10 Fragen zur Hypo Alpe Adria

News.at beantwortet die wichtigsten Fragen um die Klagenfurter Skandalbank

Seit mittlerweile acht Jahren hält der Niedergang der einstigen Überflieger-Bank Hypo Alpe Adria Österreich bereits in Atem und nach wie vor ist kein Ende des Dramas in Sicht. Für alle, die in der Flut an Horrormeldungen aus Klagenfurt schon längst die Übersicht verloren haben, beantwortet News-Wirtschaftsexperte Stefan Melichar die brennendsten Fragen.

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Fakten - 10 Fragen zur Hypo Alpe Adria

1. Was sind aktuell die brennendsten Probleme der Hypo? Wofür wird immer wieder frisches Geld vom Staat benötigt?
Das brennendste Problem ist eine Zukunftslösung zu finden, die einerseits den Steuerzahler so wenig wie möglich belastet und andererseits mit den Auflagen der EU-Kommission konform geht. Um das zu gewährleisten, muss man eine Struktur schaffen, die es ermöglicht, das, was an Verwertbarem da ist, auch möglichst gut zu verwerten. Und man muss darauf schauen, ob – und gegebenenfalls - wen man neben den Steuerzahlern noch finanziell beteiligen kann, wie etwa die Bayerische Landesbank (BayernLB) als ehemalige Eigentümerin.

Das Geld benötigt die Hypo, weil Banken ein gewisses Ausmaß an Eigenkapital halten müssen. Wenn sich Verluste ergeben, weil etwa Kredite nicht mehr einbringlich sind, müssen diese Kredite abgeschrieben werden und das zehrt das Eigenkapital auf. In diesem Fall muss der Eigentümer so lange Kapital zuschießen, bis die Kapitalbestimmungen wieder erfüllt sind. Deswegen auch die Idee, das Ganze über eine Anstalt zu lösen, die dann keine Bank mehr ist und darum diese Kapitalvorschriften nicht mehr erfüllen muss. Die bereits aufgelaufenen Schulden bleiben aber natürlich trotzdem bestehen.

2. Was ist der Unterschied zwischen den Varianten Abbaugesellschaft („Bad Bank“) oder Konkurs?
Eine Bad Bank ist ein längerfristiges Abwicklungsmodell als eine Insolvenz. Der Vorteil einer längerfristigen Abwicklung ist, dass sich die Umstände verbessern können und man dadurch die Dinge, die in der Bank noch verwertbar sind, unter Umständen zu einem besseren Preis verwerten kann. Das Problem ist, dass die Schulden einer Bad Bank eins zu eins auf die Staatsschulden durchschlagen.

Bei einer Insolvenz hat man einen akuten Schnitt und unbesicherte Gläubiger verlieren einen Großteil ihrer Ansprüche. Das heißt, man könnte zum Beispiel die BayernLB, die ja ein großer Gläubiger ist, über eine Insolvenz zu einem Beitrag zwingen. Das Problem bei der Insolvenz im konkreten Fall ist, dass aller Wahrscheinlichkeit nach das Land Kärnten für die Anleihezeichner einspringen müsste, die Anleihen mit Landeshaftung gezeichnet haben.

3. Was hat es denn mit diesen Landeshaftungen auf sich?
Die Landeshaftungen waren eine gute Möglichkeit für die Hypo, billig an Geld zu kommen, das dann unter anderem in Form von Krediten an die Kunden weitergegeben wurde. Umgekehrt hat das Land Kärnten dafür Haftungsprovisionen kassiert, was natürlich eine willkommene Budgetaufbesserung war. Die hat man sich zum Teil auch geblockt im Voraus ausbezahlen lassen und das war eine schöne Summe - 58,2 Millionen für die Jahre 2004 bis 2010. Das Problem mit den Landeshaftungen ist, dass offenbar nie jemand damit gerechnet hat, dass sie tatsächlich schlagend werden könnten, sie mit etwa 12,7 Milliarden aber ein Ausmaß haben, das das Budget des Landes um ein Vielfaches übersteigt. Sollten die Haftungen im Fall einer Insolvenz tatsächlich schlagend werden, würde dem Land ebenfalls die Insolvenz drohen.

