Wien-Wahl: Die Wahl-Motive

SPÖ hat „gute Arbeit geleistet“, bei FPÖ zog Nepp, bei ÖVP, Grünen und NEOS Kernthemen entscheidend

Die Regierungsarbeit der SPÖ war für fast die Hälfte der eigenen Wähler das Hauptmotiv, die Partei zu wählen. Das geht aus einer Studie des Meinungsforschers Peter Hajek hervor. Bei ÖVP, Grünen und NEOS waren die Kernthemen Integration, Umwelt bzw. Bildung wahlentscheidend. Team HC – und überraschenderweise auch die FPÖ – wurden zu einem großen Teil wegen ihrer Spitzenkandidaten gewählt.

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Unter den SPÖ-Wählern war Spitzenkandidat und Bürgermeister Michael Ludwig mit 9 Prozent nur das fünftstärkste Motiv hinter "Gute Arbeit geleistet" (46 Prozent), "Stammwähler/in" (21 Prozent), "Sozialpolitik" (15 Prozent) und "Wahlprogramm" (10 Prozent).

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SPÖ bei Arbeitern und Lehrlingen vorn

Die Wiener SPÖ ist auch bei den Arbeiterinnen und Arbeitern wieder stärkste Partei geworden. 37 Prozent wählten die Bürgermeisterpartei, wie die Wahltagsbefragung des SORA-Instituts für den ORF zeigt. Die FPÖ kam nur noch auf 26 Prozent (2015 waren es noch 53). Und das Team Strache schaffte bei den Arbeitern mit 19 Prozent sein bestes Ergebnis.

Auch bei den Angestellten (37 Prozent) sowie den öffentlich Bediensteten und den Pensionisten (je 53 Prozent) war die SPÖ am Sonntag stärkste Partei. Einzig bei den Selbständigen mussten sich die Sozialdemokraten mit 26 zu 30 Prozent der ÖVP geschlagen geben. Die NEOS kamen hier auf 13 Prozent. Die Grünen erreichten je 18 Prozent der Angestellten und Selbständigen, aber nur fünf Prozent der Pensionisten.

Außerdem war die SPÖ am Sonntag in allen Bildungsgruppen stärkste Partei. Auch die Lehrlinge - 2015 noch zu 44 Prozent blau - wählten diesmal zu 49 Prozent rot. Bei den Akademikern hatte die SPÖ mit 33 ebenfalls die Nase vorne, dahinter folgten die Grünen mit 25 Prozent. Bei den Maturanten schaffte die ÖVP (24 Prozent) Platz zwei hinter der SPÖ (37 Prozent).

Nepp und "geringstes Übel" Motiv für FPÖ-Wähler

Die FPÖ wählte mehr als ein Fünftel (22 Prozent) wegen ihres Spitzenkandidaten Dominik Nepp. Für 19 Prozent der Freiheitlichen Wähler war es eine Wahl des "geringsten Übels". Erst dann folgt das freiheitliche Kernthema "Zuwanderungspolitik" (17 Prozent).

Grüne zogen wegen "Umweltpolitik"

Das Kernthema der Grünen "Umweltpolitik" war für 44 Prozent ihrer Wähler das entscheidende Motiv. Danach folgen die Gründe "Wahlprogramm" (20 Prozent) und Verkehrspolitik (13 Prozent).

ÖVP und NEOS überzeugten mit Wahlprogramm

Für 29 Prozent der ÖVP-Wähler sowie 43 Prozent der NEOS-Wähler war das jeweilige Wahlprogramm Hauptgrund. Das Team HC Strache wählten 59 Prozent wegen ihres gleichnamigen Spitzenkandidaten.

Warum nicht gewählt? SPÖ wegen Rendi-Wagner

Für die repräsentative Studie wurden 2.000 Menschen telefonisch oder online abgefragt. Die Meinungsforscher erfragten nicht nur die Wahlmotive, sondern auch die Nicht-Wahlmotive. Dazu wurden Wähler befragt, die bei der Wiener Gemeinderatswahl 2020 eine andere Partei wählten als bei der Nationalratswahl 2019 in Wien. Die SPÖ wurde demnach von 7 Prozent ihrer NR-Wähler wegen der Bundesparteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner nicht gewählt. 12 Prozent wählten die SPÖ nicht, um die Grünen zu stärken.

FPÖ verlor Wähler wegen Skandalen, Grün wegen Hebein

Gegen die FPÖ entschieden sich ihre Ex-Wähler wegen der "FPÖ-Skandale" (19 Prozent) oder um Heinz-Christian Strache zu unterstützen (17 Prozent). Immerhin 12 Prozent der Grün-Wähler bei der Nationalratswahl wählten die Grünen diesmal nicht wegen Spitzenkandidatin Birgit Hebein. Auch bei ehemaligen ÖVP- und NEOS-Wählern waren die Spitzenkandidaten Gernot Blümel (21 Prozent) bzw. Christoph Wiederkehr (17 Prozent) dafür ausschlaggebend, die Partei heuer nicht zu wählen. Die Nichtwähler blieben hauptsächlich aus Gründen der Politikverdrossenheit (38 Prozent) sowie "aus gesundheitlichen Gründen" (24 Prozent) zu Hause.

ÖVP vergraulte mit Rechtskurs

Einige potenzielle Wähler dürfte die ÖVP aufgrund ihres Rechtskurses vergrault haben. Unter den Nicht-Wählern der ÖVP, die überlegt haben die ÖVP zu wählen, gaben 37 Prozent an, der politische Kurs von Gernot Blümel sei ihnen zu rechts gewesen. Die SPÖ hat demnach aufgrund ihrer Migrationspolitik potenzielle Wählerstimmen verloren. Für 46 Prozent ihrer potenziellen Wähler, die sich schließlich dagegen entschieden haben, war dies ein Grund. Bei den Grünen war die Regierungskoalition mit der ÖVP auf Bundesebene ausschlaggebend, sie nicht zu wählen (37 Prozent). Den NEOS dürfte der Ausschluss einer Koalition mit der ÖVP auf Landesebene geschadet haben (27 Prozent).

Beim wichtigsten Thema für die persönliche Wahlentscheidung gab es eine Überschneidung zwischen ÖVP, FPÖ und Team HC. "Zuwanderung & Integration" war das Hauptthema für 31 Prozent der ÖVP-, 57 Prozent der FPÖ- sowie 68 Prozent der HC-Wähler. Bei der SPÖ halten sich "Wirtschaft & Arbeitsplätze" (21 Prozent), "Gesundheit" (20 Prozent) sowie "Bildung & Schulen" (19 Prozent) die Waage. Für Grün- und Neos-Wähler waren die Partei-Kernthemen Klimaschutz (62 Prozent) bzw. Bildung (43 Prozent) die wichtigsten.