Rund jeder Fünfte
flog schriftlich in Mathe

Bei der Zentralmatura 2018 ist rund jeder fünfte Schüler bei der schriftlichen Mathematik-Klausur gescheitert. An den AHS schrieben rund 22 Prozent einen Fünfer, an den berufsbildenden höheren Schulen (BHS) waren es 19 Prozent.

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"Gerettet" wurden viele bei der (mündlichen) Kompensationsprüfung: An den AHS besserten sich rund zwei Drittel den Fünfer aus, an den BHS rund drei Viertel.

Dopptelt so viele Fünfer an AHS wie 2015 und 2017

An den AHS hat es damit rund doppelt so viele Fünfer gegeben wie 2015 und 2017 und praktisch gleich viele wie 2016. An den BHS, wo die Zentralmatura erst ein Jahr später startete, ist es das bisher schlechteste Ergebnis: 2016 waren 13 Prozent der Arbeiten negativ, 2017 neun Prozent.

Die Bundesländer-Unterschiede sind dabei deutlich: An den AHS lieferten schriftlich Oberösterreich (16 Prozent) und das Burgenland (17 Prozent) die wenigsten Fünfer ab, Salzburg (26 Prozent) und Wien (28 Prozent) die meisten. An den BHS gab es ein etwas anderes Bild: Zwar gab es auch hier in Oberösterreich (15 Prozent) die wenigsten und in Wien (24 Prozent) die meisten Fünfer - allerdings gehörte hier Salzburg (16 Prozent) zu den besten Bundesländern und das Burgenland zu den schlechtesten (23 Prozent).

Auffallend geringe Zahl an "Sehr Gut"

Was ebenfalls hervorsticht, ist die geringe Zahl an "Sehr Gut": An den AHS hatten nur neun Prozent einen Einser (2017: 15 Prozent), an den BHS nur sechs Prozent (2017: elf Prozent). Das entspricht hochgerechnet in einer Maturaklasse von 20 Schülern gerade einmal zwei (AHS) bzw. einem (BHS) "Sehr Gut".

Am schlechtesten fiel die Mathematik-Zentralmatura bei der Berufsreifeprüfung aus (bei der allerdings verhältnismäßig am wenigsten Kandidaten antraten, Anm.). Schriftlich scheiterte dort fast die Hälfte der Schüler (47 Prozent; 2017: 30 Prozent), selbst nach den Kompensationsprüfungen blieb noch ein Viertel auf einem Fünfer sitzen.

Kaum Veränderungen in Deutsch und Englisch

Kaum Veränderungen gab es dagegen in den anderen großen Zentralmatura-Fächern Deutsch und Englisch: In Deutsch kassierten an den AHS heuer wie im Vorjahr fünf Prozent der Schüler einen Fünfer, nach der Kompensationsprüfung blieb jeweils knapp ein Prozent über. An den BHS scheiterten in Deutsch zunächst knapp sechs Prozent (2017: etwas mehr als vier Prozent), nach den Kompensationsprüfungen war es dann wie 2017 ein knappes Prozent.

In Englisch gab es an den AHS diesmal für acht Prozent einen Fünfer (2017: sieben), nach den Kompensationsprüfungen blieben wie im Vorjahr zwei Prozent darauf sitzen. An den BHS waren die Ergebnisse gegenüber dem Vorjahr praktisch ident (zwölf Prozent Fünfer schriftlich, drei Prozent nach den Kompensationsprüfungen).

Üblicher Matura-Effekt bei Buben und Mädchen

Nach Geschlechtern zeigte sich in etwa der übliche Matura-Effekt: In Deutsch schnitten die Mädchen sowohl an AHS als auch an BHS bei den schriftlichen Klausuren etwas besser ab als die Burschen, in Englisch waren die Burschen an den BHS deutlich besser, an den AHS gab es praktisch keinen Geschlechterunterschied. Ein deutlicher Gender Gap war in Mathematik zu verzeichnen: An den AHS schafften immerhin 11,5 Prozent der Burschen einen Einser gegenüber sieben Prozent bei den Mädchen, Fünfer setzte es für 18 Prozent der Burschen und 25,5 Prozent der Mädchen. Noch extremer war die Differenz an den BHS - vor allem bei den Nicht Genügend: Hier fielen die Mädchen (25 Prozent) doppelt so häufig durch wie die Burschen (13 Prozent).

Bei den Schulformen gibt es ebenfalls ein deutliches Bild: An den AHS schnitten wie in jedem Jahr die Langformen besser ab als die Oberstufenreal- und Aufbaugymnasien - am deutlichsten in Mathe (Langform: 19,5 Prozent Fünfer; ORG, Aufbau: 29,5 Prozent). Die Unterschiede waren dabei etwas geringer als 2016 und etwas größer als 2017.

