Der Wald der Zukunft

Sechs von zehn Bäumen in Österreichs Wäldern sind Fichten. Noch. Denn Klimawandel und Monokulturen machen sie anfällig für Schädlinge wie den Borkenkäfer. Wie sich der Wald verändern muss, um Erderwärmung und Trockenheit zu trotzen.

von Natur - Der Wald der Zukunft © Bild: iStockphoto.com

Sechs von zehn Bäumen in Österreichs Wäldern sind Fichten. Noch. Denn Klimawandel und Monokulturen machen sie anfällig für Schädlinge wie den Borkenkäfer. Wie sich der Wald verändern muss, um Erderwärmung und Trockenheit zu trotzen

Wälder halten uns gesund. Das zeigen regelmäßig erscheinende Studien. So wiesen dänische Forscher nach, dass Kinder, die in einem grüneren Umfeld aufgewachsen sind, im Laufe ihres späteren Lebens deutlich seltener psychische Störungen entwickeln. Das Risiko, daran zu erkranken, nimmt schrittweise ab, je länger man von Geburt an bis zum Alter von zehn Jahren von Grünflächen umgeben ist, so die Erkenntnis der Forscher.

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Auch auf Erwachsene haben die Bäume positive Wirkung. Bereits 1984 zeigte ein schwedischer Forscher, dass Patienten, die aus ihrem Krankenhausfenster auf Bäume sahen, nach Operationen weniger Schmerzmittel benötigten. Und vor wenigen Monaten wiesen US-Wissenschaftler nach, dass schon ein 20-minütiger Aufenthalt in der Natur das Level des Stresshormons Cortisol deutlich reduziert.

© iStockphoto.com Ein vom Borkenkäfer befallener Stamm

Jeder, der nach einem hektischen Arbeitstag eine Runde im Wald dreht, wird diesen Effekt bestätigen können. Ist das Stresshormon hingegen durch chronische Überlastung dauerhaft erhöht, so können Übergewicht, eine schwache Immunabwehr oder Depressionen die Folge sein. Herz-Kreislauf-Leiden und Diabetes werden ebenfalls durch einen stressigen Alltag begünstigt.

Wälder schaffen auch Wohlbefinden, indem sie im Sommer für Abkühlung sorgen. So ist es etwa dort bis zu sechs Grad kühler als in bebauten Gebieten. Außerdem spielen Bäume eine wichtige Rolle für die Umwelt: Ein Hektar Wald kann rund 13 Tonnen CO2 pro Jahr speichern, ein Hektar Nadelwald bindet zudem bis zu 35 Tonnen Staub jährlich und eine 20 Meter hohe Fichte gibt rund 21.000 Liter Sauerstoff ab.

Leichtes Spiel für Schädlinge

Der Klimawandel bedroht ernsthaft die heimischen Wälder. Erste Schäden werden bereits deutlich sichtbar. Vor allem Fichten trifft Erwärmung und Trockenheit hart. "In der Vergangenheit wurde die Fichte auch außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes angepflanzt", erklärt Norbert Putzgruber, Abteilungsleiter für Wald, Naturraum und Nachhaltigkeit bei den Österreichischen Bundesforsten. "Damals war der Klimawandel aber noch nicht absehbar und wäre es ein Grad kälter geworden, hätten die Fichtenwälder perfekt gepasst."

Doch es kam anders: Die Temperaturen steigen stetig, dazu gibt es weniger Niederschläge. "Die Fichten haben durch die Trockenheit weniger Abwehrkräfte", erläutert Putzgruber. Denn im Normalfall wird Harz produziert, sobald ein Schädling den Baum befällt. "Bei zu wenig Wasser können die Fichten allerdings kein Harz produzieren und können dann die Schädlinge nicht abwehren", sagt der Experte. Die Folge: Borkenkäfer breiten sich ungehindert aus. Ist ein Baum einmal befallen, dauert es nur wenige Wochen, bis er komplett abgestorben ist. Die Schädlinge vermehren sich zudem rasant. Jedes Jahr können sie bis zu drei Generationen ausbilden.

© iStockphoto.com Jährlich befallen drei Borkenkäfer-Generationen die Fichten

Zudem bestehen Österreichs Wälder derzeit fast aus 60 Prozent Fichten. Für die Schädlinge ist es daher ein Leichtes, sich auszubreiten und einen Baum nach dem anderen zu befallen. Zwar geben die Bundesforste jährlich bis zu vier Millionen Euro für die Käferbekämpfung und -prävention aus. Doch es sind auch langfristige Lösungen notwendig, um den Wald klimafit zu machen.

Mischwälder statt Monokulturen

Österreich ist ein bewaldetes Land. Auf vier Millionen Hektar -das ist fast die Hälfte der Fläche - wachsen Bäume. Neben der dominierenden Fichte machen Laubbäume 22,7 Prozent aus, 9,3 Prozent sind Lärchen, 2,9 Prozent Tannen. Das langfristige Ziel der Bundesforste: Bäume, die der jeweiligen Region perfekt angepasst sind.

In einigen Jahrzehnten wird dann der Wienerwald anders ausschauen als beispielsweise ein Wald in Salzburg. So werden im Wienerwald westlich der Bundeshauptstadt derzeit vermehrt Eichen aufgeforstet. Sie vertragen Wärme und Trockenheit besser als Buchen, die hier stark dominieren. Buchen könnte es im Wienerwald jedoch bald zu trocken werden und so soll ihr Anteil bis ins Jahr 2100 von derzeit 63,2 Prozent auf rund 36,3 Prozent reduziert werden. Gleichzeit ist geplant, dass der Anteil der Eichen von 10,1 auf 23,5 Prozent erhöht wird.

Auch bisher seltenere Arten, wie Edelkastanien oder Douglasien, sollen dann vermehrt im Wienerwald wachsen. Die Douglasie stammt ursprünglich aus Nordamerika und ist vor rund 100 Jahren nach Österreich gebracht worden. "Sie ist nicht invasiv", sagt Putzgruber, niemand müsse daher fürchten, dass sie andere Baumarten verdrängt.

Dabei wird vor allem auf Naturverjüngung Wert gelegt. So setzen sich die vitalsten Jungpflanzen durch.

Baumgrenze wandert höher

Kleiner wird der Wald durch den Klimawandel allerdings nicht. Durch die Erwärmung verschiebt sich auch die Baumgrenze pro zwei Grad um 200 bis 300 Höhenmeter nach oben. Nur die Arten werden sich ändern müssen, damit er auch künftigen Generationen noch als gesundheitsfördernder Erholungsraum zur Verfügung steht.

Der Beitrag erschien ursprünglich im News 34/2019.