Sharing Economy:
Besitz belastet!

"Alles meins" war gestern. Sharing Economy ist heute. News zeigt, was man alles benutzen kann, ohne es besitzen zu müssen

von Wirtschaft - Sharing Economy:
Besitz belastet! © Bild: Shutterstock

Kaufen? Nein, danke! Ob Radl, Auto, Wohnraum, Bekleidung, Werkzeuge, Haushaltsgeräte, Videokamera, Spielzeug, der Gemüsegarten oder das Haustier -alles wird geteilt. Das spart Zeit, Geld und schont zugleich die Umwelt. Der US-amerikanische Thinktank Brookings Institution rechnet damit, dass der "Sharing Economy"-Markt von 14 Milliarden US-Dollar im Jahr 2014 bis 2025 auf über 335 Milliarden US-Dollar wächst.

Doch wie funktioniert Sharing Economy in der Praxis? Geht die Kosten-Nutzen-Rechnung auf und vor allem für wen? News erkundigte sich bei den Anbietern und eifrigen Nutzern prominenter Verleihund Teilsysteme.

Geteilte Transportmittel

"Meine E-Harfe geht exakt in den Kofferraum", sagt Künstlerin Bina Bonelli und schlichtet ihr bestes Stück in den geborgten Smart. Sie nutzt Car2go regelmäßig als Transportmittel für ihr Instrument. Ihre Harfe ist nicht unbedingt U-und S-Bahntauglich. "Bis vor zwei Jahren hatte ich ein eigenes Auto. Doch es rechnet sich einfach nicht", kalkuliert die Berufsmusikerin kühl. "Für die Anschaffungskosten, Benzin, Versicherung, Vignette und den angemieteten Parkplatz kann ich schon sehr viel Car2go in Wien fahren." "Im Schnitt hat jeder Autohaushalt 5.000 bis 6.000 Euro Autokosten pro Jahr", rechnet Christian Gratzer, Sprecher des Verkehrsclubs Österreich (VCÖ), vor. "Durch den Umstieg auf Carsharing wird etwa um 20 bis 30 Prozent weniger mit dem Auto gefahren." Für den VCÖ rentiert sich Carsharing oft dann, wenn weniger als 12.000 Kilometer pro Jahr gefahren werden. "Wir rechnen, dass bereits 200.000 Österreicher Car Sharing nutzen", sagt Gratzer. Allein in Wien kann man laut Carsharing Wien 1.300 Fahrzeuge teilen.

Warum konkret Bina Bonelli lieber in ein Car2go-Auto steigt, statt ein Taxi oder Uber zu rufen?"Ich liebe meine Unabhängigkeit. Ich will nicht 20 Minuten warten, bis mich jemand abholt. Das ist mir mit Uber schon passiert. Außerdem fahre ich mit Car2go im Schnitt um die Hälfte günstiger als mit dem Taxi. Auch Shoppen ist praktisch." Landausflüge unternimmt Bina Bonelli im Cabrio ihres Freundes. Bei Gigs in anderen Bundesländern nehmen die Musikerkollegen die Pop-und-Soul-Sängerin mit. In Langstrecken liegt bei Car2go der Hund begraben: Zeit ist Geld, und der Zähler läuft und läuft. Um die Fahrt zu beenden, muss man nämlich das Leihauto im "Gewerbegebiet", dem erweiterten Zentrum von Wien, wieder abstellen.

Es gibt zwar Tagespauschalen, doch die haben ihren Preis. Das weiß auch Grafikerin Claudia Nouzar: "Deshalb nütze ich, seit ich an den Stadtrand gezogen bin, Car-2go nicht mehr so intensiv. Als ich noch zentraler wohnte, war ich abends gerne mit Car2go unterwegs und habe mein eigenes Auto stehen gelassen, da ich mich so nicht um Kurzparkzonen scheren muss."

