Die personifizierte Notlösung

Keiner in der Partei wollte mit Manfred Juraczka tauschen

von
Wien-Wahl - Die personifizierte Notlösung

Dreieinhalb Jahre sind für einen Wiener ÖVP-Obmann eine verdammt lange Amtszeit. Dreieinhalb Jahre, in denen die eigene Partei langsam lernen musste, den Namen des Chefs fehlerfrei zu buchstabieren, in denen sich die Parteiurgesteine in den Bezirken in demonstrativem Desinteresse am Aktionismus des Chefs übten und in denen ihn vor allem ein Faktum davor schützte, gestürzt zu werden: Keiner wollte (und will wahrscheinlich) mit Manfred Juraczka tauschen. Er ist der kleinste gemeinsame Nenner der Partei.

An die Spitze der zerstrittensten schwarzen Landesorganisation kam der damals 43-jährige (Ex-)Alcatel-Manager Anfang 2012 eigentlich auch nur, weil sich Hoffnungsträger der Partei wie Sebastian Kurz behände wegduckten. Und so übernahm eben er tapfer das Ruder. Tiefschwarze Familienwurzeln verpflichten. Wie sich Machtlosigkeit anfühlt, hatte Juraczka bereits in den Jahren als Bezirksvorsteher-Stellvertreter im tiefroten Hernals gelernt. Schon dieses Amt hat er 2010 durch einen Wahlerfolg der FPÖ verloren. Aber immerhin: Seine ersten 15 Minuten überschaubaren Ruhms hat er damals eingelöst. Juraczka war jener Grätzlpolitiker, der DNA-Tests für Hundstrümmerl forderte, um deren Hinterlasser dingfest machen zu können. Dass er Aktionismus durchaus kann, bewies er später auch als Landesparteichef. In den ersten Monaten des rot-grünen Honeymoons spielte er mit einer Kampagne gegen Parkpickerl-Pläne der Stadtregierung erfolgreich die Spaßbremse. 150.000 Unterschriften wurden damals gegen diese Form der Parkraumbewirtschaftung gesammelt. Von so vielen Stimmen bei der Wahl kann die Wiener ÖVP normalerweise nur träumen.

Als treibende Kraft in der Opposition konnte er die ÖVP dennoch nicht positionieren. Hoher Kraftaufwand, geringe positive Wirkung – das gilt auch für Juraczkas parteiinternes Wirken. Den Strippenzieher im Hintergrund gab dabei der stellvertretende Landesparteichef Sebastian Kurz. Der wollte zwar nach der Wahlschlappe 2010 selbst nicht in die erste Reihe, sorgte allerdings dafür, dass seine Vertrauten in Wien etwas wurden. Langjährige Mandatare wurden auf der Wahlliste nach hinten gereiht, Ursula Stenzel im ersten Bezirk ausgebootet und durch Kurz-Freund Markus Figl ersetzt. Ihr Revanchefoul am Parteichef, der nach ihrem Urteil „keinen graden Satz herausbringt“: Sie schlug sich auf die Seite der Sieger.

Kommentare