Was wir von
80-Jährigen lernen können

Welche Ratschläge ältere Menschen ihrem jüngern Ich im Nachhinein geben würden

Was soll ich mit meinem Leben anstellen? Dies oder das tun? Was arbeiten? Was macht mich glücklich und zufrieden? Das alles sind wohl Fragen, die junge Erwachsene beschäftigen. Was ist es, das wirklich zählt im Leben. Eine Frage, die sich bestimmt nicht einfach beantworten lässt. Saba MBoundza hat darum jene gefragt, die es im Rückblick vielleicht schon etwas besser wissen: Die ältere Generation, Über-80-Jährige. Sie erzählen in dem Buch der Autorin, neben ihren packenden Lebensgeschichten, was sie selbst ihrem eigenen jungen Ich im Nachhinein betrachtet, gerne mit auf den Weg würden.

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80-Jährige von heute hatten in ihrem Leben durch äußere Umstände oft weniger Zeit zum Grübeln als wir, haben aber im Lauf der Jahre durch eigene Erfahrungen, Erfolge und auch Misserfolge einen unbezahlbar großen Bestand an Wissen angehäuft, von dem folgende Generationen profitieren dürfen. Diese Tipps geben die Menschen in Saba MBoundzas Buch „17 Dinge, die wir von 80-Jährigen lernen können“ der nächsten Generation.

"Differenzen nicht unter den Tisch kehren"

„Ich habe gelernt, dass die Differenzen, die man miteinander hat, nicht unter den Tisch gekehrt werden dürfen und wir uns nur gemeinsam vorwärts bewegen“, so Armin Lufer, Arbeiter im Bauwesen und einst in Gefangenschaft mit ehemaligen faschistischen Soldaten, eine Zeit die ihn sehr geprägt hat. Dadurch sei er Verfechter des Widerstandes gegen jede nazistische, faschistische oder militaristische Entwicklung geworden, erklärt der Pensionist. Und das sei es auch, was ihm wichtig sei, dies an jüngere Generationen zu vermitteln. Mit Sorge beobachtet er, wie sich Konflikte hier in Deutschland manifestieren. „Und darum will ich den Leuten erklären, was Krieg bringt. Den Menschen, die das nicht hören wollen, und dazu zählt auch die nächste Verwandtschaft, muss man versuchen, das zu verklickern.“

"Sprich es aus."

Der Opernsängerin und Theaterschauspielerin Maria Vaidas-Trilling ist Zielstrebigkeit ein wichtiges Thema. „Ich hatte immer ein Ziel im Auge – immer ein Ziel! Auch in schweren Zeiten während des Krieges wollte ich stets zum Theater.“ Sie habe ihr Ziel und ihre Träume trotz dieser schwierigen Zeit verfolgt, was auch gut so war. Ebenso wichtig ist es auch, diese Wünsche auszusprechen und zwar „von Kindesbeinen an bis zum hohen Alter“. „Selbst Gedanken, die du manchmal so hast – sprich mit dem Partner oder mit deinem Umfeld, sprich es aus. Was Ratschläge betrifft: Ratschläge annehmen, ja, auch das ist wichtig! Doch manchmal bringen die auch nicht besonders viel“, so Maria Vaidas-Trilling. Als dritten Punkt führt sie noch Optimismus an, der sie, wie sie findet, bis heute auszeichne.

"Sag nicht Ja, wenn du Nein meinst."

Die ehemalige Gesundheitsfürsorgerin und Säuglingsschwester Helga Thurmann wünscht ihrem jüngeren Ich, mehr Nein zu sagen. „Lerne auch mal Nein zu sagen. Denn das fällt mir noch immer schwer“, so ihr Resümee. „In meinem Eifer, mich für andere aufzuopfern, um wahrgenommen zu werden, übernehme ich mich manchmal – auch heute noch“, gibt sie zu. Zudem würde sie nicht mehr so streng sein in der Erziehung, wenn sie noch einmal jung wäre, doch das seien wohl eher einfach die Umstände gewesen damals. Überhaupt hätte sie sich im Nachhinein mit dem Muttersein mehr Zeit gelassen. „Dann hätte ich Karriere machen können.“

"Lass dich nicht zu sehr beeinflussen."

In dieselbe Kerbe schlägt auch Ingrid Schippke, die bei der Post arbeitete. Sie hätte lieber später geheiratet, ordnet die frühe Hochzeit aber auch den Umständen zu. Viel mehr wurmt sie jedoch die Tatsache, einen Job angenommen zu haben, der gegen ihre Interessen ging. Darum auch ihr Rat: „Heute würde ich sagen, man sollte sich nicht allzu sehr von seinen Eltern (oder Großeltern) beeinflussen lassen, obwohl junge Erwachsene heute sicher weniger Probleme haben, sich freizuschwimmen.“

"Wir hätten mit ihnen sprechen sollen"

Das Ehepaar Heinrich und Brigitte S. musste ein tragisches Ereignis erleben, als ihr Sohn mit nicht einmal drei Monaten eines Morgens tot im Bett lag. Und hier liegt für das Paar auch der größte Fehler, den man nicht machen sollte. „Darüber haben wir aber kaum gesprochen und werden es auch hier nicht tun. Dass wir das verarbeitet haben, ohne darüber zu reden, ist für die Erziehung der Kinder sicher auch ein Problem gewesen. Wir hätten mit ihnen sprechen sollen, denn für die ist das ja auch ein Trauma gewesen, das nicht aufgearbeitet worden ist.“

"Lerne, deinen inneren Kompass zu nutzen!"

