Bitte keine "Eitrige"

Streifzug durch die Würstelszene. Was in ist und wie man besser nicht bestellt.

von Wiener Würstelstand © Bild: APA/Hans Klaus Techt

Ein Tipp von Fachmann: Wer eine Käsekrainer mit den Worten "A Eitrige" bestellt, outet sich nicht unbedingt als Kenner des Fachjargons, sondern eher als bekennender Witzbold. So Peter K. (38 Jahre, Lieblingswurst: scharfe Käsekrainer), der seit acht Jahren bei "Alles Walzer alles Wurst" für das kulinarische Wohl seiner Gäste sorgt.

Wurst gegen Unterschrift

"Vorher war es eher ein Trinkerstandl", sagt der Wiener über seinen Stand, der seit dreißig Jahren am Quellenplatz in Wien-Favoriten angesiedelt ist. Jetzt wird der Umsatz verstärkt mit fester Nahrung gemacht, wobei man sich unter anderem mit einer eigenen Currywurst-Variante nach einem Berliner Rezept nicht nur in der Wiener Tradition bedient. Der besagte "Witwenmacher" ist dabei die schärfste Dareichungsform, wird aber verständlicherweise eher selten bestellt. Wenn doch, dann ist eine Unterschrift auf einen Vertrag mit Verzicht aufs Schadenersatz fällig. Einmal wünschte sich ein Kunde dafür Pfefferspray auf die Wurst, dass war aber bevor der "Witwenmacher" auf der Speisekarte stand, erzählt Herr K.

Burenwurst ist out

Zu den Wursttrends der vergangenen Jahre befragt, gibt es laut K. mit der Burenwurst einen Verlierer zu vermelden: "Sie wird langsam out. Ältere essen sie noch, Junge bevorzugen Käsekrainer oder Bratwürste." Die demografischen Probleme der Burenwurst bestätigt Patrick B. (28, trotzdem Burenwurst-Esser). Der Vorarlberger mit Stuttgarter Akzent versorgt seit November die Kundschaft beim Würstelstand "Leo" in Wien-Döbling, dem ältesten in der Bundeshauptstadt. "Ruhig bleiben und zuhören können" nennt er als wichtigste Voraussetzungen für seine Arbeit. Belohnt wird man dafür mit den Lebensgeschichten manches Wurstessers.

Stammkunden und Partygänger

"Tagsüber kommt eher die Stammkundschaft, am Wochenende dann die Partygänger", beschreibt er die Kundenfrequenz des von Vera Tondl betriebenen Standls. Deren Familie ist seit mehr als 80 Jahren im Business tätig. Tondl ist Erfinderin der beiden Riesenwürste "Big Mama" und "Big Daddy" - was Käsekrainer oder Bratwurst mit einem Gewicht von rund einem halben Kilogramm bedeutet, womit wohl auch der größte Hunger gestillt sein dürfte.

"Manchmal muss man nachhelfen"

Probleme mit durstigen Gästen, die nächtens durch Alkoholkonsum auf ihre gute Erziehung vergessen, gäbe es eher selten und wenn doch, dann gingen diese auf verbale Aufforderung wieder ihres Weges. "Manchmal muss man auch nachhelfen", so B., der aber keine zechende "Stammbelegschaft" zu versorgen hat, die bei entsprechender Witterung doch den einen oder anderen Würstelstand anzieht.

Wurst am Naschmarkt

Solche Sorgen hat Franz S. (55, Käsekrainer) durch seine Arbeitszeiten eher nicht. Er verrichtet seine Dienste am Wiener Naschmarkt und zwar bei einer unter Denkmalschutz stehenden Lokalität, die mit dem schlichten Namen "Heiße und kalte Wurstwaren - Horvath" benannt wurde. Der etwas eng ausgefallene "Horvath" am Standplatz 67 ist seit 1942 in Betrieb und hat laut S. unter der Woche von 9.00 bis 19.00 Uhr und am Samstag von 10.00 bis 16.00 Uhr geöffnet. Auf "30 Prozent Stammkunden und 70 Prozent Touristen" schätzt er die Zusammensetzung seiner Klientel.

Bier statt Wurst

Letztere kämen vor allem am Samstag, wenn der in fast jedem Reiseführer erwähnte Flohmarkt offen hat. Herr S. arbeitet erst seit September hier, aber hat schon länger Erfahrungen in Sachen Wurst. Aufgefallen ist ihm, dass beim Hot Dog seine Lieblingswurst seit längerem erfolgreich die Frankfurter aus dem Weckerl drängt. "Wurstexperten" greifen bei ihm aber ohnehin zur Knoblauchwurst. Manche Kunden gehen auch leer aus: "Am Samstag in der früh kommen manchmal 'Heimkehrer' vorbei und verlangen nach einer Wurst, schon wenn ich aufsperre. Weil es da aber noch keine gibt, nehmen sie dann oft einfach noch ein Bier."

Kommentare

"Wiens Würstelstände werden zwar weniger, aber es gibt sie noch in ausreichender Zahl" allein dieser Satz sagt viel aus. Warum werden diese weniger ganz einfach weil man für einen Kebab bzw. Pizzastand leichter einer Konzession als für ein gut bürgerliches Würstlstandl. Wer rettet bzw. schützt unsere Kultur!?

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