Was kann Astrologie?

Alles Humbug oder Wissenschaft mit Hand und Fuß? Wir haben nachgefragt.

Die einen vertrauen auf ihr Horoskop und lassen sich gerne von Astrologen in die Zukunft schauen. Die anderen halten von dem Wissen der Sterne rein gar nichts. Die Frage bleibt: Hat Astrologie das Zeug zur Wahrsagerei? Wir haben nachgefragt, was Astrologie wirklich kann.

von Astrologie © Bild: iStockphoto

Die österreichische Autorin Pamela Obermaier hat sich für ihr Buch "Gummibärchen für die Seele" mit den unterschiedlichsten Praktiken auseinandergesetzt, die in den Bereich Mystik oder Lebenshilfe fallen. Dafür haben sie und Co-Autorin Gabriele Hasmann verschiedene Anwendungen dem Praxistest unterzogen und mit Experten geklärt, was die jeweiligen Praktiken wirklich am Kasten haben. Auch der Astrologie hat die Salzburgerin genauer auf den Zahn gefühlt. Wir haben mit ihr gesprochen, ob die Sternenkunde wirklich zur Zukunfts- und Personendeutung taugt.

Pamela Obermaier
© Christian Rudolf www.rudolf-photo.com Pamela Obermaier

Sie haben sich im Zuge der Recherche zu Ihrem Buch intensiv mit Astrologie auseinandergesetzt. Wie war Ihre Einstellung dazu davor und hat sie sich verändert?
Bevor ich einen echten Einblick in diese Materie hatte, ging es mir wie wohl den meisten von uns: Einerseits hielt ich das alles für Unsinn, andererseits hat es mich schon irgendwie interessiert und fasziniert. Wer will nicht sich selbst und sein Gegenüber "einordnen" und dadurch besser einschätzen und verstehen können? Als Teenie hab ich selbstverständlich die Liebeshoroskope in diversen Jugendzeitschriften gelesen, mich aber weitestgehend darüber lustig gemacht. Als ich dann den Background kennenlernte und anhand meines eigenen Radix (das ist die Form, in der das persönliche Horoskop angezeigt wird, also quasi das Gefäß, in das alle Begebenheiten eingetragen werden, um es visuell veranschaulichen zu können) so nach und nach begriff, worum es tatsächlich geht, fand ich das Ganze sehr viel nachvollziehbarer und äußerst spannend.

»Es ist unmöglich, alle Menschen, die in einem Monat geboren worden sind, in einen Topf zu werfen.«

Können Sie nachvollziehen, wenn Skeptiker die Astrologie als Humbug abtun?
Ich kann absolut verstehen, dass man Horoskope als Schwachsinn empfindet - gerade was jene in den Tageszeitungen betrifft. Geht mir selbst ja nicht anders! Dass diese Horoskope, von denen wir hier sprechen, eben mit Astrologie gleichgesetzt werden, ist allerdings leider eines der Hauptprobleme, mit denen ernstzunehmende Astrologen zu kämpfen haben. Denn da gibt es eben doch einen großen Unterschied: Die Logik sagt uns ja schon, wie unmöglich es ist, alle Menschen, die innerhalb eines bestimmten Monats geboren worden sind, einfach nur aufgrund dieser Tatsache in einen Topf zu werfen, was deren Charaktereigenschaften und auch deren Lebensausrichtung betrifft.

Wie sehr können Horoskope in Zeitschriften und Tageszeitungen wirklich zutreffen?
Gar nicht, würde ich sagen! Eben weil diese Horoskope nur auf den Sonnenstand eingehen und damit nur einen einzigen von sehr vielen Aspekten beleuchten. WENN sie das überhaupt tun, denn bei manchen hat es ja sogar den Anschein, als gäbe es eine gewisse Anzahl an allgemein formulierten Aussagen, die jedes Mal wie beim Lotto herangezogen werden, um daraus dann zu wählen, was heute dem Löwen zugeordnet werden könnte und was der Jungfrau.

