Wilhelm Molterer wird 60

Der frühere Vizekanzler feiert runden Geburtstag - Berühmte Worte sind geblieben

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In der Regierung saß Molterer lang, an ihrer Spitze kurz. Von 1994 bis 2003 war der Bauernbündler Landwirtschaftsminister zuerst in den rot-schwarzen, dann in den schwarz-blauen (bzw. -orangen) Kabinetten. Die Führung der Volkspartei und das Vizekanzleramt (sowie den Finanzminister) übernahm er nach drei Jahren als Klubobmann 2007. Im Jahr darauf war er alles wieder los: Die von ihm angestoßene Neuwahl hatte der ÖVP ein Debakel beschert, Molterer verkündete am 29. September 2008 seinen Rücktritt.

Ein unrühmlicher Schlusspunkt unter eine politische Laufbahn, die von Beharrlichkeit, Fleiß und Disziplin geprägt war. Ohne den schwarzen Übervater Wolfgang Schüssel, der ihm 2007 das Zepter übergab, hätte es der durchaus machtbewusste Oberösterreicher vielleicht viel früher an die Parteispitze geschafft. So galt er als eine Art ewiger Kronprinz, der seiner ÖVP in egal welcher Position loyal diente. Dass er auch als Klubchef zu sehr der Bundespartei zuarbeite, warf ihm 2006 der gewohnt renitente Ferdinand Maier vor, mit dem bald sprichwörtlichen "Hände falten, Goschen halten"-Sager.

Kühler Stratege

Lange Zeit wirkte es, als fühlte sich der kühle Stratege in der zweiten Reihe ohnehin am wohlsten. Dort galt er als "Strippenzieher" und Personalchef - nicht zuletzt im ORF, wo der langjährige VP-Mediensprecher seinen Einfluss derart zu nutzen wusste, dass ihm der Kabarettist Alfred Dorfer gleich ein "Moltofon" auf den Küniglberg stellte.

Der Sommer 2008 zeigte denn auch, dass sich im Inneren von "Pater Willi", wie man ihn ob seines Hangs zum Predigen auch schon mal nannte, mit Sicherheit keine Wahlkampfmaschine verbarg. Ernsthaft, manche würden es auch verbissen nennen, ein wenig pathetisch, mit Sicherheit keine Lachwurzen und dabei äußerst selbstbewusst, so kam er in der Öffentlichkeit an. Dass er als Chef seiner Partei, die jetzt die "Evolution" probt, schon kleine Schritte in Richtung gesellschaftspolitischer Öffnung verordnete - mit Josef Prölls Perspektiven-Gruppen - daran denken heute nicht mehr viele.

Abschied aus der Innenpolitik 2011

Nach seinem Rücktritt 2008 machte er als Nationalratsmandatar weiter, dass dies nur eine Überbrückung bis zur nächsten standesgemäßeren Station war, lag indes auf der Hand. Aus dem Posten des EU-Kommissars wurde nichts, denn die SPÖ legte wenig Lust an den Tag, Molterer für seine Zwei-Wort-Aktion auch noch mit diesem Spitzenjob zu belohnen. Mitte 2011 schließlich wurde Molterer Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank, womit sein Abschied aus der österreichischen Innenpolitik besiegelt war. Was ihm noch eine Zeit lang - wie anderen ÖVP-Spitzenpolitikern auch - blieb, waren Vorwürfe wegen möglicher Parteienfinanzierungsaktionen - Stichwort Telekom-Affäre, entsprechende Ermittlungen wurden zu Jahresende eingestellt.

Privates ist wenig bekannt von Wilhelm Molterer, jedenfalls ist der ehemalige Landesmeister im Leistungspflügen seinem Heimatort Sierning eng verbunden. Dort wuchs er bei einem Onkel auf, der ihn später - wie in bäuerlichen Kreisen nicht unüblich - adoptierte und übrigens selbst NR-Abgeordneter war. Die ÖVP wird Molterer wenige Tage vor seinem Geburtstag im Rahmen ihrer Parteitags-Party am Dienstagabend hochleben lassen.

Kommentare

christian95 melden

Der ausgebildete "Bauer" Molterer bekam in Brüssel einen hochbezahlten Job als Bankdirektor.
Nur mit einem Parteibuch von ÖVP (und SPÖ) ist man auch ohne entsprechender Ausbildung für solche Jobs "qualifiziert".

Nudlsupp melden

Jetzt sagen Sie doch konkret, was der Willi Molterer bei der EIB falsch gemacht hat, daß Sie hier so polemisieren. Meine Sichtweise als explizit keiner Molterer-Freund ist: Die EIB betreibt Wirtschaftspolitik durch Kreditvergabe, und Politik hat der Molterer doch lange genug gemacht. Aber gerne erfahre ich von Ihnen seine Verfehlungen in diesem Job. Anzukreiden wäre ihm viel mehr 2008.

Nudlsupp melden

P.S.: Und im übrigen, sehe ich den Unterschied nicht, zwischen einem gelernten "Bauern" wie sie es nennen, der in die EIB geht, oder ein Zahntechniker, der sich in der Wirtschaft nicht behaupten konnte, und ins Wiener Rathaus möchte. Hat HC etwa Bürgermeister gelernt? Oder ist was wieder was anderes?

christian95 melden

Wenn eine Zahntechnikerin sogar ParlamentspräsidentIn werden kann, wird doch ein Zahntechniker im Wiener Rathaus nicht schlecht sein!

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