Wetterprognose soll noch exakter werden: Neuer Wetter-Satellit Metop ins All gestartet

Niedrige polare Umlaufbahn bringt bessere Auflösung Küftig ist exakte Vorhersage für fünf Tage möglich

Einen "positiven Einfluss auf die Wetterprognosen" - so vorsichtig formuliert Veronika Zwatz-Meise von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Wien (ZAMG) gegenüber der APA ihre Erwartungen an den neuen europäischen Wettersatelliten Metop, der mit einer russischen Sojus-Rakete von Baikonur aus ins All gestartet. Beim Satellitenbauer EADS Astrium ist man zuversichtlicher: "Bisher können Meteorologen das Wetter für drei Tage ziemlich exakt vorhersagen, künftig sind es fünf Tage", meinte kürzlich Uwe Minne, Direktor für Erdbeobachtung und Wissenschaft bei dem Raumfahrtkonzern.

An dem ersten europäischen Wettersatelliten mit polarer Umlaufbahn Metop gibt es eine starke rot-weiß-rote Beteiligung: Das Weltraumunternehmen Austrian Aerospace hat für drei Instrumente an Bord des Satelliten die digitale Signalverarbeitung entwickelt und gebaut und zeichnet darüber hinaus für die Thermalisolation und das Boden-Equipment des Satelliten verantwortlich. Der Gesamtauftragswert für das Unternehmen liegt bei 20 Mio. Euro.

Seit Anfang der siebziger Jahre wird das Wettergeschehen mit Hilfe von Satelliten erfasst, welche in einer geostationären Umlaufbahn in einer Höhe von rund 36.000 Kilometern über einem Punkt der Erde stehen und alle 15 Minuten ein Bild liefern. Damit lassen sich zwar Wetterentwicklungen über große Gebiete gut verfolgen, allerdings ist die Auflösung durch die hohe Umlaufbahn nicht sehr gut, so Zwatz-Meise.

Weitere Daten kommen von erdnahen Satelliten
Für ein besseres Verständnis der "Wetterküche" und der globalen Klimaveränderungen sind weitere Daten von erdnahen Satelliten notwendig, die zwar kleinere Gebiete (bei Metop ein rund 2.000 Kilometer breiter Streifen) aufnehmen, diese aber in einer viel höheren Auflösung. Solche die Erde in rund 800 Kilometer Höhe über Nord- und Südpol umrundenden Satelliten hatte bisher nur die US-Klimaforschungsbehörde NOAA.

In Kooperation zwischen europäischer Weltraumorganisation ESA und der europäischen Wettersatelliten-Betreiberorganisation EUMETSAT wurde deshalb das "European Polar System" (EPS) entwickelt, das aus drei Satelliten besteht, die gleichzeitig gebaut wurden. Nach fünf Jahren Betrieb soll Metop 2010 und dann wieder 2015 durch die zwei weiteren baugleichen Exemplare ersetzt werden.

Mit den Amerikanern haben die Europäer vereinbart, das polare Wettersatellitensystem gemeinsam zu betreiben. Konkret sollten jeweils ein europäischer und ein US-Satellit im Einsatz sein - einer im "morning orbit", einer im "afternoon orbit". Doch die amerikanische Seite kämpft mit enormen Budgetproblemen, ihr Teil sieht einer unklaren Zukunft entgegen, wie Austrian Aerospace-Chef Max Kowatsch gegenüber der APA erklärte.

Drei-D-Höhenprofil der Atmosphäre
Der mehr als 4.000 Kilo schwere, sechs mal drei mal drei Meter große Metop wird in rund 820 Kilometern Höhe die Erde auf einer polaren Umlaufbahn umkreisen. Für einen Orbit benötigt er 101 Minuten, in fünf Tagen kann er jeden Punkt der Erde erfassen. Die rund ein Dutzend Instrumente des Satelliten sollen Temperatur- und Feuchtigkeitsverteilung in der Atmosphäre, Windgeschwindigkeit und -richtung sowie Ozonverteilung und weitere Spurengase messen.