Das deckt sich auch mit den Erfahrungen von Car2go-Betreiber Daimler: Man wähle den Smart für die Innenstadt, die Mercedes-Modelle für längere Fahrten, zum Einkaufen, für Gruppen oder zum Flughafen. Pendler, die mit der Bahn fahren, würden Car2go oft für die "last mile" zum Arbeitsplatz wählen. Zwei Drittel der Nutzer seien Männer und zwischen 26 und 45 Jahren.

Kein gutes Geschäft?

Doch was haben Autofirmen davon, wenn sie ihre neuen Fahrzeuge verleihen statt verkaufen? "Jede Fahrt mit einem Car-2go-Fahrzeug ist automatisch eine Probefahrt", heißt es bei Daimler, das mit Car2go schon 2008 als erstes flexibles Carsharing-Angebot begonnen hat. Man wolle mit Carsharing auch neue Technologien wie das autonome Fahren promoten. Sind Kommunen die Mitbetreiber, steht oft auch der Umweltaspekt im Vordergrund, so etwa bei "E-Autoteilen im Steirischen Vulkanland" in der Südoststeiermark, dem österreichweit größten Carsharing-Projekt von Gemeinden. Auch in Niederösterreich sind laut VCÖ rund 70 Gemeinden aufgesprungen.

Für die Betreiber ist Carsharing nicht immer ein gutes Geschäft. Emil, eine Marke der Rewe Group und der Salzburg AG, hört mit Ende des Jahres auf. Die Deutsche Bahn hat in Österreich nur mehr Flinkster-Carsharing-Stationen in Salzburg. Der US-Anbieter Zipcar stellte mit Anfang August den Betrieb in Österreich ein. Vor fünf Jahren hatte man vom Autohändler Denzel die Denzel Mobility Carsharing GmbH übernommen. Von Wien aus wollte man den europäischen Markt erobern.

Die 15 Wiener Zipcar-Standplätze übernahm jetzt allerdings Stadtauto, eine Marke des österreichischen Jungunternehmens Greenmove, eines Anbieters von E-Car-Lösungen. Die Flotte, die vorerst von Diesel auf Hybrid, später auf E-Betrieb umgestellt wird, will man bis April 2018 in Kooperation mit Hyundai auf 70 Fahrzeuge ausbauen. Gas geben will man mit speziellen Business-und Familientarifen.

Mit Fahrplanwechsel am 11. Dezember starten auch die ÖBB flächendeckend ihr Carsharing-Modell Rail & Drive, wobei eine Bahnkarte nicht vorausgesetzt wird.

Mehr als nur Uber

Der Inbegriff der Sharing Economy ist die US-Plattform Uber, die in 600 Städten weltweit täglich zehn Millionen Taxifahrten verbucht, wenn sie denn darf. In London musste Uber seinen Betrieb einstellen. In Wien dürfen Uber-Fahrer nicht wie Taxis nach Belieben unterwegs Kunden aufnehmen und absetzen. Für sie gelten die Beschränkungen von Mietwagenfirmen, entschied das Wiener Landesgericht.

"In Wien arbeitet Uber ausschließlich mit professionellen Mietwagen-und Taxiunternehmern zusammen", betont Luisa Elster, Uber-Sprecherin für den deutschsprachigen Raum, "sie nutzen unsere App zusätzlich, um ihre Auslastung zu erhöhen und dadurch mehr Umsatz zu erzielen." Uber nehme den Taxis keine Kunden weg, da "hauptsächlich junge Technikaffine Uber nutzen, die vorher nicht mit dem Taxi gefahren sind. Die Nutzercommunity hat sich in den drei Jahren, in denen wir in Wien sind, kontinuierlich vergrößert. Die Wartezeit auf ein Uber-Fahrzeug hat sich von über acht auf rund vier Minuten reduziert. Uber ist auch über die Stadtgrenze hinaus verfügbar." So auch für Fahrten zum Flughafen.