Lesen Sie Ihr eigenes Horoskop?
Mit Horoskopen in Zeitschriften und Zeitungen gehe ich wie mit Botschaften in Glückskeksen um: Ich lese sie ab und zu kindlich neugierig-aufgeregt, um dann über deren Aussage und mich selbst zu schmunzeln - denn wenn da etwas drinnensteht, das mir gefällt, dann entscheide ich mich dafür, mich darüber zu freuen und wenn etwas Gutes in Aussicht gestellt wird, daran zu glauben. Und wenn es anders ist, dann lieber nicht.

»Es ist durchaus einen Versuch wert, der echten Astrologie eine Chance zu geben.«

Und wie sieht es mit "seriöserer" Astrologie aus?
Die seriöse Astrologie sieht sich viel mehr an als nur das jeweilige Sternzeichen: Da wird berücksichtigt, wo und wann genau jemand geboren wurde, wo der Mond zur Geburtsminute stand, wo die Sonne sich befand, alle sogenannten "Häuser" haben eine Bedeutung, es gibt Verbindungen und Achsen, alle Planeten kommen darin vor - es würde hier jetzt zu umfangreich werden, das alles zu beschreiben, denn selbst im Buch war es nicht ganz einfach, eine so umfangreiche Methode so unkompliziert und kompakt wie möglich darzustellen, damit jeder etwas damit anfangen kann. Aber in einem Satz zusammengefasst kann ich sagen, dass es durchaus einen Versuch wert ist, der echten Astrologie eine Chance zu geben. Man kann sich überraschen zu lassen, was deren Rückschlüsse betrifft, und gespannt sein, welche Arten von Hilfestellung sie bieten kann. Dann sieht man auch gleich den Unterschied zu einer allgemeingültigen Aussage, wie wir sie aus den nicht ernstzunehmenden Horoskop-Einträgen von Zeitungen kennen.

Ist die Astrologie eigentlich eine anerkannte Wissenschaft?
Die Astrologie ist ein gutes Beispiel für die Suche nach einem Kriterium, das die Wissenschaft von etwas nicht Wissenschaftlichem unterscheidet. Sie wird als eine Lehre, die sich im vorwissenschaftlichen Stadium befindet, angesehen, also deshalb oftmals auch als Pseudowissenschaft bezeichnet. Ansonsten interessiert sich die Wissenschaft für die Astrologie vorrangig aus kulturhistorischer und auch religionswissenschaftlicher Perspektive. Allerdings muss man sagen, dass die Astrologie einmal eine anerkannte Wissenschaft war - und das ja wesentlich länger als sie es inzwischen nicht mehr ist. Schließlich hat sie sich mit den Gesetzmäßigkeiten der Natur und deren Beobachtung und Beschreibung befasst, was ein für die Wissenschaft typischer Prozess ist - wie auch das Sammeln von empirischen Belegen. Und sie gebraucht ja auch heute noch die Mathematik und daraus vor allem die Geometrie, um Positionen und Umlaufbahnen von Planeten zu berechnen. Weil ja die Anwendung im Mittelpunkt des Interesses steht und nicht die Forschung, könnte man allerdings eher von einem Handwerk sprechen, was das Wesen dieser Methode vermutlich ohnehin besser zum Ausdruck bringt als der Begriff der Wissenschaft.

Woran orientiert sich die Astrologie heute?
Die heutzutage praktizierte Astrologie orientiert sich sehr stark an der Psychologie, genauer gesagt an C. G. Jungs Tiefenpsychologie, was sie ja nur noch interessanter macht, wie ich finde. Abgesehen davon ist sie natürlich - und das ist der Grund, warum sie sich ihren prominenten Platz in der Sammlung an "Gummibärchen für die Seele" verdient hat - auch etwas Metaphysisches, weshalb man sie auch der Spiritualität zuordnen kann.