"Die Meteorologen erhalten damit ein komplettes dreidimensionales Höhenprofil der Atmosphäre", erläuterte Max Kowatsch. Durch die polare Umlaufbahn misst Metop auch das Wettergeschehen auf der Südhalbkugel und liefert damit globale Informationen über Wetter und Klima. "Das ist auch notwendig, um langfristige Phänomene besser zu verstehen", so Kowatsch.

Hochauflösendes Infrarot-Spektrometer
Ein wesentliches Instrument auf Metop ist IASI (Infrared Atmospheric Sounding Interferometer), ein neuartiges hochauflösendes Infrarot-Spektrometer, das Temperatur und Feuchtigkeit sowie die chemische Zusammensetzung der Erdatmosphäre in verschiedenen Höhen in noch nie da gewesener Auflösung und Genauigkeit messen kann. Austrian Aerospace entwickelte und lieferte in Kooperation mit der Mutterfirma Saab Ericsson Space das "elektronische Gehirn" des Instruments, das digitale Datenverarbeitungs-Subsystem und zwar sowohl die Hard- als auch die Software. Dieses extrahiert und komprimiert die nützlichen Informationen aus der Flut der aufgenommenen Messdaten, bevor diese zur Erde gesendet werden (von 45 MBit auf 1,5 MBit pro Sekunde). Der Anteil der österreichischen Weltraumfirma allein an diesem Instrument beträgt acht Mio. Euro.

Als "elegantes System" bezeichnete Kowatsch das Instrument GRAS (Global Navigation Satellite System Receiver for Atmospheric Sounding), nutzt es doch für seine Messungen eine kostenlose Signalquelle: die Navigationssignale der GPS-Satelliten. Diese werden auf ihrem Weg durch die Erdatmosphäre verzerrt, und zwar abhängig von Temperatur und Feuchtigkeitsverteilung, auf die so rückgeschlossen werden kann. Gemeinsam mit Saab hatte Austrian Aerospace die komplette Instrumentenverantwortung und entwickelte und baute auch hier die zentrale Signalverarbeitungseinheit.

Darüber hinaus hat Austrian Aerospace ein Gerät konstruiert, das die Daten von den drei an Bord des Satelliten befindlichen US-Instrumenten entsprechend aufbereitet, formatiert und komprimiert, bevor sie zur Bodenstation gesendet werden.

"Dass wir gleich drei Aufträge für Elektronik auf Metop erhalten haben, ist auf unseren frühen Einstieg in das Projekt zurückzuführen", betonte Kowatsch. Bereits 1995 sei mit den Vorarbeiten begonnen worden. Allein in die Entwicklung und den Bau von IASI hat Austrian Aerospace 25 Mannjahre gesteckt. Die Expertise der österreichischen Weltraumtechniker hatte selbst die Amerikaner beeindruckt, doch ein bereits erteilter Auftrag für eines der US-Instrumente wurde auf Grund der Budgetprobleme der US-Seite gekündigt, bedauert Kowatsch.

Langfristkonzept
Vor besondere Herausforderungen stellt Austrian Aerospace das langfristige Konzept des Metop-Programms. "Wir müssen über die gesamte Laufzeit in der Lage sein, die Systeme zu erhalten und unterstützend tätig zu sein", sagte Kowatsch. D.h., dass noch nach dem für 2015 geplanten Start des dritten Satelliten beispielsweise die Software der Instrumente erneuert werden kann, was voraussetzt, dass die alten Programme noch auf den künftigen Computern laufen können müssen.

Dieses aus Kostengründen entwickelte Langfrist-Konzept mit drei baugleichen Satelliten stellt wohl auch eine der Schwächen von Metop dar. Zwischen 2015 bis 2020 wird dann ein Satellit mit der Technologie aus den späten 1990er Jahren fliegen.
(apa)