Während die Taxifunkzentrale 40100 mit einstweiligen Verfügungen gegen kleinere Mietwagenunternehmen letztendlich auch Uber zu verhindern versucht, ist mit Taxify ein weiterer Fahrtenvermittler im Anrollen. Er sucht in Wien bereits eifrig nach Fahrern. Daneben gibt es klassische private "Carpools", die wie Blablacar Mitfahrmöglichkeiten bieten. Die Preise bestimmen die Fahrer. So kostet eine Mitfahrgelegenheit von Wien nach Salzburg zwischen 17 und 30 Euro. Da kann man sich aber auch gleich die Preise der (West-)Bahn und Flixbusse anschauen.

Der private Mietwagen

Wer sich lieber selbst hinter das Lenkrad setzt, kann über drivy.at ein Auto in der Nachbarschaft ausborgen. Die Online-Autovermittlung poolt 1.000 private Autos und 15.000 Nutzer. Den Preis legt der private Vermieter fest. Die Plattform macht je nach Zustand, Modell und Alter des Autos Vorschläge. Der Anmieter ist durch die Allianz vollkasko-und haftpflichtversichert. Der Fahrer muss mindestens 21 Jahre alt sein und zwei Jahre den Führerschein besitzen. Bei teuren Boliden gibt es strengere Altersbeschränkungen. Der Vermieter muss das Auto bei Rückgabe prüfen. Die vermieteten Fahrzeuge dürfen keine sicherheitsrelevanten Mängel aufweisen.

Die Anmietung wird per Visa, Mastercard oder Paypal über drivy.at bezahlt. Der Vermieter erhält 70 Prozent des Preises innerhalb von drei Tagen nach Ende der Anmietung überwiesen. Der Rest geht für die Versicherung und die Plattformkosten drauf. Bei privaten Vermietern gibt es einen Beleg ohne Mehrwertsteuer. Auch Geschäftsreisende können drivy.at nutzen. Verboten ist allerdings, Autos für den gewerblichen Waren-und Personenverkehr anzumieten. Fahrten ins Ausland sind erlaubt, aber nur in bestimmte Länder, nicht etwa nach Ungarn oder in die Slowakei.

Und was ist der Vorteil von Drivy?"Man kann einfach und möglichst schnell ein Auto aus der Nachbarschaft mieten, weil Drivy günstigere Mietpreise bietet", meint Drivy-Sprecherin Eva Winkelmann. "Der Durchschnittspreis eines Drivy-Autos beträgt 29 Euro pro Tag." Mitbewerber Carsharing24/7 empfiehlt den privaten Autovermietern, zwei Prozent der Jahresfixkosten als Überlassungsgebühr zu verrechnen. Für den Ausleiher fallen dann noch die Benzinkosten an.

"Der Vorteil von Drivy ist aber nicht nur der Preis", meint Winkelmann, "sondern auch die große Vielfalt an Autos für unterschiedliche Anlässe. Vom Cityflitzer bis zum Transporter für den Umzug und vom Cabrio für den Wochenendausflug bis zum seltenen Modell als besonderem Wagen für die Hochzeit." Genutzt werden die privaten Mietwagenpools vor allem von Städtern, bei denen der Wagen um die Ecke abzuholen ist. Scherereien mit etwaigen Strafmandaten hat der Autobesitzer, auch wenn sie letztlich der Ausleiher berappen muss.

Am Anfang war das Leihrad

Lange bevor gesharte Autos die Großstädte eroberten, fanden Leihfahrräder ihren fixen Platz in speziell für sie vorgesehenen Fahrradständern. Platzhirsch Citybike von der Werbefirma Gewista startete bereits 2003. "Der Großteil der Kosten wird durch unsere Werbepartner gedeckt", erklärt Gewista-Pressesprecher Christian Brandt-Di Maio. "Die erste Stunde ist gratis und 94 Prozent der Fahrten enden innerhalb dieser ersten Stunde." Die neue Konkurrenz sei noch nicht zu spüren: Mit Obike aus Singapur und dem weltweit größten stationsunabhängigen Bikesharingsystem, Ofo aus China, buhlen zwei große neue Player um die Gunst der Pedalritter. Das Besondere an den neuen Systemen: Man darf die Räder im Großraum Wien überall abstellen, nicht nur an den firmeneigenen Fahrradständern in den Innenstadtbezirken.

