Fairtrade und Fairtrade-Siegel in Österreich

Immer wieder hört oder liest man von schrecklichen Arbeitsbedingungen und der Ausbeutung von Arbeiter:innen und Produzent:innen in der dritten Welt und Schwellenländern. Oft gehen solche ausbeuterischen Bedingungen auch mit einer schweren Belastung der Umwelt einher. Das Fairtrade-Siegel soll Waren kennzeichnen, die faire Arbeitsbedingungen, eine Reduktion der Umweltbelastung und eine gerechte Entlohnung garantieren. Doch wie funktioniert das und kann man dem Fairtrade-Siegel vertrauen?

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Fairtrade © Bild: iStockphoto/Thinglass

Inhaltsverzeichnis

Was ist Fairtrade?

Fairtrade ist ein Konzept des fairen und nachhaltigen Handels, das sich für bessere Lebensbedingungen von Kleinbäurinnen und Kleinbauern, Arbeiter:innen und Produzent:innen in Lateinamerika, Afrika, Asien und in der Karibik einsetzt. Dabei geht es vor allem um faire Preise, bessere Arbeitsbedingungen, umweltverträgliche Produktionsbedingungen und gerechte und langfristige Handelsbeziehungen.

Die Grundsätze von Fairtrade basieren auf der Idee, dass eine gerechtere Verteilung der Einkommen und bessere Arbeitsbedingungen dazu beitragen können, die Armut in Entwicklungsländern zu reduzieren. Dabei geht es nicht nur um die Verbesserung der ökonomischen Situation von Bäurinnen und Bauern und Arbeiter:innen, sondern auch um die Förderung sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit.

Um diese Ziele zu erreichen, setzt Fairtrade auf verschiedene Maßnahmen. Dazu gehört zum Beispiel die Gewährung von fairen Preisen, die die Kosten für eine nachhaltige Produktion decken und den Produzent:innen ein existenzsicherndes Einkommen ermöglichen. Außerdem setzt sich Fairtrade für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Arbeiter:innen in der Landwirtschaft ein, für das Verbot von Kinderarbeit und Diskriminierung sowie den Schutz von Umwelt und der Artenvielfalt.

Das Fairtrade-Modell wird durch ein eigenes Zertifizierungssystem, mit einem Sozialsiegel, unterstützt. Produkte, die mit dem Fairtrade-Siegel gekennzeichnet sind, wurden unter Einhaltung von Fairtrade-Kriterien hergestellt. Verbraucher:innen können so sicher sein, dass ihre Kaufentscheidung einen Beitrag zum fairen Handel leistet und keine Ausbeutung unterstützt.

Fairtrade in Österreich – Zahlen und Fakten

In Österreich wird das Fairtrade Siegel von „Fairtrade Österreich“ (Verein zur Förderung des fairen Handels mit den Ländern des Südens) mit Sitz in Wien vergeben.

Der Umsatz mit Fairtrade-Produkten betrug laut dem Jahresbericht 2021 im Jahr 2021 in Österreich 485 Millionen Euro, das ist ein Plus von 24% gegenüber dem Jahr 2020. Es wurden in Österreich noch nie so viele fair gehandelte Produkte wie im Jahr 2021 verkauft. Dabei machen Schokolade und Süßwaren mit 56% den Großteil der gehandelten Produkte aus, gefolgt von Bananen (14%) sowie Kaffee und Heißgetränke (14%).

Warum ist Fairtrade wichtig?

Fairtrade ist wichtig, weil es einen fairen und nachhaltigen Handel fördert, der sowohl Produzenten als auch Verbrauchern und der Umwelt zugutekommt.

Für Produzent:innen in Entwicklungsländern bedeutet Fairtrade bessere Lebensbedingungen und eine gerechtere Entlohnung. Durch die Einhaltung von Fairtrade-Kriterien erhalten sie faire Preise für ihre Produkte, die ihre Kosten für eine nachhaltige Produktion decken und ein existenzsicherndes Einkommen ermöglichen. Außerdem profitieren sie von verbesserten Arbeitsbedingungen, Verboten von Kinderarbeit und Diskriminierung sowie dem Schutz von Umwelt und Artenvielfalt.

Für Verbraucher:innen bietet Fairtrade die Möglichkeit, bewusste Kaufentscheidungen zu treffen, die einen positiven Einfluss auf die Welt haben. Durch den Kauf von Fairtrade-Produkten können sie dazu beitragen, dass Produzenten in Entwicklungsländern bessere Lebensbedingungen erhalten und Umweltstandards eingehalten werden. Außerdem haben sie die Gewissheit, dass ihre Kaufentscheidung einen Beitrag zum fairen Handel leistet.