4. Wie konnte es denn so weit kommen?
Es ist wohl ein Zusammenspiel aus den Fehlern und dem Versagen vieler Einzelpersonen und Institutionen gepaart mit potenziell kriminellen Elementen und der größten Wirtschaftskrise nach dem Zweiten Weltkrieg. Es beginnt beim früheren Management der Bank und der früheren Landespolitik in Kärnten und reicht über die zuständigen Aufsichtsbehörden (Finanzmarktaufsicht und Nationalbank) bis hin zu den früheren Eigentümern wie der Grazer Wechelseitigen Versicherung und der BayernLB als früherem Mehrheitsaktionär. Und seit der Notverstaatlichung 2009 sind natürlich auch die diversen Finanzminister und Bundesregierungen, die es seitdem gegeben hat, in der Verantwortung.

5. Wieso hat niemand etwas von den Fehlentwicklungen bemerkt?
Es hat durchaus auch kritische Aufsichtsberichte gegeben. Aber eines ist klar: Kärnten unter Haider war zumindest in den Jahren 2000 bis 2006 ein Machtfaktor. Da musste man erst einmal drüber kommen. Aber natürlich, wenn ich eine Aufsichtsbehörde habe, die Mängel feststellt, dann aber nicht für die Behebung sorgen kann, stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser Aufsicht. Von deren Seite wird gerne gesagt, dass sie Dinge wie Leasinggeschäfte am Balkan und dergleichen überhaupt nicht prüfen könnten. Auch da stellt sich die Frage der Sinnhaftigkeit der Aufsicht, wenn dann erst der österreichische Steuerzahler dafür einspringen muss.

6. War die Notverstaatlichung 2009 nötig oder ein Fehler?
Grundsätzlich ist das natürlich ein Fall von „Im Nachhinein sind alle klüger.“ Aber in der damaligen Situation - ein Jahr nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers -, musste Österreich Sorge haben, dass die österreichischen Banken in Osteuropa massiv in Mitleidenschaft gezogen werden. Es war sicher naheliegend, die Bank zu retten. Die Art und Weise der Rettung war das Ergebnis von Verhandlungen und wie sich jetzt herausstellt, haben die Vertreter der BayernLB unter Umständen in einigen Dingen besser verhandelt. Allerdings ist eine sogenannte Irrtumsanfechtung durch die Republik gegenüber den Bayern durchaus noch möglich.

7. Warum haftet eigentlich nicht die BayernLB als letzter Mehrheits-Eigentümer?
Die BayernLB hat aus ihrer Sicht im Rahmen der Notverstaatlichung einen ausreichenden Beitrag geleistet. Es wurde Kapital in der Bank gelassen. Die österreichische Seite war in den ersten Jahren nach der Notverstaatlichung auch sehr darauf bedacht, mit der BayernLB konsensual umzugehen. Deren Rolle wurde erst sehr spät, nämlich in einem Gutachten Mitte 2012, erstmals auch kritisch unter die Lupe genommen.

Jetzt gibt es den Versuch, Milliardenkredite, die die BayernLB nach wie vor in der Hypo hat, nicht zurückzubezahlen. Mit der Begründung, dass es der Hypo, als sie die Kredite erhalten hat, so schlecht ging, dass es keine Kredite waren, sondern Eigenkapital, das der Eigentümer zugeschossen hat.

8. Wann wird feststehen, wieviel die Hypo den Steuerzahler kostet und wovon hängt das ab?
Mit einer Schlussrechnung würde ich frühestens in zehn bis fünfzehn Jahren rechnen. Derzeit kann man nichts Seriöses sagen. Bislang wurden vom Staat jedenfalls 3,6 Milliarden zugeschossen. Wobei rein theoretisch die Möglichkeit besteht, dass das irgendwann wieder zurückkommt.

Wie viel die Hypo den Steuerzahler am Ende kosten wird, hängt maßgeblich davon ab, wie man die Vermögenswerte der Bank verwerten kann. Wieviel man zum Beispiel für Hotelanlagen in Kroatien, für die die Hypo Kredite im Umfang von 150 bis 200 Mio. Euro vergeben hat, lukrieren kann. Da gibt es ganz große Fragezeichen. Die Hoffnung ist, dass wenn man die Veräußerung mittels einer Anstaltslösung über einen Zeitraum von zehn bis fünfzehn Jahren streckt, eine Trendumkehr in der Wirtschaftslage einkehrt und man mehr erlösen kann als derzeit möglich wäre.