"Damit ist man viel flexibler. Solche Systeme werden viel besser angenommen. Das hat schon Peking gezeigt", behauptet Fred Dong, verantwortlich für Ofo in Österreich, Tschechien und der Schweiz. Der Chinesische Bikesharer startete 2014 in Chinas Hauptstadt. Heute betreibt Ofo nach eigenen Angaben acht Millionen Räder in über 170 Städten mit 100 Millionen registrierten Nutzern und 25 Millionen Ausleihungen pro Tag. Miteigentümer ist Alibaba, das chinesische Pendant zu Amazon, das kolportierte 700 Millionen US-Dollar ins Bikesharing-Unternehmen investierte. Warum man gerade Wien als einen der ersten europäischen Märkte wählte, erklärt Fred Dong mit dem großen Potenzial: "Wien hat ein gut ausgebautes Radwegenetz, und die Wiener sind aufgeschlossen für Bikesharing."

Neue Regeln für Leih-Bikes

Doch womit verdient Ofo sein Geld?"Ausschließlich mit den Leihgebühren. Dass Ofo profitabel sein kann, zeigen Erfahrungen in China", ist Dong optimistisch, dass sich auch Wien mittelfristig für Ofo rechnen wird. Kaum auf der Straße, sorgen die asiatischen Leihfahrräder in Wien aber auch schon für Unmut. Oftmals stehen sie - weil sie nicht an Stationen gebunden sind - im Weg oder verschandeln -zerstört oder im Blumenbeet -das Stadtbild. Bis Weihnachten will die Mobilitätsagentur der Stadt Wien deshalb für Ofo, Obike und Co Regeln aufstellen. Im Gespräch sind etwa Abschleppstrafen für falsch geparkte Drahtesel. Die Zahl der Ofo-und Obikes wird bis zum Frühjahr auf die derzeit insgesamt 1.500 Zweiräder beschränkt. Obike kämpft obendrein -ähnlich wie jüngst Uber -mit einem Datenleck. Über die Social-Media-Funktionen der Obike- App wurden Namen, Handynummern, Profilbilder und Mailadressen unverschlüsselt ins Netz gestellt.

Wohnen mit Fremden

Im Trend liegt auch die private Zimmervermietung. Statt "Bed and Breakfast" wird aber meist nur das Bett geboten. Gebucht wird über Plattformen wie Airbnb. Von ihren Erfahrungen -sowohl als Vermieterin als auch als Mieterin -berichtet die 34-jährige Christina aus Vorarlberg, die in Wien über Airbnb ein Zimmer ihrer zentral gelegenen 144-Quadratmeter-Mietwohnung vermietet. "Mein Mitbewohner und ich waren uns schon bei der Wohnungssuche einig, dass sie groß sein soll. Mir war wichtig, dass mein Strickkunst-Atelier reinpasst. Damit wir uns das auch leisten können, wollten wir zeitweise ein Zimmer mit Zustimmung der Hausverwaltung untervermieten. Das Recht wurde uns im Mietvertrag eingeräumt. So gab es bisher weder Probleme mit dem Hauseigentümer noch mit Hausbewohnern."

Überhaupt gab es bei der Zimmervermietung über Airbnb noch nie Probleme mit den Gästen, betont Christina, "und wir machen das nun schon seit eineinhalb Jahre. Es wird ja nicht nur der Vermieter, sondern auch der Gast bewertet, den man auch ablehnen kann. Ich nehme niemanden, der nur eine E-Mail-Adresse angibt und keinen Ausweis bei Airbnb hinterlegt hat oder zumindest in sozialen Netzwerken aufscheint. Oft kontaktiere ich die Gäste auch vorher, um mehr über sie herauszufinden. Es macht mir dann auch Spaß, mit ihnen gemeinsam etwas in Wien zu unternehmen, ihnen meine persönlichen Lokal-und Veranstaltungstipps zu verraten."