An den BHS gab es deutliche Leistungsdifferenzen bei den Klausuren in Englisch und Mathe: In beiden Fächern lieferten die HTL und Höheren Land- und Forstwirtschaftlichen Schulen die wenigsten Fünfer ab. Die meisten "Fleck" gab es in Englisch mit Abstand an den Bundesanstalten für Elementar- bzw. Sozialpädagogik (BAfEP/BASOP; 20 Prozent), in Mathe lagen die Bundeslehranstalten für wirtschaftliche Berufe (27,5 Prozent), die Handelsakademien (24) und die BafEP/BASOP (23) ähnlich schlecht.

Faßmann stellt einige Punkte auf Prüfstand

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) stellt einige Punkte bei der Durchführung der Zentralmatura auf den Prüfstand. Unter anderem soll die Textlänge der Mathe-Aufgaben zurückgehen, bei der Beurteilung soll es klarere Vorgaben für die Punktevergabe geben und organisatorische Rahmenbedingungen überdacht werden. Am Grundkonzept ändert sich nichts, so Faßmann bei einer Pressekonferenz am Dienstag.

Die standardisierte Reifeprüfung habe sich grundsätzlich bewährt, betonte der Minister. Man solle bei der Rezeption der Ergebnisse "die Kirche im Dorf lassen". Er sehe auch nicht "den Wurm, der sich breitgemacht hat". Nach den Kompensationsprüfungen lägen die Ergebnisse der Mathematikmatura zwar "schon schlechter als im Vorjahr, aber innerhalb der üblichen Schwankungsbreite", betonte Ministeriums-Sektionschef Andreas Thaller. So scheiterten an den AHS insgesamt 7,1 Prozent der Schüler (2017: 4,8 Prozent), an den BHS waren es 5,2 Prozent (2017: 3,3 Prozent).

Stärkere Differenzierung je nach Schwerpunkt

Skeptisch sieht Faßmann Überlegungen, am gemeinsamen Mathematik-Aufgabenteil in den BHS zu rütteln (an den BHS gibt es je einen gemeinsamen und einen nach Schultyp getrennten Teil, Anm.). "Wir brauchen einen zentralen und gemeinsamen Kern. Sonst verliert die Zentralmatura ihre Raison d'etre. Wenn man jetzt zu viel differenziert, geht die eigentliche Zielfunktion verloren." Möglich sei aber etwa eine stärkere Differenzierung an den AHS je nach Schwerpunkt (an den AHS gibt es eine komplett einheitliche Mathe-Matura, Anm.).

Eine Öffnung der Kompensationsprüfung auch für andere Noten als Nicht Genügend kann sich Faßmann nicht vorstellen. Bei dieser erhielten "Schüler, die bei einer schriftlichen Prüfung manchmal auf der Leitung stehen, eine Chance, von dieser Leitung herunterzusteigen". Sie sollte aber lediglich mit Fünfern beurteilten Schülern offenstehen.

Mehr oder weniger fix dürften kürzere Angabentexte in Mathe sein. "Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Textmenge zurückgeht", so Faßmann. Begründet wird dies unter anderem auch damit, dass an Standorten mit vielen Schülern mit nicht-deutscher Umgangssprache deutlich schlechtere Notenschnitte erzielt werden als an jenen mit einer geringeren Anzahl. "Längere Texte stellen eine zusätzliche Herausforderung dar", meinte der Minister.

Klarere Entscheidungsgrundlage für die Punktevergabe

Beim Beurteilungsschema wünscht sich Faßmann eine klarere Entscheidungsgrundlage für die Punktevergabe. Unter anderem soll ein stärkerer Fokus auf Verständnis und Kompetenz gelegt werden - so soll ein kleiner Rechenfehler einer Punktevergabe nicht im Weg stehen. Überdacht werden soll auch die Vorgabe, dass an den AHS der erste Teil der Mathe-Matura nach zwei Stunden abgegeben werden muss, bevor der zweite Teil begonnen wird.

Inhaltlich will der Minister in Mathematik auch den Katalog der Grundkompetenzen überarbeiten - an den AHS insgesamt 73 und an den BHS zwischen 51 und 66. "Wir müssen schauen, ob wirklich alle nötig sind oder vielleicht noch welche fehlen." Schließlich soll auch die Bedeutung der Feldtestungen der Aufgaben im Vorfeld der Matura steigen - so sollen die Erfahrungen von Schülern und Lehrern stärker einbezogen werden.

Dazu wird noch eine "Überprüfungsgruppe" mit Schulpartnern, Mitgliedern der Bundes-Reifeprüfungskommission, Fachdidaktikern, und Mathematikern eingerichtet. Der ehemalige Wiener Stadtschulratspräsident Kurt Scholz (SPÖ) wird als Vorsitzender eines "Forum Zentralmatura" durch die Bundesländer reisen und Feedback von den Beteiligten einholen.

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