Für die Umwelt ist Fairtrade ebenfalls von Bedeutung. Durch die Einhaltung von Umweltstandards werden die Umweltauswirkungen der Produktion minimiert. Dazu gehört zum Beispiel die Reduktion des Einsatzes von Pestiziden und Düngemitteln sowie die Förderung von umweltverträglicheren Anbaumethoden. Außerdem wird der Schutz von Artenvielfalt und Ökosystemen gefördert.

Wie funktioniert Fairtrade?

Fairtrade ist ein Zertifizierungssystem, das auf bestimmten Kriterien und Standards basiert, um einen fairen und nachhaltigen Handel zu gewährleisten. Der Prozess der Herstellung und des Handels von Fairtrade-Produkten besteht aus mehreren Schritten:

  1. Zertifizierung von Produzent:innen: Um Fairtrade-zertifizierte Produkte herzustellen, müssen Produzent:innen bestimmte Kriterien erfüllen. Diese umfassen unter anderem die Einhaltung von Umweltstandards, die Ablehnung von Kinderarbeit, die Förderung von Geschlechtergleichstellung und die Gewährleistung von gerechten Arbeitsbedingungen und Löhnen.
  2. Verhandlung von Fairtrade-Preisen: Fairtrade-Produkte werden zu einem Preis verkauft, der höher ist, als der Preis auf dem konventionellen Markt. Dieser Preis deckt die Kosten für eine nachhaltige Produktion und ermöglicht Produzent:innen ein existenzsicherndes Einkommen.
  3. Fairtrade-Prämie: Für jeden verkauften Fairtrade-Artikel zahlen die Käufer eine Prämie, die direkt an die Produzent:innen fließt. Diese Prämie wird für Gemeinschaftsprojekte wie Bildung, Gesundheitsversorgung oder Infrastruktur verwendet.
  4. Vermarktung von Fairtrade-Produkten: Fairtrade-Produkte werden in der Regel über spezialisierte Fairtrade-Organisationen vermarktet und verkauft. Diese Organisationen setzen sich dafür ein, dass die Fairtrade-Kriterien eingehalten werden und arbeiten eng mit den Produzent:innen zusammen, um die Qualität der Produkte zu verbessern und ihre Vermarktung zu unterstützen.
  5. Überprüfung und Weiterentwicklung: Die Einhaltung der Fairtrade-Kriterien wird durch unabhängige Zertifizierungsstellen überprüft. Außerdem gibt es regelmäßige Überprüfungen und Weiterentwicklungen der Kriterien, um sicherzustellen, dass sie den aktuellen Bedürfnissen und Herausforderungen gerecht werden.

Fairtrade-Siegel und Fairtrade-Produkte

Das Fairtrade-Siegel auf Produkten wie Kaffee, Schokolade, Baumwolle, Bananen, Blumen oder Baumwolle garantiert, dass sie unter Berücksichtigung von Fairtrade-Kriterien hergestellt wurden. Dazu gehören die Einhaltung von Mindestpreisen, die Förderung von umweltfreundlichen Anbau- und Produktionsmethoden sowie die Achtung von Arbeitnehmer:innen-Rechten. Das Siegel zeigt den Verbraucher:innen an, dass das Produkt unter fairen Bedingungen produziert wurde und einen fairen Preis für die Produzent:innen beinhaltet.

Produzent:innen und Gemeinschaften, die Fairtrade-Produkte herstellen, profitieren von stabileren Preisen, Fairtrade-Prämien und Unterstützung bei der Entwicklung von Gemeinschaftsprojekten wie Schulen, Krankenhäusern oder sauberem Trinkwasser.

Zwar wird durch die Fairtrade-Bestimmungen eine ökologische Bewirtschaftung belohnt und einige Pestizide sind verboten. Dennoch darf man das Fairtrade-Siegel nicht mit Öko-Standards wie dem EU-Bio-Siegel verwechseln. Es gibt Fairtrade-Produkte, die ein Bio-Siegel tragen, allerdings nicht alle. Somit kann es auch vorkommen, dass Fairtrade Bananen gleich neben Bananen, die sowohl das Fairtrade, als auch ein Bio-Zeichen tragen angeboten werden. Konsument:innen sollten also genau hinsehen.

Fairtrade-Siegel gibt es nur für Produkte

Das Fairtrade-Siegel ist ein Produktsiegel und kein Handelssiegel. Das bedeutet auch, dass nicht die Arbeitsbedingungen der gesamten Lieferkette zertifiziert sind, sondern lediglich jene der Herstellung. Fairtrade sieht sich in erster Linie verantwortlich für die Verbesserung der Bedingungen im globalen Süden.

Die Kritik, dass man mit dem Siegel auch Unternehmen unterstütze, die in anderen Bereichen nicht den Idealen des fairen Handels nachgehen, weist Fairtrade von sich. „Wir glauben, dass es wichtig ist Unternehmen zu belohnen, auch wenn es nur einen kleinen Teil ihrer Arbeit betrifft“. Es wäre somit unmöglich ein Unternehmen wie beispielsweise Nestlé zu zertifizieren, ein einzelnes Produkt hingegen schon.