Sind das alles junge Gäste? "Keineswegs, ich hatte auch schon einen 85-jährigen Mathematiker zu Gast oder eine 70-Jährige, die mich ins Konzert einlud", klingt Christina begeistert. Für sie ist Geld ein notwendiger, aber nicht der einzige Grund, warum sie ihre Privatsphäre gerne einschränkt und von der Küche bis zum Bad alles mit ihren Airbnb-Gästen teilt: "Es entstehen echte Freundschaften. Auch den Gästen geht es großteils nicht nur um ein günstiges Zimmer. Vor allem die Asiaten interessiert, wie die Wiener so leben. Sie sind dann oft über die Größe der Wohnung erstaunt. Wegen der zentralen Lage und dem U-Bahn-Anschluss habe ich auch viele Kongressteilnehmer, die am Abend die City sehen wollen oder nicht alleine im Hotelzimmer herumhängen wollen."

Christina kassiert rund 35 Euro pro Person und Nacht für das sonnige, modern möblierte 30-Quadratmeter-Zimmer. Für die Endreinigung fallen 15 Euro an. Das findet sie "voll okay". Die Vorarlbergerin kennt die Preise der "Konkurrenz". Sie reist selbst mit Airbnb. Wegen des Putz-und bürokratischen Aufwands vermiete sie erst ab zwei Tagen: "Die meisten bleiben ein bis zwei Wochen." Rechnet sich die Vermietung nach Abzug der Steuern und der Ortstaxe? "Unser Ziel ist es, unsere 1.500 Euro Mietkosten durch die Vermietung des einen Zimmers in etwa zu dritteln. Das gelingt uns. Und was noch ein Vorteil ist: Wenn man weiß, dass man Gäste hat, hält man die Wohnung immer in Ordnung."

Und warum nehmen sie keinen fixen Mieter? 500 Euro pro Monat müsste man doch für ein schönes 30-Quadratmeter-Zimmer im Herzens Wiens problemlos verlangen können? "So kann ich Tage blocken, an denen ich viel zu tun habe, meine Ruhe haben möchte oder mein Cousin zu Besuch ist", genießt Christina die Teilzeitvermietung. Bedeuten ständig wechselnde Mitbewohner nicht mehr Stress und Aufwand? "Hier nimmt Airbnb einem viel ab. Ich erhalte von ihnen sicher 24 Stunden nach Ankunft des Gastes die Miete, sie helfen mir bei der Berechnung der Ortstaxen und ich bin obendrein versichert, sollte der Gast etwas beschädigen. Das ist bis jetzt aber noch nie vorgekommen."

Wohnraum will man nicht nur im Urlaub, sondern auch im Alltag wieder teilen. "Cohousing" heißt das neue Wohnkonzept, private Wohneinheiten ergänzt um Gemeinschaftseinrichtungen. Darauf baut etwa das Projekt "Seestern" in Wien-Aspern. Gemeinschaftlich wohnen im Grünen bietet das Projekt "Pomali" in der niederösterreichischen Gemeinde Wölbling zwischen Krems und St. Pölten.

Wozu ein eigenes Büro?

Cohousing, warum dann nicht gleich Coworking? Die meisten Start-ups starten ohne eigenes Büro. Bürogemeinschaften, sogenannte "Coworking-Spaces", schießen in den Ballungszentren wie Schwammerln aus dem Boden. In Wels mischen etwa der Industrielle Stefan Pierer und seine Söhne mit dem Unternehmerzentrum Workspace mit, das 31 möblierte Büros beherbergt. In Wien hat mit Wexelerate nach Impact Hub Vienna ein weiterer großer Start-up-Hub aufgemacht. Ein Arbeitsplatz kostet, wenn auch inklusive Betriebskosten, immerhin 299 Euro. Das ist zu viel Konkurrenz für das 2010 im fünften Wiener Bezirk gestartete Coworking-Center Sektor5, das nun zusperren musste.

