Wörthersee:
Bootslenker muss vor Gericht

Die Staatsanwaltschaft hat den prominenten Unfalllenker angeklagt

Kein Promibonus für den mutmaßlichen Todeslenker vom Wörthersee: Mehr als fünf Monate nach dem tragischen Bootsunglück nahe Maria Wörth, bei dem ein niederösterreichischer Bauunternehmer ums Leben kam, muss sich der politisch und wirtschaftlich gut vernetzte Bootslenker nun doch seiner Verantwortung stellen.

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CHRONIK - Wörthersee:
Bootslenker muss vor Gericht

Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt hat Anklage gegen den 44-jährigen Medienmanager, der den Unfall am 2. Juni alkoholisiert verursacht haben soll, erhoben. Er wird nach Paragraf 82, Absätze 1 und 2 StGB (Strafgesetzbuch), der grob fahrlässigen Tötung und Gefährdung der körperlichen Sicherheit (Paragraf 89) angeklagt. Der Strafrahmen dafür beträgt bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe.

Leiten wird das Verfahren Richter Matthias Polak. Da dieser aber bereits rund 70 andere Fälle zugeteilt hat und er sich mit seiner Terminplanung bereits im Jänner befindet, ist ein Prozessstart frühesten Anfang kommenden Jahres möglich. Zudem müsse der Strafantrag geprüft und die Causa "inhaltlich und organisatorisch möglichst gut vorbereitet werden", sagt der Sprecher des Landesgerichts Klagenfurt, Manfred Herrnhofer: "Es ist ein sehr umfangreicher Ermittlungsakt mit sechs Sachverständigen und zahlreichen Zeugen, die alle geladen werden müssen."

Zweifel an Endgutachter

Der Anwalt des Beschuldigten, Alexander Todor-Kostic, kündigt indes gegenüber News an, umfangreiche Beweisanträge zur Causa einbringen zu wollen. Es seien nicht alle Unfallvarianten hinreichend geprüft und auch das eingebrachte Privatgutachten nicht gewürdigt worden. "Der Fragenkatalog, den wir der Staatsanwaltschaft übermittelt haben, ist noch immer nicht beantwortet", sagt der Anwalt. "Die Anklageversion steht nicht in Einklang mit den gutachterlichen Beweisen." Sein Mandant sei nicht schuldig, er sei zeitgleich mit dem Opfer aus dem Boot geschleudert worden, sagt Todor-Kostic, der den Endgutachter, den Linzer Sachverständigen Hermann Steffan, in Zweifel zieht: "Er hat technische Fehler gemacht und andere Unfallversionen nicht berücksichtigt." Es sei daher zu überlegen, ob nicht ein neuer Gutachter bestellt werden sollte.

Gegenüber News hält Gutachter Steffan hingegen an der Darstellung des Unfalls in seiner Expertise fest. Die Beantwortung der zu seinem Gutachten zusätzlich eingebrachten Fragen werde "einige Wochen" dauern. Seitens der Staatsanwaltschaft Klagenfurt heißt es, die Zusatzfragen seien für den Strafantrag nicht ausschlaggebend gewesen. Staatsanwältin Tina Frimmel- Hesse erklärt: "Aus unserer Sicht war die Causa entscheidungsreif."

Auch Skipper angeklagt

Zum Zeitpunkt des Unfalls waren insgesamt fünf Menschen an Bord des Bootes: vier Freunde aus Niederösterreich und ein 32-jähriger Skipper als Vertreter des Bootseigentümers. Auch der Skipper muss vor Gericht: Ihm droht bis zu einem Jahr Haft bzw. eine Geldstrafe von bis zu 720 Tagessätzen. Er ist der fahrlässigen Tötung durch Unterlassung nach Paragraf 80 StGB angeklagt. Er soll dem alkoholisierten Medienmanager das Steuer überlassen haben und nicht eingeschritten sein, als dieser die rasante Kurvenfahrt durchführte, bei der das Unglück geschah und der Bauunternehmer über Bord fiel.

