Jahres verdeutlichen das", sagt Jani Pejchew, der Leiter des Grenzübergangs. Während 2015 noch 1.643 versteckte Personen entdeckt wurden, waren es 2023 nur 49, 2024 bisher 92.
Insgesamt gibt es 29 automatisierte Dienststellen für die Ein- und Ausreise in die Türkei, 20 für Pkw, vier für Busse und fünf für Lkw. Alle Lkw mit Plane werden von den Grenzbeamten mit einem CO2-Messgerät überprüft, um zu sehen, ob sich Lebewesen an Bord befinden. Kühltransporter, wo dies nicht möglich ist, werden zu 100 Prozent geröntgt. Zudem kommen Wärmebildkameras und seismische Sensoren zum Einsatz. Bei Verdachtsfällen werde an einer anderen Stelle weiter kontrolliert, so eine Untersuchung könne dann schon mehrere Stunden dauern, erzählt Pejchew.
Versuche der Bestechung habe es vereinzelt gegeben, sagt Pejchew, doch werde dies einerseits durch Prävention und die Arbeitsweise verhindert. So würden die Grenzbeamten mehrmals am Tag ihren Posten wechseln, jede Arbeitsstelle werde videoüberwacht und der Arbeitsgruppenleiter führe Verdachtskontrollen durch.
In einem trilateralen Zentrum mit Griechenland und der Türkei können Informationen über Drittstaatsangehörige rasch ausgetauscht werden. Derzeit sind auch 13 Frontex-Beamte aus anderen EU-Staaten dort im Einsatz. Sie sind Spezialisten für etwa die Überprüfung von gefälschten Dokumenten oder das Aufspüren von gestohlenen Fahrzeugen, wie Marius aus Rumänien. Er berichtet, dass er bisher ungefähr 100 sehr teure Autos, meist deutsche Luxusmarken, aufgespürt habe. Die Kooperation mit den bulgarischen Kollegen bezeichnet er als "sehr gut", ebenso den Erfahrungsschatz, den er hier gesammelt habe.
Radoslav Kulekow, Vizedirektor der Hauptdirektion Grenzpolizei, betont, dass der Wegfall der Grenzkontrollen im Schengenraum nicht bedeute, dass der Kampf gegen kriminelle Netzwerke wegfallen werde. Die Zahlen würden das belegen. So habe es in den ersten zehn Monaten 2023 noch 170.214 Versuche von illegalen Grenzübertritten gegeben, im Vergleichszeitraum 2024 sei diese Zahl auf 50.519 gesunken.
Gefasste Migranten selbst würden sagen, dass es schwerer geworden sei, die türkisch-bulgarische Grenze zu überschreiten, erzählt Kulekow. Wären früher zwischen 650 und 1.000 Euro von Schleppern für eine Schleusung über die bulgarisch-türkische Grenze verlangt worden, hätten sich die Preise mittlerweile verzehnfacht, so Kulew. "Wie wir alle wissen, gibt es keine Grenze, die nicht überwunden werden kann, aber durch unsere Maßnahmen konnten wir die Festnahmen in Grenznähe steigern."
(Von Martin Hanser/APA)