Es sind aber nicht nur hohe Büromieten, weshalb man sich in Coworking-Spaces einquartiert. Man hofft, gleich Kunden oder Verbündete zu finden, oder einfach auch nur auf die Inspiration von außen. Oder es gilt, zwischen zwei Terminen die Zeit sinnvoll zu überbrücken. Coworking-Cafés wie Cocoquadrat im vierten Wiener Gemeindebezirk vermieten um zwei bis drei Euro pro Stunde einen Arbeitsplatz auch stündlich.

Alles kann geteilt werden

Damit nicht zu viel Geld für Sachen draufgeht, die man nur selten braucht, wird vom Werkzeug über den Autoanhänger, das Faltrad, die Transportrodel, den Campingsessel bis zum Piratenoutfit zu Halloween auf www.teilbar.at alles geliehen statt gekauft. Die großen Sportketten verleihen hochwertige Bikes und E-Bikes, Skier und Bords und vieles mehr: Bei Hervis kann man um 1,99 Euro pro Tag Self-Balance-Scooter, einen Schlafsack, ein Zelt, Wanderstöcke oder Wanderrucksäcke mieten, ab 4,99 Euro professionelle Fitnessgeräte oder um 9,99 Euro ein Gartentrampolin oder eine Tischtennisplatte.

Hobbyhandwerkern leihen die Baumärkte Profiwerkzeuge und Maschinen. Vorerst nur in Deutschland gibt es bei Media Markt und Otto Versand auch Technik zu mieten, ottonow.de bietet etwa ab 13 Euro pro Monat einen Fernseher.

Hochsaison haben Secondhand-Plattformen wie willhaben.at, ebay.at, Shpock, kleiderkreisel.at, bazar.at, flohmarkt.at oder flohmo.at. Und wer nicht selbst seinen alten Krempel vertickern möchte, kann ihn bei wiederverkaufen.at in der Wiener Ungargasse abgeben. Gegen eine Provision von 20 Prozent des Erlöses übernimmt man dort den Verkauf.

Wer aber meint, nur in der Stadt wird geteilt, der irrt gewaltig. So hat der Maschinenring, wo man sich gemeinsam teure Landmaschinen anschafft, den Service organisiert oder auch Arbeitskräfte (Betriebshelfer) anfordert, jahrzehntelange Tradition. Mit der Onlineplattform urlaubambauernhof.at betreibt man gemeinsam eine Zimmervermietungs-und Buchungsplattform. Man teilt sich Almflächen, oder es werden freie Flächen zur Bepflanzung und Betreuung Mitbürgern als Gemüseparzellen angeboten. In Österreich gibt es über 300 "Seminarbäuerinnen", die jährlich 200.000 Interessierten ihr landwirtschaftliches Wissen weitergeben.

Mietziege und Patenhuhn

Teilen lassen sich sogar Tiere: Reitbeteiligungen statt eines eigenen Pferdes sind mit die älteste Form der tierischen Teilökonomie. Statt 3.000 Euro oder ein Vielfaches in ein Pferd zu stecken und Monat für Monat 300 bis 600 Euro fürs Einstellen auszugeben, alle acht Wochen den Hufschmied zu bezahlen und den Tierarzt zu finanzieren, wird man einfach Mitreiter. Wer gut reitet, verlässlich ist und auch einmal anpackt, zahlt womöglich nicht einmal einen Euro, in jedem Fall aber vergleichsweise wenig fürs Reitvergnügen. Denn was Pferdebesitzern fehlt, ist meist die Zeit oder auch die reiterliche Erfahrung.

Mieten kann man zunehmend auch Nutztiere. Als Gegenleistung bekommt man oftmals hundertprozentige Bioprodukte. So auch bei Eva Esterl aus Marchegg, die neuerdings Partnerschaften für ihre Ziegen um 60 Euro pro Monat anbietet. Dafür bekommt man Ziegenprodukte, vor allem Käse. Und das ist noch nicht alles: "Wer will, kann seine Mietziege regelmäßig besuchen und auch mit ihr spazieren gehen. Man kann beim Füttern oder im Stall helfen oder von uns lernen, wie man Käse herstellt. Das Highlight ist im Juni die Heuernte mit abschließendem Grillfest für alle Ziegen-Partner."