Was danach geschah, darüber soll es unterschiedliche Zeugenaussagen geben. Laut medizinischem Gutachten ist der Verunglückte mit dem Kopf in die Schiffsschraube geraten, was "massivste, hiebartige, kantenmechanische Gewalteinwirkungen bewirkte und Verletzungen des Gesichts-und Gehirnschädels" nach sich zog. Dies geschah laut Hauptgutachten, weil das Boot rückwärts fuhr, nachdem der Verunglückte über Bord gestürzt war. Der Beschuldigte gab laut Ermittlern in seiner Aussage indes an, selbst ebenfalls ins Wasser gefallen zu sein. Laut Endgutachter Steffan wäre das aber praktisch unmöglich. Er kam vielmehr zum Schluss, dass jemand den Rückwärtsgang des Bootes eingelegt haben müsse.

Hartnäckige Gerüchte

Die Affäre hatte wegen der starken politischen Vernetzung des Medienmanagers und eines spärlichen Informationsflusses immer wieder für Gerüchte gesorgt. So hieß es etwa, Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP), der mit dem Bootslenker bekannt ist, habe möglicherweise persönlich interveniert und eine Weisung an die Kärntner Landespolizeidirektorin Michaela Kohlweiß erteilt. Die offi ziellen Stellen haben dies stets strikt zurückgewiesen und betont, korrekt und vorschriftsmäßig vorgegangen zu sein. Innenminister Sobotka hat erst jüngst in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage des Grünen-Abgeordneten Albert Steinhauser erneut erklärt, dass weder er noch einer seiner Kabinettsmitarbeiter in der Angelegenheit "eine mündliche oder schriftliche Weisung erteilt" hätten.

Offen ist indes die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage von SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim zur Causa mit dem Titel "Vertuschung statt Opferschutz?", über die News Anfang Oktober berichtete. Darin will Jarolim von Justizminister Wolfgang Brandstetter wissen, ob der mit dem Innenminister gut bekannte Richard G. eine "Sonderbehandlung" im Verantwortungsbereich "politischer Freunde" erfahren habe und ob es in Österreich eine juristische Zweiklassengesellschaft gebe. Zudem thematisiert Jarolim die Frage, inwieweit der Medienmanager durch seine seinerzeitige Position als Finanzchef des größten staatlichen Medienunternehmens, seine zwischenzeitliche Ernennung zum Aufsichtsrat der größten Fluginfrastruktur der Republik und seine Position als Präsident der größten Werbevereinigung des Landes eine "Person öffentlichen Interesses" darstelle und sein Name genannt werden dürfe. Dies ist bislang aus medienrechtlichen Gründen nicht geschehen.

Detail am Rande: Die Präsidentschaft in der Werbevereinigung, in der alle Branchengrößen Österreichs versammelt sind, hat der Medienmanager vor Kurzem zurückgelegt. Wohl auch, um sich dadurch etwas aus der Schusslinie zu nehmen, wie Branchenkenner meinen.

Keine Diversion

Wie lange der Prozess letztlich tatsächlich dauern und durch wie viele Instanzen er gehen wird, könne jetzt noch nicht gesagt werden, meint Todor-Kostic. "Dafür ist es jetzt viel zu früh." Bleibt somit die Frage nach der möglichen Strafe: Während der Zweitangeklagte, der 32-jährige Skipper, eventuell mit einer Geldstrafe davonkommen kann, ist das beim Hauptbeschuldigten im Falle einer Verurteilung eher unwahrscheinlich. "Das Strafrecht sieht in dem Fall nur eine Freiheitsstrafe vor", sagt Landesgerichtssprecher Herrnhofer. Theoretisch würde die Umwandlung der Haft in eine Geldstrafe aber im Ermessen des Richters liegen. Gänzlich auszuschließen sei hingegen die Beilegung des Verfahrens mittels Diversion, also durch Zahlung einer Geldbuße, sagt Herrnhofer.

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