Der geborene Inder, Mansha Ram Singh, Maschinenbauer und Hypnotiseur ratet, sich mit seiner inneren Stimme auseinanderzusetzen und dieser Gehör zu verschaffen: »Wenn du dich auf deine Intuition total verlässt, hilft sie dir ständig. Sogar im Schlaf. Sie ist dein Diener. Und du hast Anspruch auf seine Hilfe.« Es sei wichtig zu lernen, sich die eigene Intuition zunutze zu machen, statt sie zu unterdrücken, so Singh.

"Du musst von deinem eigenen Können überzeugt sein"

Hans-Walter Rudloff und seine Frau war erfolgreicher Gastronom und gibt folgenden Tipp: »Manchmal muss man auch Krach machen, um Erfolg zu haben. Für unsere Gaststätte wollten uns die Behörden erst keine Alkoholkonzession geben, dann hat meine Frau den Beamten lautstark daran erinnert, dass er uns diese aber schon zugesichert hatte. Schließlich hat er unterschrieben.« Letzten Endes sei der Schlüssel zum Erfolg der Glaube an sich selbst. »Du musst von deinem eigenen Können überzeugt sein und dahinter stehen, damit deine Bemühungen auch etwas bringen."

"Um Menschen überzeugen zu können, muss auch aus eigenen Fehlern gelernt werden."

Rudolf Höll hat sich in seinem Leben dem Studium des Antifaschismus und Sozialismus gewidmet, deren Weltanschauungen er als richtig empfindet und als hoher Offizier der Volkspolizei hat er geholfen, diese Gesellschaftsordnung aufrechtzuerhalten.In den Erzählungen von diesem gescheiterten Staat schwingt stets ein Schmerz mit. Dieser einstige Einsatz für den Staat, die DDR ging, wie der dreimal Verheiratete heute erkennt natürlich auf Kosten der Familie. „Auf die hätte ich vielleicht doch mehr Rücksicht nehen sollen…“, reüssiert er. Außerdem ist ihm heute klar, dass sich mit Gewalt nichts erzwingen lässt. „Dein Grundsatz muss also sein, Menschen zu überzeugen. Dazu gehört, aus den Fehlern zu lernen, die gemacht wurden. Dafür offen sein, sich von anderen von etwas überzeugen zu lassen, ist also auch wichtig.“

"Mach dich nicht immer so klein, so groß bist du doch gar nicht!"

Auch wenn sie gerade ihre Autobiografie geschrieben hat und daraus Lesungen gibt, plagen Helga Lüsebrink immer noch Selbstzweifel. Ihr geht es oft darum „was die Leute von mir denken. „Ich setze mich lieber für andere ein, als für mich selbst. Für mich selbst kämpfen, kann ich schlecht.“ Viel zu oft habe sie auf die Meinung anderer Leute gehört, obwohl die Vernunft abgeraten habe. „Manchmal habe ich das Gefühl, mit meiner Meinung anzuecken, und Angst, dadurch abgelehnt zu werden. Darum halte ich hier und da mit meiner Meinung hinterm Berg.“ In jungen Jahren zu hören, das sie sich nicht schämen solle, sie selbst zu sein, hätte ihr damals gut getan, weiß sie heute.

"Steh zu deiner Meinung, aber versuch nicht, mit dem Kopf durch die Wand zu rennen."

Die 87-jährige Sonja Cantow reiste als Delegierte durch die Welt – ihr Mann war ihr Begleiter. Eine Ausnahme auch noch heute und damals noch viel mehr. Ihren beruflichen Erfolg sehe man ihr heute noch an, schreibt die Autorin. „Der entschlossene, selbstbewusste Sitz, die offene Art und auch die perfekt manikürten Fingernägel deuten auf eine Frau hin, die sich über ihre Präsenz und Wirkung im Klaren ist“, schildert sie das Treffen. Cantow selbst findet es wirklich schlimm, „dass viele die Frauen wieder an den Herd zurückschicken wollen“ und bedauert das Fehlen richtiger Frauenpolitik. Das Selbstvertrauen der Frauen zu stärken sei ihrer Meinung nach heute wichtiger denn je. Für jeden persönlich hat Sonja Cantow den Tipp: „Lass dich nicht verbiegen. Sicherlich musst du dich in mancher Hinsicht anpassen, aber du darfst dich nicht anderen zuliebe ändern. Steh zu deiner Meinung, aber versuch nicht mit dem Kopf durch die Wand zu rennen.“

"Nutze die Zeit!"

Die ehemalige Reiseleiterin Hannelore Gerosch hat einst eine Tochter verloren und musste viel mit sich selbst und den Umständen hadern – um spät zu ihrer persönlichen Erfüllung zu finden. Ihr Ratschlag lautet: „Nutze die Zeit“. Man solle schöne Erinnerungen sammeln, um damit in nicht so guten Zeiten unschöne Gedanken zu vertreiben – und auch für die Zeit, in der man alt ist. »Nimm dir außerdem die Zeit, die du brauchst, um deine Ziele zu erreichen und die Person zu werden, die du sein willst. Auch um selbstsicher und zufrieden zu werden“, so ihr Tipp. Es müsse auch nicht alles sofort passieren, wie man mit 21 glaube. Denn man könne doch auch mit 41 noch sehr gut etwas erreichen. Wichtig sei auch der Versuch, aus allem zu lernen.

17 Dinge, die wir von 80-Jährigen lernen können
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Info: 17 Dinge, die wir von 80-Jährigen lernen können
Softcover, 200 Seiten
Erschienen: November 2017 im m-vg-Verlag
ISBN: 978-3-86882-843-6
16,99 Euro