Von wegen sichere Pensionen

Wer heute glaubt, dass unsere Pensionen sicher sind, kann entweder nicht rechnen oder schaut bewusst weg

von Esther Mitterstieler © Bild: News/Ian Ehm

Erinnern Sie sich an den Brief der Sozialversicherung vor ein paar Jahren, der Sie dazu aufforderte, Ihre Versicherungsdaten zwecks Pensionsberechnung zu prüfen? Schließlich bekamen wir alle – im Sold stehende und Selbstständige – einen Bescheid darüber, wie hoch unsere Pension am Ende sein wird. Ich habe bis heute niemand getroffen, der ob der geringen Höhe des zu erwartenden Betrages kein langes Gesicht gemacht hätte. Ein 29-jähriger Bekannter, schon immer selbstständig und von Aufträgen abhängig, hat 300 Euro am Zettel stehen gehabt und mit den Schultern gezuckt. War ihm eh klar. So in etwa haben auch andere Freunde reagiert, egal ob sie 40 oder 50 Jahre alt sind. Nur jene, die am Sechziger schrammen, sind beruhigt. Zumindest die meisten: Arbeitslosigkeit ist eher unwahrscheinlich, eine schöne Pension fix.


Die jüngste gröbere Pensionsreform zeigt zwar den richtigen Weg auf, ist aber keineswegs Garant für eine sichere Pension. Das werden die nach 1964 Geborenen besonders empfindlich spüren. Die Älteren unter ihnen haben ein zusätzliches Problem, das früher eher unbekannt war: Viele haben derzeit keinen Job. Wie also Beiträge zahlen? Noch dazu, da früher die besten 15 Jahre als Bemessungsgrundlage für die Pension herangezogen wurden, und heute die gesamten 40 Jahre Arbeit. Das ist leider auch richtig so, weil das System sonst nicht mehr leistbar wäre. Gegenteiligen Beteuerungen von Politikern zum Trotz ist die blanke Wahrheit schlicht: Nein, leider sind unsere Pensionen nicht gesichert, und wenn wir Glück haben, erhalten wir eine Mindestpension.

Das kann es doch nicht gewesen sein! Wir bekommen immer weniger Kinder, die unsere Pensionen zahlen könnten. Der Generationenvertrag ist ausgeschaltet. Unsere Kinder haben zunehmend ein Problem, Arbeit zu finden. Nicht weil sie faul und verwöhnt sind. Nein: Sie haben schlichtweg weniger Chancen am Arbeitsmarkt. Unsere Aufgabe ist es, ihnen eine Zukunft zu geben. Wer keine Perspektive hat, gerät leichter auf die schiefe Bahn. Das belastet ganz schnell eine ganze Gesellschaft. Das Gesudere, das ein ehemaliger Kanzler Exponenten seiner Partei zu Recht unterstellte, ist in Österreich weit verbreitet. Nur leider bringt uns das nicht weiter. Auch nicht das Wegschauen und Wiederholen der ebenso falschen wie alten Parole „Unsere Pensionen sind sicher“. Dass unser System nicht mehr tragbar ist, zeigen nackte Fakten: Mehr als zehn Milliarden Euro buttert der Staat pro Jahr in den Pensionstopf, weil jene, die noch arbeiten, von Jahr zu Jahr deutlich weniger werden als jene, die in Pension sind. Gleichzeitig geht die Hälfte der Österreicher zu früh in Pension. Kein Wunder, dass die Rechnung nicht aufgeht.

Was tun? Mehr Flexibilität ist gefragt – bei Arbeitszeiten, Investitionen, Unternehmensgründungen. Kleine, wendige Betriebe müssen die Chance haben, sich schneller zu entwickeln. Auch sie schaffen Jobs. Der Arbeitsmarkt muss radikal reformiert, die Lohnnebenkosten gesenkt und Sonderregelungen bei Pensionen gekippt werden. Österreich braucht eine Agenda 2010 wie vom früheren deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder beschlossen, von der seine Nachfolgerin Angela Merkel heute noch profitiert. Vor zehn Jahren titelte der „Spiegel“: „Österreich, das bessere Deutschland“. Das ist lange her. Wenn wir daran anschließen wollen, dann bitte Reformen ahoi!