Auftakt zum
großen Umfärben

Die Regierung greift bei Staatsunternehmen durch, tauscht Kontrollorgane aus, baut die Beteiligungsgesellschaft Öbib um und damit ihren Einfluss aus. Weitere Privatisierungen sind derzeit aber kein Thema.

von
Wirtschaft - Auftakt zum
großen Umfärben

Neue Besen kehren besser -das denken sich offenbar auch Bundeskanzler Sebastian Kurz und sein Vize, Heinz-Christian Strache. Noch wird koalitionsintern zwischen ÖVP und FPÖ über letzte Details diskutiert - die große Stoßrichtung ist aber klar: Die neue Regierung stellt ihre Beteiligungs-und Standortpolitik neu auf und nimmt entsprechende organisatorische Änderungen vor. Im Auftrag der Regierungschefs sind ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger und FPÖ-Infrastrukturminister Norbert Hofer dabei federführend involviert.

Schaltstelle Öbib

Im Zentrum der Maßnahmen steht dabei die Österreichische Bundes-und Industriebeteiligungen GmbH (Öbib), in der die wesentlichen Anteile der Republik an wichtigen heimischen Unternehmen gebündelt sind. Dazu gehören OMV, Casinos Austria, Telekom Austria und die Österreichische Post, Schoeller-Bleckmann, GKB-Bergbau, IMIB Immobilien-und Industriebeteiligungen sowie Anteile an der APK-Pensionskasse. Das ÖVP-geführte Finanzministerium als Eigentümervertreter wird künftig noch mächtiger, da es auch für die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) und den Energiekonzern Verbund zuständig sein wird.

Ein klares Zeichen dafür, dass die Regierung gewillt ist, machtbewusste Industriepolitik zu machen, ist die dieser Tage erfolgte Neubestellung der Mitglieder des Nominierungskomitees der Öbib. Damit hat die Regierung laut Gesetz die Möglichkeit, Einfluss auf die Auswahl der "von der Öbib in den Hauptversammlungen bzw. Generalversammlungen ihrer Beteiligungsgesellschaften zu wählenden oder aufgrund von Verträgen mit Dritten zu benennenden Aufsichtsratsmitglieder" zu nehmen. Die künftigen Mitglieder des Nominierungskomitees sind als Regierungsvertreter Finanzminister Hartwig Löger und Bundeskanzleramtsminister Gernot Blümel (beide ÖVP). Regierungskoordinator Blümel gewinnt zusätzlich an Einfluss. Immerhin ist er als Kultur-und Medienminister auch für den ORF zuständig.

Als Wirtschaftsvertreter sitzen künftig Hofer-Chef Günther Helm und Andritz-Vorstandsvorsitzender Wolfgang Leitner im Nominierungskomitee der staatlichen Beteiligungsholding. Leitner war schon bisher Mitglied; die drei anderen -Harald Mahrer, Ex-Kanzleramtsminister Thomas Drozda und Vienna-Insurance-Group-Aufsichtsratschef Günter Geyer -müssen gehen. Während die beiden Letzteren Vertreter der SPÖ waren, wird der schwarze Ex-Wirtschaftsminister und Wirtschaftsbundchef Mahrer Präsident der Wirtschaftskammer Österreich.

Finanzminister Löger will schon demnächst seine konkreten Vorstellungen, wie es mit dem Beteiligungsmanagement weitergehen soll, präsentieren. "Es braucht eine strategische und organisatorische Neuausrichtung, allein schon, weil künftig auch Bundesimmobiliengesellschaft und Verbund zum Finanzministerium, das für die Öbib zuständig ist, kommen werden. Das bringt neue Herausforderungen mit sich", sagt Lögers Sprecher. Entsprechende Entscheidungen dazu würden "zeitnah" getroffen werden. Privatisierungen spielten dagegen in den Plänen der Regierung im Moment keine Rolle.

Hauptversammlungen kommen

Die Neubesetzung des Nominierungskomitees dürfte aber nur ein erster Schritt sein, weiß ein Kenner der ÖVP: "Das ist sozusagen eine Notlösung, die notwendig wurde, weil demnächst die Hauptversammlungen bei den einzelnen Unternehmen anstehen, in denen wesentliche Entscheidungen getroffen werden." So finden etwa im April die Eigentümerversammlungen von Post und Verbund statt. Während Post-General Georg Pölzl fest im Sattel zu sitzen scheint, stehen beim Verbund zwei bis drei Vorstandsbesetzungen an. Johann Sereinig und Günther Rabensteiner (beide SPÖ) gehen in Pension; die Vertragsverlängerung von Finanzchef Peter Kollmann ist offen. Fix scheint nur, dass Vorstandschef Wolfgang Anzengruber (ÖVP) gute Karten hat, verlängert zu werden. Fraglich ist auch, ob Aufsichtsratschef Gerhard Roiss im Gremium bleibt. Im Mai stehen dann die Hauptversammlungen bei OMV und Telekom Austria an. Bei Letzterer könnte Aufsichtsratsvorsitzender Wolfgang Ruttenstorfer abgelöst werden.

