Wiener Lobautunnel:
Grünes Licht für Bau

BVwG hat Beschwerden abgewiesen und damit UVP bestätigt - aber neue Auflagen

Die Richter haben entschieden: Der umstrittene Lobautunnel darf gebaut werden.

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Verkehr - Wiener Lobautunnel:
Grünes Licht für Bau

Das Bundesverwaltungsgericht hat am Mittwoch grünes Licht gegeben, womit die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) positiv abgeschlossen ist. Allerdings müssen "neue Auflagen zur Sicherstellung des Schutzes vor Überschreitung von Umweltqualitätsnormen" eingehalten werden, wie das BVwG am Mittwoch mitteilte.

Das BVwG hatte das Projekt unter die Lupe genommen, nachdem Tunnelgegner bzw. Umweltschützer die erstinstanzliche Bestätigung der UVP beeinsprucht hatten. Diese Beschwerden hat der dreiköpfige Richtersenat nun abgelehnt. Die Asfinag will folglich schon im kommenden Jahr mit dem Bau des insgesamt 19 Kilometer langen S1-Abschnitts beginnen.

Asfinag will Auflagen "penibelst" einhalten

Das Bundesverwaltungsgericht hatte die Anfechtung der Projektgegner etwa in Sachen Auswirkungen auf das Grundwasser, Lärmbelästigung, Gesundheit oder Tunnelsicherheit überprüft, im Laufe des Verfahrens immer wieder Verbesserungsaufträge erteilt und ist nun zum Schluss gekommen, dass "nach deren vollständiger Erfüllung durch die Asfinag sich das Projekt als genehmigungsfähig erwies".

Damit ist der S1-Lückenschluss mit einer Länge von 19 Kilometern offiziell umweltverträglich. Asfinag-Geschäftsführer Alexander Walcher fand das im APA-Gespräch "großartig" und sprach von einer "riesigen Erleichterung". Das BvWG schreibt allerdings eine Reihe von Auflagen vor.

So muss etwa für alle Fahrbahnen lärmmindernder Waschbeton verwendet werden. Außerdem darf im oberirdisch gelegenen Nordabschnitt - also zwischen Süßenbrunn und Groß-Enzersdorf - nur an Werktagen zwischen 6.00 und 19.00 Uhr gearbeitet werden. Baustraßen müssen zudem stets feucht gehalten werden. Außerdem verlangt das Gericht die Bekanntgabe konkreter Maßnahmen, wenn etwa Grenzwerte bezüglich Luftqualität überschritten werden oder das Verkehrsaufkommen höher als prognostiziert ausfallen wird.

Walcher versprach, sich "penibelst" an die Vorgaben halten zu wollen. Wobei er betonte, dass diese "nicht extrem überraschend" seien und sich im Lauf des Verfahrens schon abgezeichnet hätten: "Sie sind bewerkstelligbar." Mit höheren Gesamtkosten rechnete der Asfinag-Geschäftsführer jedenfalls dadurch nicht: "Die Auflagen sind nur Präzisierungen von Maßnahmen, die wir ohnehin geplant haben", versicherte er. Derzeit sind für das gesamte Projekt 1,9 Milliarden Euro budgetiert. Laut Asfinag sind bis dato 82 Millionen Euro in den S1-Lückenschluss geflossen - etwa je zur Hälfte für den Erwerb nötiger Grundstücke bzw. für Planung und Erkundung.

Baubeginn ist Ende 2019 geplant

Was den Zeitplan anbelangt, ging Walcher von einem Baubeginn Ende 2019 aus. Das betrifft den Nordabschnitt Süßenbrunn bis Groß-Enzersdorf. Dieses Stück soll Ende 2022/Anfang 2023 bereits fertig sein. Bis Ende 2025 soll die gesamte Nordostumfahrung abgeschlossen sein. Wann genau der Baustart für den Tunnel selbst ansteht, sei noch offen, hieß es.

Komplett erledigt sind die Bewilligungsverfahren damit aber noch nicht. Einerseits braucht die Asfinag noch naturschutz- und wasserrechtliche Genehmigungen aus den Ländern Niederösterreich und Wien, andererseits steht Gegnern betreffend die jetzige Entscheidung des BvWG noch das Mittel der ordentlichen Revision zu - allerdings nur in einem Punkt. Dabei geht es um die prinzipielle Frage, ob bei der Beurteilung der Lärmentwicklung methodisch richtig vorgegangen wurde.

Ludwig "hocherfreut", Vassilakou weiter dagegen

Der designierte Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hat "hocherfreut" auf das grüne Licht des Bundesverwaltungsgerichts für den Lobautunnel reagiert. Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) bekräftigte dagegen ihre Ablehnung des Großvorhabens.

"Die rasche Realisierung des Lobautunnels ist eines der wesentlichen Vorhaben zur Entspannung der Verkehrssituation", hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme Ludwigs gegenüber der APA. Das Projekt bringe eine deutliche Verbesserung und Entlastung für die Bewohner nördlich der Donau und sei "von enormer Bedeutung für den Wirtschafts- und Jobstandort Wien".

An der Haltung seines Koalitionspartners hat die Entscheidung des Gerichts nichts geändert: "Auch wenn es jetzt einen UVP-Bescheid mit 17 Seiten Auflagen gibt: Das Projekt ist und bleibt ein Milliardengrab, ein teures Prestigeprojekt und gefährdet den Nationalpark", urteilte Vassilakou in einer Aussendung. "Wir werden weiter gegen das Projekt auftreten und dafür kämpfen, dass das Aktionsprogramm für bessere Öffis, für flächendeckende Parkraumbewirtschaftung und Verkehrsberuhigung in den Bezirken schnellstens umgesetzt wird", betonte sie.

Die Umweltorganisation Virus reagierte mit "gemischten Gefühlen" auf das Urteil. "Die zehn Beschwerdeführer, die den Fall beim BVwG anhängig gemacht haben, können sich bestätigt sehen, ihre Beschwerden waren erfolgreich, die Unterlagen mussten massiv überarbeitet und eine Projektänderung vorgenommen werden", sagte Wolfgang Rehm. Es werde noch lange dauern, bis das Projekt - "wenn es je soweit kommt" - über alle erforderlichen Bewilligungen verfügt, zeigte er sich überzeugt. Nicht auszuschließen sei auch ein Gang zu einem der Höchstgerichte.

Minister Schramböck und Hofer erfreut

Erfreut zeigten sich dagegen Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) und Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ). "Das Projekt ist ein weiterer Meilenstein für ein wirkungsvolles Verkehrssystem für die Ostregion", sagte Hofer laut Aussendung. Er habe Ludwig in einem Schreiben eingeladen, gemeinsam mit den ÖBB und dem Verkehrsministerium eine Arbeitsgruppe einzurichten, in der Maßnahmen zur Forcierung des öffentlichen Verkehrs für die Ostregion besprochen werden sollen.

"Die heutige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes ist von großer Bedeutung für die Region. Denn der Tunnel ist die Grundlage für viele weitere Projekte zur besseren Anbindung und Entlastung des Marchfeldes", freute sich auch Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in einer Aussendung. Auch der ÖAMTC und die Wirtschaftskammer begrüßten das grüne Licht für den Lobautunnel.

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