Staatsanwälte üben harte Kritik

Jarosch: Zentralisierung in Wien "Schwachsinn". Künftiger Leiter Geyer widerspricht.

Die per 1. September geplante "Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption" (WKStA) stößt bei Staatsanwälten auf geharnischte Kritik. Die Zentralisierung in Wien sei eine "Schnapsidee", so der Präsident der Staatsanwälte-Vereinigung, Gerhard Jarosch, bei der Frühjahrstagung der Österreichischen Juristenkommission am Attersee. Der künftige Behördenleiter Walter Geyer ließ dies nicht gelten. Es handle sich um ein international gängiges Modell, sagte er.

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WKStA - Staatsanwälte üben harte Kritik

Jarosch, der den Plan wiederholt kritisiert hat, nahm sich auch bei der Juristentagung am Freitagabend kein Blatt vor den Mund. Er verwies auf den schon jetzt eklatanten Personalmangel in der Korruptionsstaatsanwaltschaft, sprach von einem "Super-GAU der Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität" und verlangte die Rücknahme des Vorhabens. "Wenn ich vor einem Abgrund stehe, ist der Schritt zurück vermutlich das vernünftigste."

Unterstützung erhielt er von Brigitte Loderbauer aus der Staatsanwaltschaft Innsbruck. Sie verlangte eine Rückkehr zu dem Plan, vier Wirtschaftskompetenzzentren in Wien, Graz, Linz und Innsbruck zu schaffen. Ebenso wie Jarosch zeigte sie sich überzeugt, dass die Spezialisten nicht bereit sein werden, für die WKStA nach Wien zu übersiedeln, um dort Fälle mit mehr als fünf Mio. Euro Schadenssumme zu übernehmen.

Ganz anders sah das Geyer. Er wünsche sich den Start per 1. September, "weil ich glaube, dass das eine sehr gute Lösung sein kann". Als Beispiele verwies er auf die Schweiz und Tschechien. Die Effizienz hänge nicht davon ab, ob dies an einem oder an vier Standorten stattfinde. Tatsächlich müsse die Personalknappheit sehr rasch behoben werden. Aber, so der Leiter der Korruptionsstaatsanwaltschaft: "Es ist nicht der Abgrund."

Wie groß der Personalmangel bei komplexen Wirtschaftsstrafsachen ist, führte Michael Radasztics von der Staatsanwaltschaft Wien aus. So habe das "Serious Fraud Office" in London allein für die nach Strafzahlungen letztlich eingestellte Causa BAE Systems, in der auch gegen den österreichischen Wafenlobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly ermittelt wurde, 19 Sonderermittler und "Heerscharen" weiterer Mitarbeiter abgestellt. In der Wirtschaftsgruppe in Wien seien dagegen ganze 13 Staatsanwälte für derzeit 287 offene Verfahren tätig.