Mittelfristig soll aus der Öbib wieder eine AG, sozusagen eine Neuauflage der Vorgängergesellschaft ÖIAG, werden, sagt ein Insider: "Das ist alles bereits akkordiert. Allerdings sind die Bestellungsmodalitäten für den Aufsichtsrat noch nicht klar." Denn die ÖIAG hatte ein sich selbst erneuerndes Kontrollgremium ohne Einflussmöglichkeiten für die Politik. Doch die will sich die ÖVP-FPÖ-Koalition sichern.

Die neue Öbib dürfe "kein zahnloses Instrument mehr sein", heißt es. Finanzminister Löger habe bereits mit allen CEOs der staatlichen Beteiligungsunternehmen gesprochen -auch mit Öbib-Chefin Martha Oberndorfer. So gut wie sicher scheint, dass sie ihren Sessel räumen wird müssen. Ihr Vertrag laufe bis Juni 2018, so die Öbib-Chefin: "Alles Weitere wird zum gegebenen Zeitpunkt entschieden." Laut gut informierten Kreisen sei das Vertrauen in sie verloren gegangen, unter anderem, weil die Kommunikation zwischen ihr und den Aufsichtsräten der Beteiligungsunternehmen nicht wirklich gestimmt haben soll. Oberndorfer selbst will sich zu den Plänen rund um die Öbib nicht äußern, denn "ob und in welcher Form es zu einer Reorganisation kommt, liegt im Ermessen der Bundesregierung".

FPÖ mischt auf

Bei den ÖBB hat Infrastrukturminister Hofer ebenfalls einen ersten Schritt für weitere Umbesetzungen gesetzt: Die bisherige Aufsichtsratschefin Brigitte Ederer (SPÖ) muss gehen und wird durch Hofers Vertrauten, Heta-Vorstand Arnold Schiefer, ersetzt. Unter dessen Regie wird es zu Rochaden im Kontrollgremium der Bundesbahnen kommen -und deklarierte Rote wie Ex-Nationalbankerin Gertrude Tumpel-Gugerell werden ihren Hut nehmen. Der SPÖ-nahe Anwalt Leopold Specht hat sein Mandat bereits zurückgelegt. Kolportiert wird, dass der neue Generalsekretär im Infrastrukturministerium, Andreas Reichhardt, die auf einem FPÖ-Ticket als Sektionschefin im Finanzministerium sitzende Helga Berger und die neoliberale Ökonomin Barbara Kolm in den Bahnaufsichtsrat einziehen sollen. Auch eine Vorstandsbesetzung im Personenverkehr steht an.

Im Büro Hofers wird eine etwaige Umfärbung indes zurückgewiesen: Bei den ÖBB handle es sich um das größte Staatsunternehmen, und unabhängig von der Farbe müsse der zuständige Minister wissen, was dort passiert, erklärt sein Sprecher: "In den Aufsichtsrat werden Personen kommen, die aufgrund ihrer Qualifikation und ihrer Ausbildung dort auch hineinpassen."

Bei der ebenfalls zum Infrastrukturministerium ressortierenden Autobahngesellschaft Asfinag ist Aufsichtsratschefin Claudia Kahr (SPÖ) zurückgetreten, bevor sie abberufen werden konnte. Dort ist der ranghöchste Kontrollor ihr Stellvertreter Herbert Kasser, Sektionschef im Infrastrukturministerium noch aus SPÖ-dominierten Zeiten und derzeit auch noch ÖBB-Aufsichtsrat - ebenfalls ein Ablösekandidat. Auch in der Luftfahrtbehörde Austro Control, in der viele SPÖler sitzen, stehen Umbesetzungen bevor. Der rote Anwalt Leopold Specht hat auch dort sein Aufsichtsratsmandat bereits niedergelegt.

Staatsfunk im Visier

Und last, but not least dürfte es auch beim öffentlich-rechtlichen ORF zu Veränderungen kommen - sowohl im Stiftungsrat als auch im Management. Dem Vernehmen nach könnte dort künftig statt einem Alleingeschäftsführer ein Managementteam das Sagen haben. Nämlich dann, wenn aus dem ORF eine AG im Eigentum der Republik mit klareren Entscheidungsstrukturen wird. Der Vertrag des als SPÖ-nahe geltenden Generaldirektors Alexander Wrabetz läuft zwar noch fast vier Jahre; kolportiert wird jedoch beispielsweise, dass "Presse"-Chefredakteur und - Geschäftsführer Rainer Nowak einem künftigen ORF-Vorstand angehören könnte.