»Astrologie als Wahrsagerei? DAS ist für mich Humbug!«

Astrologie ist gleich Wahrsagerei – inwieweit trifft diese weitverbreitete Meinung zu?
Also, DAS ist für mich Humbug. Die Astrologie kann helfen, passende und weniger passende Zeitpunkte und Phasen für bestimmte Ereignisse oder Entscheidungen zu finden, sie kann Tendenzen für eine Sache erkennen, aber keine Lebensereignisse punktgenau vorhersagen. Es ist ja glücklicherweise so, dass wir einen freien Willen besitzen, selbst entscheiden können, was wir tun und wie wir handeln - und das in jedem Moment unseres Lebens -, weshalb es unmöglich ist, zu sagen, was wann genau passieren wird.

Wenn die Astrologie nicht die Zukunft voraussagen kann - wofür ist sie dann gut?
Ich würde empfehlen, diese Methode als Chance und Möglichkeit zu sehen - und auch so zu verwenden -, Grundthemen im Leben zu erkennen, uns selbst mit unseren Eigenheiten, Stärken und Schwächen besser zu verstehen und mit schwierigen Zeiten hoffnungsvoller und optimistischer umzugehen. Sich aber zu erwarten, dass das persönliche Horoskop uns verrät, wann wir heiraten, eine Gehaltserhöhung bekommen oder in eine andere Stadt ziehen werden, halte ich für sinnlos bis problematisch.

Grob gesagt – welche Möglichkeiten hat die Astrologie wirklich?
Die Astrologie ist im Prinzip nichts anderes als ein Persönlichkeitsraster, etwas, das man verwenden kann, um sich und andere durch eine Art Einteilung besser zu begreifen. So kann sie u.a. darüber Auskunft geben, wie jemand die Welt sieht, welche Werte er hat, wie er sich sehr wahrscheinlich in einer Partnerschaft gebärden wird, wie jemand mit Krisen umgeht, wie er sich in der Gesellschaft erlebt, welchen Stellenwert Freundschaften und Gruppen in seinem Leben haben und welche Themen im Unbewussten schlummern, die es eines Tages anzugehen gilt. Und sie kann durch das Aufzeigen dieser Tendenzen bei unserer persönlichen Entwicklung helfen. Abgesehen von uns selbst kann sie aber auch dazu beitragen, dass wir unser Umfeld besser verstehen. Konkret denke ich dabei an die Kindererziehung, denn wenn man durch ein seriös angefertigtes Horoskop Einblicke gewinnt, welche Bedürfnisse der eigene Nachwuchs hat, ist das sicherlich eine großartige Hilfestellung.

Können Sie das genauer erklären?
Manch ein Kind wünscht sich eine Glucken-Mutter, ein anderes würde sich von einer solchen erdrückt fühlen, ein anderes Kind wiederum empfindet sich als zu wenig bemuttert, während ein wieder anderes sich bei der selben Mutter wunderbar frei fühlt. Das kennt man ja bei Geschwisterkindern, wo das eine glücklich über jede Umarmung ist, sich das andere aber schnell gegen zu viel Körperlichkeit wehrt. Ein spannendes Thema, mit dem wir uns sehr ausführlich im Buch auseinandergesetzt haben.

»Bei Erkankungen stößt die Astrologie an ihre Grenzen.«

Und wo stößt die Astrologie an ihre Grenzen?
Die Astrologie ist kein Allheilmittel für Probleme und Sorgen. Gerade bei Erkrankungen - egal ob in physischer oder psychischer Ausformung - stößt sie natürlich an ihre Grenzen. Anders gesagt kann sie selbstverständlich weder einen guten Mediziner noch eine Psychotherapie und auch nicht die Auseinandersetzung mit anderen Menschen ersetzen.

Gummibärchen für die Seele
© Goldegg Verlag

Mehr zum Thema finden Sie in "Gummibärchen für die Seele" von Pamela Obermaier und Gabriele Hasmann, erschienen im Goldegg Verlag. 16,95 €

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