Heimische Huren-Doku

Austro-Regisseur Glawogger porträtiert Milieus aus drei Ländern

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Der österreichische Regisseur porträtiert darin drei exemplarische Hurenmilieus in Thailand, Bangladesch und Mexiko, spricht mit den Mädchen ebenso wie mit den Freiern, zeigt den kulturell und sozial unterschiedlichen Umgang mit der Prostitution. Glawogger lässt den Wünschen, Ängsten, Hoffnungen der Frauen ebenso breiten Raum wie dem dahinterliegenden Elend. Premiere feierte das Werk bei den Filmfestspielen in Venedig. Jetzt läuft es regulär in den heimischen Kinos an.

Wie Gorillas im Zoo
Wie Gorillas im Zoo sitzen die Mädchen des thailändischen "Fish Tank" aufgereiht hinter einer Schaufensterscheibe, während die Freier bei einem Bier auf der anderen Seite die "Ware" begutachten. Dabei gerieren sich die Bordellangestellten wie Kundenberater im Elektromarkt, informieren über die Vor- und Nachteile von Nummer 231 oder 201, geben Tipps und beraten. Alles erscheint dabei unzynisch, sachlich, fernöstlich-höflich. Bei Gefallen wird die entsprechende Nummer mittels Mikrofon zum Herauskommen gebeten, der Kunde zahlt mit Kreditkarte, bevor er und seine devote Begleitung im Aufzug verschwinden.

Aber Glawogger beschränkt sich nicht nur auf das Abbild der klinischen Atmosphäre. Er spricht mit den Kunden, die unbefangen über ihre Ehefrauen, die natürlich ihre Nummer 1 seien, sie aber bewusst nicht mehr befriedigen wollten, räsonieren. Auch folgt die Kamera den Mädchen durch die Nacht, die sich in Clubs aufmachen, um ihrerseits männliche Prostituierte als Begleitung aufzugabeln.

Bangladesch
In Bangladesch herrscht ein deutlich rauerer Ton. Im muslimischen Land regieren dabei die Frauen den "Freudenbezirk". Die etwas schüchternen Freier werden von den Mädchen gleichsam ins Zimmer gezerrt, der Tonfall ist hart, auch von den Puffmüttern gegenüber "ihren" Mädchen. Oralsex ist aber tabu - schließlich werden mit dem Mund die Suren des Koran gesprochen. Bei guter Verhandlung erhält eine Hure 300 Tak - umgerechnet 2,80 Euro.

Derbes Mexiko
In der mexikanischen "La Zona" schließlich warten viele ältere Huren auf Kundschaft. Es geht hier deutlich derber zu - sowohl auf Seite der Freier, die von ihrem Gegenüber meist nur als "Schlampe" reden, als auch aufseiten der Prostituierten. Die Machismomänner schildern stolz die konkreten Vorzüge des Geschlechtsakts mit einer Hure, während diese wiederum en detail vor der Kamera über ihre Praktiken sprechen. Und dennoch ist auch hier der Glaube, wenn auch der katholische, allgegenwärtig - ebenso wie die Droge. "Es ist Weihnachten, die Zeit der Geschenke für die ganze Familie. Und wir werden gefickt", so das Resümee eines der Mädchen.

Leid und Unglück offenbart
Glawogger setzt auch bei "Whore's Glory" auf den ihm eigenen semidokumentarischen Stil, den er zuletzt in "Workingman's Death" 2005 verwendet hatte. Demnach sind einige Szenen klar als nicht "authentisch", sondern als inszeniert erkenntlich. Dies nimmt den übrigen Momenten etwas die Glaubwürdigkeit, obgleich es Glawogger erneut gelungen ist, ungewöhnlich nah an seine Interviewpartner zu kommen, das hinter der Fassade schlummernde Leid und Unglück zu offenbaren. Die melancholisch-gebrochenen Melodien von PJ Harvey oder Coco Rosie als Klangbild im Hintergrund tun ihr Übriges.