Zunächst kein Chaos nach Inkraftreten von US-Einreiseverboten

Viele Muslime dürfen nicht mehr ins Land

von

Chaos an den Flughäfen, wie es nach dem vorübergehenden Inkrafttreten einer ersten Version des Banns im Jänner ausgebrochen war, blieb diesmal zunächst aus.

Nach Angaben des US-Heimatschutzministeriums darf jeder Inhaber eines bereits vor Inkrafttreten des Dekrets ausgestellten Visums ins Land. Dennoch richteten Anwälte an großen Flughäfen des Landes von New York über Chicago bis nach Los Angeles provisorische Anlaufstellen ein, um Reisenden notfalls beizustehen.

Die temporären Einreiseverbote gelten nicht nur für Bürger der mehrheitlich muslimischen sechs Staaten, sondern auch für Flüchtlinge aus aller Welt. Allerdings ist der Bann nicht so umfassend, wie ursprünglich von Trump angestrebt. Aufgrund von Auflagen des Obersten Gerichts legte die Regierung zahlreiche Ausnahmen fest.

Menschen mit "engen Familienbeziehungen" in die USA dürfen einreisen, ebenso wie solche, denen eine Arbeit angeboten worden ist oder die einen Studienplatz oder Lehrauftrag an einer US-Hochschule erhalten haben. Die Buchung eines Hotels oder einer Tour reicht hingegen nicht aus.

Als enge Verwandtschaftsbeziehungen, welche die Einreise ermöglichen, gelten etwa Eltern, Ehepartner, Kinder, Schwiegertöchter und -söhne oder Geschwister. Nicht darunter fallen beispielsweise Großeltern, Enkel, Tanten und Onkel.

Bürgerrechtsaktivisten kritisierten, die US-Regierung lege "enge Familienbeziehungen" zu eng aus. In den USA lebende Muslime zeigten im Internet unter dem Stichwort #GrandparentNotTerrorists (Großeltern keine Terroristen) Fotos ihrer Großmütter. "Dies ist meine reizende Oma - wirkt sie auf Sie wie eine Terroristin?" schrieb Elham Khatami vom Verband der Iranischen Amerikaner.

Auch Irans Außenminister Dschawad Sarif nannte es "zutiefst beschämend", dass die US-Regierung es iranischen Großmüttern verbiete, ihre Enkel zu sehen.

Der US-Bundesstaat Hawaii beantragte eine gerichtliche Prüfung des Begriffs der "engen Angehörigen". In Hawaii würden darunter sehr viele Verwandtschaftsbeziehungen gefasst, "bei denen die Bundesregierung von sich aus entschieden hat, sie von dieser Definition auszunehmen", erklärte Generalstaatsanwalt Douglas Chin. Diese Einschränkungen seien womöglich ein Verstoß gegen die Vorgaben des Supreme Court.

Über die Einreiseverbote wird seit Monaten vor den Gerichten gestritten. Mehrere Bundesgerichte hatten sie gestoppt, am Montag ließ dann jedoch das Oberste Gericht Trumps Dekret vorläufig in Kraft treten. Allerdings erlegte es auf, dass Ausnahmen für solche Einreisewillige zu gelten hätten, die eine authentische und unbedenkliche Beziehung zu Einzelpersonen oder Organisationen in den USA nachweisen können.

Trump bezeichnet den temporären Einreisestopp als notwendige Schutzmaßnahme gegen den Terrorismus. Kritiker sehen eine Diskriminierung von Muslimen. Eine erste Version des Einreisebanns hatte der Präsident eine Woche nach seinem Amtsantritt in Kraft gesetzt. Danach spielten sich an den US-Flughäfen dramatische Szenen ab. Passagiere aus muslimischen Ländern wurden festgehalten, stundenlang befragt oder direkt abgeschoben.

Nachdem dieses Dekret dann von mehreren Bundesgerichten außer Kraft gesetzt worden war, schob Trump Anfang März eine leicht abgemilderte und in einigen Punkten präzisere Fassung nach. Sie sieht einen 90-tägigen Einreisebann für Bürger der sechs muslimischen Länder sowie einen 120-tägigen Aufnahmestopp für Flüchtlinge vor. Auch diese zweite Verordnung wurde bis zur kürzlichen Entscheidung des Supreme Court durch mehrere Gerichte blockiert.

Die Zulassung des Dekrets durch den Obersten Gerichtshof ist allerdings nur vorläufig. Sie gilt, bis das Gericht in seiner im Oktober beginnenden Sitzungsperiode eine grundlegende Entscheidung über die Verordnung fällt.

Kommentare