Um zehn Euro pro Monat kann man in Bad Deutsch-Altenburg in Niederösterreich eine Hühnerpatenschaft übernehmen, seinem gefiederten Patenkind einen Namen geben und es gegen Voranmeldung jederzeit besuchen. Drei glückliche Hühner samt mobilem Stall für 70 Euro pro Monat vermietet Fabian Gutscher aus Altlengbach unter Mihu für den privaten Garten -Eier inbegriffen.

Know-how sharen

Der Umwelt zuliebe gibt es bereits in vielen Bundesländern Repair-Cafés, in denen geschickte Fachleute ehrenamtlich helfen, Spielzeuge, Möbel, Computer, Fahrräder und vieles mehr zu reparieren. Landwirte teilen ihr Wissen mit Städtern. Hilfe im Alltag wird auf neighbours.help angeboten. Private Dienstleistungen kann man zunehmend auch auf Verkaufsinternetportalen wie willhaben.at erwerben oder auf spezialisierten Seiten.

Sharing Economy wird immer mehr zum Wirtschaftsfaktor. Je 100.000 Einwohner sind im deutschsprachigen Raum zehn Sharing-Organisationen aktiv, schätzt Achim Oberg vom Forschungsprojekt sharing-economy.at, das gerade einen Wiener Stadtplan der Sharing Economy erstellt. Aber auf wessen Kosten? "Sozialbetrug und Lohndumping sind keine Charakteristika der Sharing Economy, gehen aber leider mit einigen gewinnorientierten Geschäftsmodellen Hand in Hand", meint Sharing-Economy-Experte Sebastian Vith vom Institut für Public Management and Governance der WU. Vith sieht in der Teilökonomie auch nicht zwangsläufig einen ökologischen Nutzen: "Bei Carsharing stellt sich beispielsweise die Frage, ob gewisse Geschäftsmodelle wirklich zu weniger gefahrenen Kilometern führen, oder ob nicht eine Kannibalisierung des öffentlichen Nahverkehrs stattfindet." Für die Tourismusbranche sind wiederum Anbieter wie Airbnb, Wimdu oder 9flats ein rotes Tuch. Machen die Einnahmen der Privatvermietungen über solche Plattformen laut einer TU-Wien-Studie doch bereits 81 Millionen Euro aus. Das sind zehn Prozent des gesamten Wiener Nächtigungsumsatzes.

Umstrittene Studie

Airbnb halte 80 Prozent Anteil am privaten Vermietungskuchen. Laut aktueller Studie der TU-Wien würden dem klassischen Wiener Wohnungsmarkt allein durch Aibnb 2.000 Wohnungen dauerhaft entzogen. Die Stadt Wien sieht bei insgesamt 900.000 Wohnungen aber nicht die Gefahr, dass private Ferienzimmervermietungen zur Wohnungsnot ernsthaft beitragen könnten. Airbnb zweifelt die Studie überhaupt an. "Die in der Studie verwendeten Daten sind falsch", heißt es auf Anfrage, "Wohnungen, die auf Airbnb angeboten werden, machen weniger als ein Prozent des Wiener Wohnungsmarktes aus, und der typische Home-Sharer vermietet sein Zuhause weniger als einen Tag die Woche." Mit Wien sei man in Gesprächen, dass man die Ortstaxe automatisiert über die Plattform abführt.

Eine trendige Sharing-Idee ist das "Mietshäusersyndikat": Selbst organisierte Hausgemeinschaften erwerben Häuser, der Weiterverkauf wird ausgeschlossen, die Mieten dienen nur dazu, aufgenommene Kredite zurückzubezahlen.

335 Milliarden US-Dollar oder mehr wird der Sharing-Economy-Markt laut dem US-Thinktank Brookings Institution im Jahr 2025 schwer sein