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Der Start war - um in den Diktion von Seiler u&d Speer zu bleiben - "Voigas": "Tuat ma lad, Herr Inspekta", "Servas baba", "I wü net" und "Principessa". Aber das Duo präsentierte dann auch einige Nummern aus dem im Juni erschienenen neuen Album "Hödn", von denen die meisten eher "getragen" sind, nicht nur der Titelsong selbst, sondern auch z. B. "Red mit an Aundan" und "Tot sei wär mir lieber", eine Livepremiere im "Happel".
Zwischendurch folgte der Griff in die alte und eher untere Schublade, das Bekenntnis "Ob und zua samma zua". Diese Mischung bildet das künstlerische und emotionale Spektrum von Seiler u&d Speer perfekt ab: einerseits - bisweilen alkoholgetriebene - Euphorie samt Selbstzweifel, andererseits emotionale, bisweilen wehmütig-sentimentale Balladen nahe an der Tränen-Grenze. In diesen Zwiespalt passte denn auch das kurze Gastspiel des Wienerischen Singer/Songwriters Ernst Molden.
Irgendwann erschien aus dem Dunkel der Hinter-Bühne plötzlich ein ganzes Symphonieorchester unter dem Dirigat von Christian Kolonovits. Damit kamen natürlich vor allem "Hödn" und das 2019 mit Kolonovits aufgenommene "Ala bin" besonders zur Geltung. Geniale Ergänzung zu "Ala bin": das Cover von Georg Danzers "Ruaf mi net an".
Die "A schware Partie 2025"-Tour feiert zehn Jahre Seiler u&d Speer. Der Song "A schware Partie" katapultierte die beiden 2015 aus dem Nichts wie eine Rakete ins Pop-All, konkreter: aus der niederösterreichischen Kabarett-Provinz an die Chartspitze. Trotz oder vielleicht auch wegen des sagenhaften Karrierestarts der selbstdefinierten "Edel-Proleten" war recht schnell von einem mutmaßlichen One-Hit-Wonder die Rede im sicherheitshalber eher skeptischen Österreich.
Nun, zehn Jahre später, spricht die Statistik ein klares Wort: Mehr als 100 Konzerte mit über 750.000 Zusehern stehen in der Bilanz: Das Duo war mit seiner Band Headliner beim Donauinselfest, spielte bei Nova Rock etc. und heimste mit 100.000 verkauften Alben und Singles 26 Mal Gold und Platin sowie Amadeus- und viele weitere Auszeichnungen ein.
Und doch haben sich Seiler u&d Speer mittlerweile irgendwie zu einem Pop-Pendant von Schrödingers Katze entwickelt: Sind sie (noch) da oder doch nicht (mehr)? Denn die beiden wandelten mit unterschiedlichem Erfolg auf Solo-Pfaden: Christopher Seiler u. a. als "Die zwidan Zwa" mit Ernst Molden und natürlich als Teil von "AUT of Orda", wovon er sich mittlerweile allerdings wieder verabschiedet hat. Bernhard Speers Solo-Ambitionen als "Herr Speer" starteten voll motiviert im Juli 2023, versandeten aber sang- und klanglos.
Den teilweise irritierten Fans wurde eigentlich nie konkret ausgerichtet: Ja, es gibt uns noch. Das erledigen Seiler u&d Speer lieber mit der Kraft der Fakten: Die Jubiläums-Tour führt sie von Mai bis Dezember durch 18 Städte, davon 16 in Deutschland und nur je ein Konzert in der Schweiz sowie in Österreich, eben das Happel-Open Air. Seiler u&d Speer - und ihre fantastische Band - sind live immer "eine Macht", wie sie auch am Samstag in Wien eindrucksvoll bewiesen haben.
Der "Abgang" am Samstag war spektakulär: Auf das Intro von "Wir gengan net ham" folgte - endlich! - "Ham kumst". Der besondere Gag: Otto Waalkes erklomm die Bühne und übersetzte den Wienerischen Text in verschrobenes Hochdeutsch. Nahtlos ging es dann zur uralten Drangler-Hymne "Soits lebn" über, ehe bei "Maunchmoi" Feuerwerk, Pyrotechnik und Konfettikanonen "explodierten", ebenso wie die Stimmung der Fans. Christopher Seiler absolvierte das Finale mit glasigen Augen der Rührung, bei einigen Fans kullerten die Tränen. Das Fazit nach zehn Jahren Seiler u&d Speer haben sich die beiden selbst in den Text von "Hödn" geschrieben: "Mir woan kane Guadn, owa Schlechte woa ma nie".
(Von Werner Müllner/APA)
WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/TOBIAS STEINMAURER