Hirscher holt die große Kugel ab

Noch zwei Rennen bis zur Übergabe der Trophäe für den Gesamtweltcup

Marcel Hirscher ist in gespannter Erwartung, die große Kristallkugel für den Gewinn des Gesamtweltcups im alpinen Skisport entgegennehmen zu dürfen. "Die Freude wird erst so richtig da sein, wenn es Sonntag ist und ich die Glaskugel als mein bezeichnen darf. Ich weiß, ich habe auf die Schularbeit einen Einser geschrieben, aber ich bekomme sie erst zurück", beschrieb der 24-Jährige Salzburger seine Gefühle. In den beiden letzten Saisonrennen in Lenzerheide will er an seine sensationellen Leistungen in diesem Winter anknüpfen.

von Marcel Hirscher © Bild: GEPA/Steiner

Hirscher kam in 18 Weltcupbewerben 2012/2103 beeindruckende 16 Mal auf das Podest. "Möglich ist viel, aber vornehmen kann man es sich nicht, weil viele Faktoren passen müssen. Eigentlich ist es schräg, aber normal geht das nicht. Bis dato ist es super gegangen, ich habe die Leistung jedes Mal wieder auf den Punkt gebracht. Es ist schon etwas Besonderes und wäre cool, wenn ich das in den letzten zwei Rennen noch einigermaßen so umsetzen kann", sagte der Slalom-Weltmeister und -Disziplinsieger vor dem Riesentorlauf am Samstag (10.00/12.30 Uhr) und dem Torlauf am Sonntag (09.00/11.30).

Das Gesamtbild vieler Mosaiksteinchen

Dass ein spezieller Moment entscheidend dafür war, dass er zum zweiten Mal Gesamtweltcupsieger wurde, sieht Hirscher nicht. "Es gibt kein Schlüsselerlebnis. Der Gesamtweltcup ist die Summe aus allen Rennen, und dafür gibt es dann einen Sonderpreis." Und der Erfolg war nur möglich, weil viele Faktoren mitspielten. "Ich bin das große Puzzlestück, rund um mich gibt es Hunderte Mosaiksteinchen, die im Endeffekt ein großes Bild ergeben. Wo jeder seinen Job auf genau dem gleichen Niveau erfüllen muss, dass die Voraussetzungen gegeben sind, dass ich meine Leistung bringen kann."

Das zweite Mal um die große Kugel zu fahren, sei mit dem ersten Mal nicht zu vergleichen, erläuterte Hirscher. "Voriges Jahr war vieles noch unbewusster. Da hat man noch weniger damit gerechnet, dass ich das schaffen kann. Wenn ich es nicht geschafft hätte, hätte es geheißen, er ist super gefahren und möglicherweise für die Zukunft ein Kandidat für den Gesamtweltcup. Heuer habe ich einen perfekten Start hingelegt, das hat die Saison stark beeinflusst. Ich weiß, ich kann es, ich weiß, es passt, ich brauche nur meine Leistung bringen."

Olympiamedaille als nächstes großes Ziel

Eine Leistung, die er auch in Zukunft zeigen will. "Sportlich gesehen habe ich noch einen Haufen Ziele vor mir. Es geht nicht primär darum, so viele Rennen zu gewinnen. Ich möchte Ski fahren, weil es mir Spaß macht und meine große Leidenschaft ist. Und wenn man gut fährt, kommen die Erfolge im gleichen Atemzug." Den Traum von einer WM-Medaille hat er sich heuer mit jeweils Gold im Slalom und Teambewerb sowie Silber im Riesentorlauf in Schladming mehr als erfüllt. "Olympiamedaille habe ich noch keine. Das wäre das Saisonziel." 2014 geht die Reise nach Sotschi.

Doch zuerst gilt es, sich auch einmal eine Pause zu gönnen. "Ich war zwei Saisonen 'on fire'. Ich habe alles dafür gegeben. Ich hatte keinen Urlaub im letzten Jahr." Ein bis zwei Wochen will er sich gönnen und dann sehen, wie er vorgeht. Ziel ist, noch mehr Qualität als Quantität ins Training reinzubringen. Entschieden ist auch noch nicht, ob er mit dem Super-G eine weitere Disziplin ins Programm aufnimmt. "Ich muss das überlegen. Es war teilweise jetzt schon an der Grenze zum Machbaren. Ich werde mir im Frühling und Sommer Gedanken machen und eine Pro- und Kontra-Liste erstellen."

Es sei auch die Frage, ob es Spaß mache, in mehreren Disziplinen vertreten, aber im Mittelfeld zu sein, als in zwei, drei (Slalom, Riesentorlauf, Parallel-Event) vorne mitzumischen. "Es sind noch viele Fragen offen." Ausschließen will er freilich auch nichts. "Viele gute Abfahrer kommen aus dem technischen Bereich. Ich weiß noch nicht, was ich mache." Die Slowenin Tina Maze beispielsweise begann als Riesentorlauf-Spezialistin, jetzt feiert sie Siege in allen Disziplinen. "Sie hat den Mut gehabt, ihren eigenen Weg zu gehen, und ist jetzt dafür extrem belohnt worden. Das ist sehr beeindruckend."

Körper spürt bereits die Belastung

Der Erfolg fällt Marcel Hirscher nicht in den Schoß. "Ich weiß sehr gut einzuschätzen, was ich erreicht habe. Jedes Rennen ist wieder eine neue Herausforderung, ein harter Kampf. Das ist verbunden mit einem Haufen Aufwand und Feingefühl. Alle in meinem Team sind gefragt. Es gelingt sehr gut, aber es ist kein Spaziergang." Obwohl erst 24 Jahre, spürt er, dass der Spitzensport den Körper fordert. "Grundvoraussetzung, dass ich das alles so machen kann, ist, dass ich schmerzfrei bin."

Die kommende Woche ist noch mit Terminen vollgepflastert, danach wünscht sich Hirscher eines ganz schnell herbei: "Cool wäre es, mit einem Fingerschnippen auf einer Motocross-Strecke zu sein. Fix fertig angezogen, und das man nicht erst den Dreck vom Vorjahr (von der Maschine/Anm.) runterputzen muss, sondern gleich loslegen kann."

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