9. Wer ist für das Desaster politisch verantwortlich?
Das muss man zeitlich gestaffelt sehen. Ursprünglich war die Hypo eine Landesbank des Landes Kärnten. Dort gab es politische Entscheidungsträger und das war in den entscheidenden Jahren in erster Linie Jörg Haider als Landeshauptmann.

Jörg Haider und Wolfgang Kulterer.
© Hypo Jörg Haider und der mitterweile verurteilte Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer.

Mit der Notverstaatlichung haben sich natürlich andere Verantwortlichkeiten ergeben, da war dann der Bund am Ruder. Die Idee der Umgründung der Bank in eine normale Firma lag etwa schon vor Jahren am Tisch. Hätte man das damals gemacht, hätte man sich absehbarerweise die Kapitalzuschüsse erspart, die man in den letzten Jahren leisten musste – Stichwort Eigenkapitalvorschriften. Die Notverstaatlichung selber fällt unter die Verantwortlichkeit von Josef Pröll und Andreas Schieder. Dann war es Finanzministerin Fekter, die vor der Nationalratswahl auch nicht unbedingt auf eine rasche Lösung gedrängt hat. Dazu muss man aber sagen, dass das Finanzministerium in allen Fragen der Bankenrettung akkordiert mit dem Bundeskanzleramt vorgehen muss. Man darf das also nicht zu einseitig sehen.

Jetzt wird man sehen, wie Finanzminister Spindelegger tatsächlich mit der Sache umgehen wird. Der muss bei Dingen wie Bilanzerstellungen Deadlines beachten. Es wird kolportiert, dass für die Bilanzerstellung 2013 wieder ein massiver Kapitalzuschuss benötigt wird. Den wird man wohl noch leisten müssen. Aber irgendwann wird die Frage auftauchen, wie es mit der Halbjahresbilanz 2014 aussieht. Wenn dann noch immer keine Lösung auf dem Tisch liegt, wird es kurzfristig noch mehr Geld kosten.

10. Was soll ein Untersuchungsausschuss nützen, wie ihn die Opposition fordert?
Der kann auf alle Fälle etwas nützen. Es wird immer eingewandt, es hätte schon einen U-Ausschuss in Kärnten gegeben. Das stimmt auch, der hat aber mit dem Wissensstand von 2010/2011 stattgefunden. Es schadet den politisch Verantwortlichen sicher nicht, die Dinge vor einem U-Ausschuss auf den Tisch zu legen – auch wenn das natürlich unangenehm ist. Bei einem – von der Regierung favorisierten - Weisenrat stellt sich die Frage, wer diese Weisen sein sollen. Man hat mitunter den Eindruck gewonnen, dass so gut wie alle Weisen in finanz- und bankwirtschaftlichen Fragen ohnehin schon einmal in die Vorgänge rund um die Hypo eingebunden waren. Ich bin gespannt, wen man da aus dem Hut zaubern möchte.

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Kommentare

Es wird immer so weitergehen weil unser Geldsystem auf Schuld und eben Krediten aufgebaut ist. Daher muss man immer ein Wachstum haben. Es MUSS immer da sein sonst funktioniert es nicht. Nur sobald die natürlichen Ressourcen Öl oder Phosphor aufgebraucht sind auf dieser Welt, ist es eh komplett irrelevant da wir danach eh nichts mehr tun können. Die Wirtschaft wird zusammenbrechen.

Praetorianer

nur hilft es nicht den Columbo für Österreich nicht mehr zu wählen, den aus der Geschichte zu lernen....Klima, Gusenbauer, Schüssel, Ederer etc. die haben nach dem Ende ihrer politischen Laufbahn eine noch besser bezahlten Job bekommen...die Politik ist nur das Sprungbrett für danach! Darum ist diesen Menschen ihre eigene Zukunft wichtiger als das Wohl unseres Landes!

Politiker sollen für ihr unverantwortliches Handeln endlich zur Verantwortung gezogen werden, statt dem Steuerzahler! Dann würden
in der Politik nur mehr Leute sein, die was verstehen, statt nur gute
Parteibuchsoldaten!

Viele Personen haben von diesen absurden haftungen gewusst und nichts gesagt, jeder der von einer Straftat (die Abgabe einer Haftung, im Wissen diese nicht einlösen zu können, ist eine Straftat - Betrug, Untreue,...) weis und nichts unternimmt ist zur Rechenschaft zu ziehen, allerdings gäbe es dann in der JVA fast ein komplettes Parlament

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eine Insolvenz wäre dennoch der bessere Weg gewesen....

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