Greenwashing? Fairtrade ist nicht gleich Fair Trade

Es gibt keine gesetzlichen Vorgaben dazu, wann ein Produkt als „fair“ gilt. Der Begriff ist nicht geschützt und so kann theoretisch jeder Hersteller sein Produkt als „fair“ deklarieren. Was genau „Fair Trade“ ist, liegt im eigenen ermessen. Es ist also durchaus möglich, dass einige Hersteller ihren Produkten eine „fair“-Bezeichnung zum Zweck des Greenwashing verleihen, ohne dafür irgendeine Zertifizierung zu haben.

„Fairtrade“ wiederum ist eine eingetragene Marke. Das Logo kennzeichnet Produkte bei denen bestimmte Kriterien des fairen Handels eingehalten werden. Es handelt sich um ein Sozialsiegel, das garantiert, dass Kleinbauern auch bei schwankenden Weltmarktpreisen einen kostendeckenden Preis für ihre Waren erhalten.

Allerdings wurde 2011 der notwendige Mindestanteil an fair gehandelten Zutaten für das Fairtrade-Siegel von 50 auf 20 Prozent gesenkt. Zudem müssen auch alle anderen Zutaten nur fair gehandelt werden, wenn dies erhältlich ist. Für den Konsumenten ist dies nur schwer durchschaubar und diese Einschränkungen stehen oft in der Kritik. Dass der Einzelhandel häufig besser an dem Logo verdient, als der Produzent tut hier sein Übriges.

Trotzdem ist das Siegel wichtig. „Für uns ist es von Bedeutung, dass es den Bauern im globalen Süden, also den schwächsten Gliedern in der Kette, besser geht“, betont Hartwig Kirner, Geschäftsführer von Fairtrade Österreich und ergänzt: „Das heißt nicht, dass diese bald einen Mercedes vor der Tür stehen haben, aber ihren Familien soll es gut gehen und sie sollen fair bezahlt werden“.

Fairtrade in Österreich

In Österreich gibt es bereits zahlreiche Unternehmen, die sich für Fairtrade engagieren.

MANNER legt seit 2011 Wert auf Nachhaltigkeit und hat es geschafft, dass seit 2020 100% zertifiziert-nachhaltiger Kakao für die gesamten Markenprodukte von Manner verwendet wird. Seit 2021 erhalten alle MANNER Waffel- und Schnitten-Produkte das bekannte Fairtrade Kakao-Siegel.

2011 stellte die Wiener Bäckerei STRÖCK auf Bio-Fairtrade-Kaffee und Kakao bei den Heißgetränken um und seit 2022 wird auch bei allen Backwaren nur mehr FAIRTRADE-Kakao verwendet.

Bereits seit 2006 bietet Tchibo/Eduscho seinen Kund:innen Kaffee, der bis zu 50% aus zertifizierter Herkunft stammt, an. Seit 2014 wird in allen Filialen ausschließlich Fairtrade-zertifizierter Kaffee serviert (mehr dazu auf fairtrade.at).

Der Süßwarenhersteller NIEMETZ, der besonders für seine Schwedenbomben bekannt ist, produziert seit 2014 ausschließlich mit Fairtrade-zertifiziertem Kakao.

Diese Unternehmen sind nur einige Beispiele für die Praxis von Fairtrade und zeigen, wie Unternehmen auf der ganzen Welt Fairtrade-Praktiken anwenden können, um fairere Arbeitsbedingungen und umweltfreundlichere Herstellungsprozesse zu fördern.

Auf der Seite Fairtrade Österreich findet man eine große Übersicht über, in Österreich erhältliche, Fairtrade Produkte und wo man sie kaufen kann. Außerdem kann man den Gastro-Finder der Seite nutzen, um zu sehen in welchen Lokalen man fair gehandelte Produkte nutzt.

Herausforderungen für Fairtrade

Eine der Hauptbeschränkungen des Fairtrade-Modells ist, dass es sich hauptsächlich auf den Agrarsektor konzentriert. Zwar zertifiziert Fairtrade auch Produkte aus anderen Sektoren wie Textilien und Handwerk, diese sind jedoch weiterhin eine Randerscheinung.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass Fairtrade-Organisationen oft Schwierigkeiten haben, neue Produzentinnen zu gewinnen. Dies kann auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sein, wie zum Beispiel mangelnde Kenntnis über das Fairtrade-System, mangelnde Unterstützung von Regierungen und politischen Entscheidungsträgern oder Schwierigkeiten beim Erhalt von Finanzierung und Ressourcen.

Die Konkurrenz durch konventionelle Produkte stellt besonders jetzt, da die Preise für Lebensmittel und Waren im Allgemeinen nach oben schnellen, eine große Herausforderung dar. Für viele Verbraucher:innen kann es daher schwierig sein, sich für Fairtrade-Produkte zu entscheiden.